Pädagogik: AbsolventInnen und Studierende wollen mehr Unterstützung

20.10.2008, Text: Christina Pernsteiner und Wilfried Hackl, Online-Redaktion, Redaktion: Wilfried Hackl (seit 2016: Wilfried Frei), Redaktion/CONEDU
Wie gestaltet sich der Berufseinstieg von PädagogInnen? Eine Studie der Universität Graz geht dieser Frage auf den Grund und spürt Unterstützungsb
Im Rahmen des Projektes "Bildung - Studium - Beruf" wurden 461 Studierende und 246 AbsolventInnen des Instituts für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz zum Thema Berufseinstieg befragt. Nicole Lafer und Claudia Sodl, wissenschaftliche MitarbeiterInnen am Institut für Erziehungswissenschaften, legen nun die ersten Ergebnisse der Erhebung vor, die von Dekan Werner Lenz initiiert wurde.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Studierende bzw. AbsolventInnen beim Übergang ins Berufsleben mehr Unterstützung seitens der Universität wünschen, sei es bei der Praktikumssuche, der Aufbereitung von Berufsfeldern oder der Stellensuche selbst. Die Befragung vermag allerdings auch aufzuzeigen, dass die AbsolventInnen relativ bald nach dem Studium eine Anstellung finden. Schwierigkeiten gibt es in erster Linie aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Berufe oder Tätigkeitsbereiche und weniger aufgrund von mangelnden Stellenangeboten. Die AutorInnen sind der Meinung, dass bereits im Studium eine bessere "Aufklärungsarbeit" angebracht wäre und eine weiterführende Unterstützung nach dem Abschluss durchaus sinnvoll erscheint.

Heterogene Stichprobe

Die Studie zeigt, dass es keine "typische PädagogInnen" mit einheitlicher Berufs- oder Bildungsbiografie gibt. Das Alter der befragten AbsolventInnen variiert zwischen 22 und 66 Jahren, das Durchschnittsalter beträgt dabei 30 Jahre. Der Frauenanteil in der Stichprobe beträgt 88,6%, das spiegelt in etwa auch das allgemeine Geschlechterverhältnis im Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaft wider. Die durchschnittliche Studiendauer der Diplom-AbsolventInnen (einschließlich DoktorandInnen) beläuft sich auf 12,2 Semester. Verglichen mit der Mindeststudienzeit von 8 Semestern ist dies immerhin um die Hälfte länger. Nur 8,3% der Studierenden konnten ihr Studium in der vorgesehen Mindestzeit absolvieren.

Studienwahl: "Arbeiten mit Menschen"
Die Entscheidungsgründe für ein Pädagogik-Studium liegen in erster Linie im Wunsch, mit Menschen arbeiten zu wollen (91,3%), danach werden die vielfältigen Tätigkeitsfelder (82, 3%) und die Studieninhalte (77,1%)  genannt. Nach dem Studium besteht ein Hauptproblem darin, dass für die AbsolventInnen zwar unterschiedlichste Arbeitsbereiche in Frage kommen, sie aber oft nicht wissen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten sie bei potentiellen ArbeitgeberInnen anbieten können. So fordern die Befragten im Nachhinein einen stärkeren Praxisbezug (89,3%) bzw. eine Aufbereitung möglicher Berufsfelder im Rahmen des Studiums (88,8%). "Auch mehr Unterstützung von der Universität in Form einer Jobbörse oder in Form von regelmäßigen Informationen über Weiterbildungsmöglichkeiten und Fachveranstaltungen werden gewünscht", so Nicole Lafer.

Klassische Berufsfelder am beliebtesten
Der Großteil der AbsolventInnen ist in einem klassischen pädagogischen Beruf in den Bereichen Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung oder der Heil- und Sonderpädagogik, tätig. Nur 11,2% arbeiten in einem nicht-typisch pädagogischen Bereich, wie der Personalentwicklung, der Unternehmensberatung, im Journalismus oder im Marketing. Fast doppelt so viele Studierende sind derzeit im Masterstudium Sozialpädagogik wie im Masterstudium Weiterbildung inskribiert. "Dies könnte nicht nur daran liegen, dass sich die Studierenden bewusst für ein klassisches Berufsfeld entscheiden, sondern auch daran, dass sie gar nicht wissen, wie weit sich z. B. das Berufsfeld der Erwachsenenbildung erstreckt", so Claudia Sodl, selbst Absolventin des Schwerpunkts Erwachsenen-/Weiterbildung. Daher beziehen sie diese Möglichkeiten auch nicht in die Zukunftsplanung mit ein. Generell wünschen sich die Befragten mehr Informationen über die Berufe, Tätigkeitsfelder und Möglichkeiten nach dem Studium.

