Digital gesund altern: Digitale Kompetenzen und Gesundheitsförderung

22.11.2023, Text: Barbara Gruber-Rotheneder, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Das Projekt „Digital gesund altern NÖ“ verbindet Maßnahmen zur Erweiterung digitaler Kompetenzen mit Aktivitäten zur Gesundheitsförderung.
Drei ältere Personen mit Smartphone beim Kaffee trinken
Miteinander und voneinander lernen im Smart Café ist eine gemütliche Angelegenheit.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, Claus Schindler, Smart Café, https://www.waldviertler-kernland.at
Aufgrund der aktuellen demografischen Entwicklung wird der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung größer. Herausfordernd ist in dieser Gruppe, vor allem im ländlichen Raum, dass gesundheitliche Einschränkungen zunehmen, gleichzeitig aber die Gesundheitsvorsorge zu gering ausgeprägt ist. Die Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) zeigt auf, dass im Bereich der Kompetenzen ein Nachholbedarf besteht, da in Österreich mit rund 56 Prozent eine „limitierte Gesundheitskompetenz“ vorherrschend ist. Gleichzeitig lässt sich in der Gruppe älterer Menschen beobachten, dass diese – gerade im ländlichen Raum – niedrigere digitale Kompetenzen aufweisen, wie aus dem Factsheet „Bildung und digitale Kompetenzen im Alter“ des BMSGPK hervorgeht. Das wird bei sinkender Mobilität im Alter problematisch, denn viele Menschen sind dann eher davon betroffen, von (digitaler) Information und Kommunikation ausgeschlossen zu sein. Die soziale Teilhabe, die die Digitalisierung mobilitätseingeschränkten Personen ermöglicht, ist allerdings wichtig für das seelische Wohlbefinden und für ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Wohnumfeld (siehe Broschüre "Digital gesund altern" - PDF).

Digitale Kompetenzen mit Gesundheitsförderung verbinden

Diese Entwicklungen nimmt das Projekt „Digital gesund altern NÖ“ zum Ausgangspunkt. Es widmet sich der Zielgruppe der Personen in der nachberuflichen Lebensphase (über 60 Jahre) und verbindet Maßnahmen zur Erweiterung digitaler Kompetenzen mit Aktivitäten zur Gesundheitsförderung. Ein Ziel des Projekts ist es, Defizite im Bereich der Gesundheitskompetenz bei älteren Menschen zu verringern und dafür die Möglichkeiten der digitalen Welt zu nutzen. Das Projekt wird aus Mitteln des Fonds Gesundes Österreich gefördert und von der Kleinregion Waldviertler Kernland als Lead Partner in Kooperation mit dem BhW Niederösterreich, Treffpunkt Bibliothek, NÖ.Regional und der Österreichischen Gesundheitskasse umgesetzt. Die Leitung hat Doris Maurer, Geschäftsführerin des Waldviertler Kernlands, gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Regine Nestler. Von den Partnerorganisationen sind sowohl haupt- als auch ehrenamtliche Mitarbeiter*innen mit je unterschiedlichen Aufgaben und fachlichem Input im Einsatz.

Drei Säulen für eine nachhaltige Gesundheitsförderung

Das Projekt „Digital gesund altern NÖ“ startete in einer ersten Phase bereits 2019 in der Region Waldviertler Kernland als Maßnahme, um einer mangelnden Inanspruchnahme von präventiven Gesundheitsmaßnahmen in der Region entgegenzuwirken. Im Wesentlichen beruht das Projekt auf drei Säulen, auf die auch im Folgenden näher eingegangen wird:

  • die Entwicklung von neuen Lehr-/Lernformaten für ältere Menschen im Bereich der Digitalisierung (erste Säule);
  • die Entwicklung einer Gesundheits-App, welche die bio-psycho-soziale Gesundheit fördert (zweite Säule);
  • die Steigerung des Gesundheitsbewusstseins durch Vernetzung und gesundheitsrelevante Information (dritte Säule).

 

Seit Jänner 2022 wird das Projekt in einer zweiten Phase auf ganz Niederösterreich ausgerollt. Ziel sind 100 Gemeinden, die das Lernformat Smart Cafés übernehmen.

Smart Cafés als Lernformat für den Einstieg in die digitale Welt

In diesem Projektbereich werden ehrenamtliche Handybegleiter*innen geschult, um ihre Begeisterung für Digitalisierung und Technik im Rahmen von Smart Cafés an andere weiterzugeben. Smart Cafés sind ein offenes Lernformat, bei dem ältere Menschen in gemütlicher Atmosphäre voneinander lernen können. Ein wesentliches Merkmal ist, dass die Handybegleiter*innen selbst ältere Menschen sind und sich Lehrende und Lernende somit auf Augenhöhe begegnen und „die gleiche Sprache“ sprechen. Das Lernen in den Smart Cafés ist zudem ergebnisoffen und orientiert sich an den jeweiligen Lernwegen und -bedürfnissen der Besucher*innen. Als Lernmaterial wird im Projekt die Mappe „Mein Handy gut im Griff“ des BhW Niederösterreich hinzugezogen. Die Mappe entstand auf Initiative ehrenamtlich geführter Bildungswerke des Vereins Bildungs- und Heimatwerk Niederösterreich (BHW Verein) und bündelt in modularer Form sowohl Grundlagen- als auch Spezialwissen zur kompetenten Smartphone-Nutzung.

Mittels App das Gesundheitsbewusstsein „anstupsen“

Im Rahmen der Smart Cafés wird auch mit der Gesundheits-App STUPSI gearbeitet. Die App wurde in Kooperation mit der Donau-Universität Krems in einem partizipativen Prozess mit zukünftigen Nutzer*innen entwickelt, um zu gesundheitsfördernden Aktivitäten anzuregen. Als theoretischer Hintergrund der Gesundheits-App dient das bio-psycho-soziale Gesundheitsmodell „Körperliche Gesundheit“, Geistige Gesundheit“ und „Soziale Teilhabe“. Zu diesen drei Gesundheitsbereichen ist in der App eine Reihe an Aktivitäten hinterlegt, die die Nutzer*innen absolvieren können (bspw. Blutdruckmessen, Walken, einen Videochat machen). Dabei können sich die Nutzer*innen auch individuelle Ziele setzen oder sich gemeinsam mit anderen für bestimmte Aktivitäten im realen Leben vernetzen.

Flächendeckung in 100 Gemeinden durch Nutzung bestehender Strukturen

Ein wichtiges Merkmal des Projekts „Digital gesund altern“ ist die Nutzung bestehender Strukturen, die der Zielgruppe bereits vertraut sind. So fanden in der ersten Phase des Projekts viele Smart Cafés in der Region Waldviertler Kernland im Rahmen von MahlZeit-Treffen, einem geselligen Zusammensein von älteren Menschen mit unterschiedlichen Nachmittags-Aktivitäten, oder in den örtlichen Bibliotheken von Treffpunkt Bibliothek statt. Auch bei der Erweiterung des Projekts auf 100 Gemeinden in ganz Niederösterreich wird auf bestehende Strukturen aufgebaut. Neben den Bibliotheken sind die Bildungswerke des BHW Vereins sehr gut in vielen Gemeinden Niederösterreichs verankert. Die ehrenamtlichen Bildungswerkleiter*innen fungieren als Mitwirkende, aber auch als Multiplikator*innen für weitere Smart Cafés.

Weitere Informationen:
Creative Commons License Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

Verwandte Artikel