Wissenschaft lustvoll kommunizieren
Die Aussagekraft und die Relevanz von Wissenschaft wie auch des Journalismus werden von populistischen Akteur*innen gezielt delegitimiert. Der Erwachsenenbildung (EB) kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu. Denn durch die Stärkung von Wissenschaftskompetenz – z.B. aufgrund der Kenntnis wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und deren Begründung – wird Beteiligung und das Vertrauen in demokratische Entscheidungsprozesse gestärkt. Die Tagung widmete sich der Entwicklung von Medien und Demokratie rund um zunehmende Desinformation, Polarisierung und „Datafizierung“ der Gesellschaft. Dabei wurden diese Herausforderungen für den Bereich der Erwachsenenbildung und der „Community Medien“ diskutiert und Handlungsansätze für Demokratie- und Medienbildung erarbeitet.
Der Diskussionsrahmen
Die Fachtagung fand als Kooperation zwischen dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb) und dem COMMIT – Community Medien Institut sowie in Medienkooperation mit der Wiener Zeitung statt. Es ging grundsätzlich darum zu überlegen, wie wissenschaftliche Evidenz und das Vertrauen auf wissenschaftliche Fakten in der Erwachsenenbildung durch kritische Medienkompetenz gefördert werden können. Am ersten Tag referierten drei Expert*innen. Am zweiten Tag wurden die Inhalte in Diskussionen und Workshops vertieft. Jeffrey Wimmer (Professor für Kommunikationswissenschaft; Universität Augsburg) moderierte die Fachtagung.
Die gegenwärtigen Herausforderungen
Gegenwärtig zeichnet sich eine weit verbreitete Wissenschaftsskepsis in Europa ab. Laut einer Studie des Eurobarometer 2022 haben Österreicher*innen besonders wenig Vertrauen in die Wissenschaft. Sie verlassen sich lieber auf den „gesunden Menschenverstand“. Zwar geben mehr als die Hälfte der Befragten hierzulande an, dass sie durchaus Interesse an Wissenschaft und Forschung haben, aber nur ein Viertel der österreichischen Bevölkerung ist sehr stark interessiert. Im Ländervergleich befindet sich Österreich mit diesen Zahlen auf ähnlichem Niveau mit Deutschland, während das Vertrauen in Wissenschaft z.B. in Portugal bedeutend höher ist.
Wissenschaft wird von zahlreichen Akteur*innen in Frage gestellt. Und das, obwohl wissenschaftliche Erkenntnisse eine zentrale Rolle für die Demokratie spielen. Sie tragen dazu bei, fundierte Entscheidungen zu treffen und politische Maßnahmen auf der Grundlage von Fakten und Beweisen besser zu gestalten. Der Kommunikationsforscher Jeffrey Wimmer bezeichnet diese gegenwärtige Entwicklung, als Erosion der Autorität der Wissenschaft. Die Gründe dieser Entwicklung sind vielfältig und widersprüchlich und sind nicht immer einfach einzuordnen.
Die aktuelle Initiative Trust in Science and Democracy (TruSD) des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) stellt einen guten Anlass dar, um der Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit in der Erwachsenenbildung mehr Raum zu geben. Das BMBWF will mit dieser Initiative, das Vertrauen in Wissenschaft und Demokratie stärken.
Handlungsansätze in der Erwachsenenbildung
Eine erfolgreiche Methode der Wissenschaftsvermittlung präsentierte Hannes Richter (Astrophysiker und Programmleiter am Planetarium Wien) in seinem Hands-On Workshop „Raketen - Wissenschaftsvermittlung mit dem Fast-Prototype-Cycle“: Mit bereitgestellten Materialien wie Papier, Karton und Klebeband sollten alle Workshop-Teilnehmenden innerhalb von fünf Minuten ein Flugobjekt basteln, das möglichst weit fliegt. Die Neugierde und Begeisterung für die Naturwissenschaft konnte bei den älteren und jüngeren Teilnehmenden schnell geweckt werden. Ausgehend vom „Entwickeln eines Prototyps“ und begleitet von einem gruppendynamischen Reflexionsprozess konnten wissenschaftliche Themen wie Aerodynamik niedrigschwellig diskutiert werden.
Eine andere Herangehensweise im Umgang mit Wissenschaftskommunikation zeigte sich im Workshop von Lisa David (Fachhochschule St. Pölten) und Matthias Frank (Kunstuniversität Graz). Sie stellten einen Kompetenzrahmen für Civic-Scientific-Literacy vor, der sich an alle richtet, die keine formale wissenschaftliche Ausbildung haben. Ihrem Verständnis nach geht es bei Civic-Scientific-Literacy darum, mündige Bürger*innen hervorzubringen. Sie sollen Sinn aus wissenschaftlichen Erkenntnissen erschließen, um an gesellschaftlichen Diskursen informiert teilnehmen zu können.
Ihre Vorschläge für einen Kompetenzrahmen lauten:
- Wissen: Verstehen, wie in der Wissenschaft Erkenntnisse gewonnen werden.
- Können: Quellenkritik, Finden und Bewerten von Forschungsergebnissen.
- Haltung: Positive Einstellung zu Wissenschaft, Berührungsängste verlieren, wissenschaftliche Erkenntnisse als Informationsquelle nutzen wollen.
Resümee
Die Fachtagung ermöglichte den Austausch von Vertreter*innen aus Wissenschaft, Medien und Bildung bei Vorträgen und Workshops zum Thema „Demokratie- und Wissenschaftsvertrauen in Krisenzeiten – Herausforderungen und neue Möglichkeiten für die Erwachsenenbildung“. In diesem Sinne beschäftigten sich die Expert*innen auf der Tagung mit Überlegungen, wie das Vertrauen in Wissenschaft mithilfe von kritischer Medienkompetenz und Erwachsenenbildung gefördert werden kann. Der Erwachsenenbildung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, da sie wissenschaftliche Erkenntnisse und Herangehensweisen auf vielfältige Weise vermitteln kann. Auf diese Weise konnten sowohl Herausforderungen aktueller Entwicklungen als auch Strategien bzw. Auswege aus der Krise identifiziert werden. Jeffrey Wimmer resümierte: „Es gibt unterschiedliche Medienrealitäten und Demokratieverständnisse in der Erwachsenenbildung. Je nachdem, wen ich sensibilisieren möchte, stehen mir unterschiedliche Mittel zur Verfügung.“
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