Fachtagung: Chance Weiterbildung

14.12.2008, Text: Michaela Schneider, bfi, Redaktion: Michaela Schneider, BFI Österreich
Die dritte Fachtagung der Tagungsreihe "Chance Weiterbildung" 2008 stand unter dem Motto "Weiterbildung: Schreckgespenst oder Karrierehilfe". Ziel war die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung.
"Wir benötigen verlässliche Förderstrukturen und besser aufeinander abgestimmte Förderinstrumente für die TeilnehmerInnen in der Erwachsenenbildung", fasste Michael Sturm, Geschäftsführer des bfi Österreich und derzeitiger Vorsitzender der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ), die dringlichsten Anliegen zur Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung in Österreich zusammen. Rahmen dieser Forderung war die dritte Fachtagung der von der Arbeiterkammer (AK) Wien und dem Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung (VÖGB) veranstalteten Tagungsreihe "Chance Weiterbildung" am 10. Dezember 2008.

Schreckgespenst oder Karrierehilfe?
Die Fachtagung, an der zahlreiche in- und ausländische ExpertInnen teilnahmen, stand unter dem Motto "Weiterbildung: Schreckgespenst oder Karrierehilfe". Denn nach wie vor hat Weiterbildung für viele einen negativen schulischen Beigeschmack. Andere wiederum sehen in ihr eine Chance, Verpasstes nachzuholen oder beruflich voranzukommen. Die Zielgruppen und Bedarfslagen in der Weiterbildung sind überaus vielfältig, ein passendes Angebot mitunter nicht einfach zu finden.

Soziale Milieus und Weiterbildung
Die deutschen Bildungssoziologen Martin Baethge (Universität Göttingen) und Rudolf Tippelt (Universität München) referierten bei der Veranstaltung über die Entwicklung der Weiterbildungsbeteiligung in sozialer Differenzierung. Wiewohl sehr unterschiedliche Wertehaltungen in Bezug auf die Erwartungen und Ansprüche an Weiterbildungsangebote auszumachen sind, lassen die Grundaussagen im Zeitverlauf nur wenige Änderungen in der Beteiligungsstruktur erkennen. Weiterbildung bleibt überwiegend gut ausgebildeten Personen in höheren beruflichen Positionen vorbehalten. Ab 50 Jahren sinkt die Beteilung stark ab. Der Frauenanteil nimmt zu, insgesamt sind die Teilnahmen aber leicht rückläufig. Elke Gruber (Universität Klagenfurt) bestätigte die Befunde für Österreich. Im Jahr 2007 lag der Prozentsatz der Personen, die sich gerade in Weiterbildung befanden, bei 12,8 %, innerhalb der letzten drei Jahre nahmen 30 % der Bevölkerung im Erwerbsalter an einer Weiterbildung teil.

Weiterbildungsbarrieren
Fehlender persönlicher oder beruflicher Nutzen (35 %) und zeitliche Belastungen durch Arbeit und Familie (34 %) wurden in Befragungen als die wichtigsten Gründe genannt, sich nicht weiterzubilden. Informations- und Angebotsdefizite und der Kostenfaktor sind ebenfalls relevante Hindernisse. Michael Sturm ging in der Podiumsdiskussion näher auf die Diskrepanz zwischen artikulierten Weiterbildungswünschen und deren Realisierung ein und wies mit Blick auf die Teilnahmequoten auf versteckte Lenkungseffekte durch instabile und inhomogene öffentliche Finanzierungsmechanismen in den einzelnen Bundesländern und in der aktiven Arbeitsmarktpolitik hin. Um zumindest allen an Weiterbildung interessierten Personen einen Zugang zu ermöglichen, müssen die bestehenden zeitlichen, finanziellen und räumlichen Barrieren abgebaut werden.

Orientierung an den TeilnehmerInnen
Aufgrund der Tendenz zur verstärkten Individualisierung des Weiterbildungsverhaltens ist es unerlässlich, seitens der Anbieter rasch und flexibel auf die Bedarfslagen einzugehen. Dies betrifft nicht nur die Aktualität und Inhalte der Angebote, sondern auch die Kursorte und -zeiten, die Gruppengröße sowie die Lehrmethoden. Die Einrichtungen der KEBÖ bieten jährlich mehr als 170.000 Bildungsveranstaltungen an und können dabei über 2,7 Mio. Teilnahmen verzeichnen. Für die immer umfassendere und vielfältigere Angebotspalette ist aber auch ein besseres Informations- und Beratungsangebot erforderlich, damit die richtigen Weiterbildungsentscheidungen getroffen werden.

Neue Herausforderungen
Einig waren sich schließlich alle ExpertInnen darin, dass eine stärkere betriebliche Verantwortung für die Weiterbildung der Beschäftigten notwendig ist. Der Arbeitsplatz stellt einen enorm wichtigen Bezugspunkt dar und sollte vermehrt für prozessorientiertes Lernen genutzt werden. Ebenso müsste der zunehmenden Bedeutung des informellen Lernens durch geeignete Verfahren zur Kompetenzfeststellung Rechnung getragen werden. Die am Arbeitsplatz erworbenen Qualifikationen sollten sichtbar gemacht und anerkannt werden. Hier kommen noch große Herausforderungen auf das gesamte Aus- und Weiterbildungssystem zu.

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