Persönliche Kontakte äußerst hilfreich bei Jobsuche
Der Berufseinstieg und die damit verbundenen Schwierigkeiten gestalten sich für die AbsolventInnen ähnlich. Die meisten fanden ihre Stelle entweder durch eine Bewerbung auf eine Stellenausschreibung (42,1%) oder durch persönliche Kontakte (42,6%). Die Hälfte der AbsolventInnen haben spätestens drei Monate nach ihrem Abschluss eine Stelle gefunden. Berücksichtigt man diejenigen, die bereits während ihres Studiums eine geeignete Stelle antreten konnten, waren es 70%. Hinsichtlich der Geschlechterverteilung zeigt sich, dass alle männlichen Absolventen zum Zeitpunkt der Befragung einen Arbeitsplatz hatten, während 7,8% der weiblichen Absolventinnen noch nie fachspezifisch tätig waren.

Insgesamt waren 12,7% der befragten AbsolventInnen zum Befragungszeitpunkt erwerbslos. Dabei sind Heil- und SonderpädagogInnen etwas häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen (16,7%) als SozialpädagogInnen (12,9%). Die geringste Arbeitslosenquote findet sich unter den ErwachsenenbildnerInnen mit 8,9%.

Karriere durch erfüllende Tätigkeit
Das Brutto-Monatseinkommen für die erste Stelle von Pädagogik - AbsolventInnen liegt zwischen 1.413 € und 2.500 € für eine Vollzeit-Beschäftigung. Im weiteren Berufsverlauf verändert sich dieser Wert auf 1.359 € bis 3.321 €. Von den befragten AbsolventInnen befinden sich 45,9% in Vollzeitstellen und 40% in Teilzeitstellen. 14,1% befinden sich in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis.

Die Arbeitsbedingungen wurden bis auf die Entlohnung durchgehend sehr positiv beurteilt, wobei die Mehrheit einigermaßen mit ihrem Einkommen zufrieden ist. Die Autorinnen schließen daraus, dass die befragten PädagogInnen also lieber eine Tätigkeit ausüben, die sie erfüllt aber nicht so gut bezahlt wird, als umgekehrt. Außerdem wurden die nachfolgenden Arbeitsplätze tendenziell besser beurteilt, als die ersten.

Kompetenzen: zu wenig Beratungsknow-how und IT
Die Befragung befasst sich auch mit den im Studium geförderten Kompetenzen. So geben die AbsolventInnen an, dass Fähigkeiten im Konfliktmanagement, im EDV-Bereich und bei Beratungsmethoden im Studium zu wenig gefördert werden, obwohl sie sehr wichtig im Beruf sind. Umgekehrt werden spezielles pädagogisches Fachwissen und wissenschaftliche Arbeitsweisen sehr gut gefördert, aber in der Praxis eher als unwichtig eingeschätzt. Die Fähigkeiten "Selbstständiges Arbeiten", "Kooperations- und Teamfähigkeit" wurden von den Befragten als "genau richtig" bewertet. Sie werden im Beruf oft benötigt und auch von Seiten der Universität ausreichend gefördert.

Jede/r Zwölfte selbstständig tätig
Insgesamt haben sich 61 Personen (8,6%) für die berufliche Selbstständigkeit entschieden, wobei 12 von ihnen diese bereits wieder aufgegeben haben. Weitere 10,7% planen sich in Zukunft selbständig zu machen. Die häufigsten Gründe für Selbständigkeit sind der Wunsch nach Unabhängigkeit und Flexibilität und die Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen. Weiters nützen Frauen auch die Möglichkeit, auf diese Weise neben ihrer Familie noch berufstätig sein zu können. Tendenziell sind aber mehr Männer als Frauen selbständig tätig (17,1% zu 7,6%). Bereichspezifisch zeigt sich, dass der Großteil von ihnen in der Erwachsenenbildung tätig ist, gefolgt von der Sozialpädagogik und der Heil- und Sonderpädagogik.

Das Projekt
Hauptziele des 2007 begonnenen Projekts sind die Entwicklung von Maßnahmen für einen erleichterten Berufseinstieg von AbsolventInnen sowie die Verdeutlichung von möglichen Tätigkeitsfeldern und notwendigen Kompetenzen. Weiters geht es um neue Unterstützungsmöglichkeiten im Berufsfindungsprozess und um stärkere Kontakte mit VertreterInnen der Wirtschaft.

Die Befragung von 461 Studierenden (einschließlich 45 Doktorats-Studierenden) und 246 AbsolventInnen, welche Nicole Lafer und Claudia Sodl (Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften) durchführten, bildet das Kernstück des Projektes. Die Ergebnisse dieser Fragebogenuntersuchung geben nun Auskunft über die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten beim Berufseinstieg. Weitere Themen sind die Berufsfelder und Arbeitsbedingungen (Einstiegsgehalt bzw. Durchschnitts-Einkommen, Zufriedenheit am Arbeitsplatz) sowie Arbeitslosigkeit.

Weitere Schritte
Nach der Befragung von Studierenden und AbsolventInnen steht nun eine Untersuchung mit PersonalistInnen unterschiedlicher Unternehmen und Organisationen hinsichtlich ihrer Kriterien für die Anstellung von Pädagogik-AbsolventInnen an.  Seit kurzem gibt es außerdem ein Online-Forum für Studierende und AbsolventInnen zum Erfahrungsaustausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Einen ausführlichen Projektbericht ist ab Oktober 2008 auf der Homepage des Projekts "Bildung - Studium - Beruf" erhältlich.