Welttag der Alphabetisierung: Neue OECD-Studie über Bildungsdefizite

08.09.2009, Text: Christina Pernsteiner, Online-Redaktion
Hochrechnungen zufolge können mindestens 300.000 ÖsterreicherInnen nicht ausreichend lesen und schreiben. Die international angelegte PIAAC Studie der OECD soll ab 2013 Bildungsdefizite bei Erwachsenen besser erfassen.
Basisbildung noch immer eine Herausforderung

Trotz gut ausgebauter Schulsysteme in den Europäischen Union sind laut Studien immer noch 10-30 Prozent der Bevölkerung von funktionalem Analphabetismus und mangelnder Basisbildung betroffen. Der Welttag der Alphabetisierung der UNESCO am 8. September erinnert alljährlich an diesen Umstand.

"Außer Frage steht, dass in industrialisierten Staaten ein hoher Prozentsatz der Menschen den Ansprüchen nicht genügt, und dabei handelt es sich nicht nur um MigrantInnen. Wenn die Basisbildung nicht ausreicht, ist nicht nur Arbeitslosigkeit eine zunehmend wahrscheinliche Folge, sondern auch der Eintritt in eine systemisch wirksame Spirale nach unten, in der neben Arbeitslosigkeit auch Armut, Krankheit und gesellschaftliche Lethargie wirksam werden", so Otto Rath, Mitbegründer des österreichischen Netzwerkes für Alphabetisierung, bereits 2007 im MAGAZIN erwachsenenbildung.at. Die Beiträge der Autorinnen und Autoren der betreffenden Ausgabe zum Thema "Basisbildung - Herausforderungen für den zweiten Bildungsweg" haben bis heute nichts an Aktualität eingebüßt.

 

"PISA für Erwachsene"

In den letzten Jahren haben internationale Sensibilisierungsmaßnahmen und Studienergebnisse zu einer Enttabuisierung der Problematik beigetragen. Dennoch fehlt es häufig an gesichertem wissenschaftlichem Datenmaterial. Die neue OECD-Studie PIAAC (Programm for the International Assessment of Adult Competencies) zielt nun - ähnlich wie PISA - darauf, das Kompetenzniveau im internationalen Ländervergleich zu untersuchen. Bei PIAAC liegt der Fokus jedoch auf der Analyse grundlegender Fähigkeiten Erwachsener (16-64 Jährige), welche Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme am Arbeitsleben sind. Neben den Kompetenzen in Mathematik und Leseverständnis sollen auch der Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien und Daten über den Bildungshintergrund und die berufliche Laufbahn erfasst werden. Als erste internationale Studie zielt PIAAC auch darauf ab, herauszufinden, wie gut Menschen Schlüsselqualifikationen an ihrer Arbeitsstelle nutzen.

 

Fakten als Grundlage politischen Handelns

Laut OECD soll die PIAAC-Studie Regierungen umfassende Informationen zur Evaluierung und Gestaltung ihrer Bildungspolitik bereitstellen. Besonders die Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme in Bezug auf die Vermittlung von Basiskompetenzen soll bewertet werden.  Die UNESCO begrüßt die Teilnahme Österreichs an der Studie. "Zahlen und Fakten liefern die besten Grundlagen für politisches Handeln und langfristige Maßnahmen", heißt es in einer Presseaussendung.

 

Erste Ergebnisse 2013

Nach der Entwicklungsphase soll laut OECD ein erster Feldtest bereits 2010 stattfinden, an dem 5000 ÖsterreicherInnen teilnehmen werden. Die eigentliche Erhebung in Form einer bevölkerungsrepräsentativen Haushaltssurvey ist ab 2011 geplant. Sie soll zeitgleich in 30 Ländern durchgeführt werden. Erste Ergebnisse werden 2013 vorliegen. Die internationalen Kosten der Studie belaufen sich auf ca. 17 Millionen Euro, wobei Österreich  drei Prozent übernimmt. Für die nationale Erhebung wird mit Kosten von 2,7 Millionen Euro gerechnet, welche zwischen dem Bildungs- und Wirtschaftsministerium aufgeteilt werden.

 

Bildungspoltische Arbeit der OECD

Die internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development) umfasst 30 Mitgliedsländer und hat ihren Sitz in Paris. In ihrer bildungspolitischen Arbeit stehen vor allem die Förderung leistungsfähiger Bildungssysteme und der damit verbundene ökonomische Nutzen für Individuen und Gesellschaft im Vordergrund. Neben PISA (Programme for International Student Assessment), welche die Kompetenzen von 15-Jährigen in den Bereichen Mathematik, Leseverständnis und Naturwissenschaften misst und international vergleicht, veröffentlicht die OECD jährlich die Publikation "Bildung auf einen Blick". Darin sind alle wesentlichen Aspekte der Bildungspolitiken der Mitgliedsländer erfasst, unter anderem Finanzausstattung, Ressourcenverteilung, Abschlussquoten, und Beteiligung an Weiterbildung.

 

UNESCO-Welttag der Alphabetisierung

Der UNESCO-Welttag der Alphabetisierung am 8. September soll daran erinnern, dass es in vielen Ländern nach wie vor ein Privileg ist, lesen und schreiben zu lernen. Er verweist aber auch darauf, dass selbst in gut ausgebauten Schulsystemen grundlegende Bildungsdefizite bei Erwachsenen in Industrieländern vorkommen. Weltweit sind insgesamt noch immer rund 776 Mio. Menschen von Analphabetismus betroffen. Einen hohen Prozentanteil machen dabei Frauen, indigene Völker, sprachliche und kulturelle Minderheiten, die ländliche Bevölkerung sowie Behinderte aus. Daher haben die Vereinten Nationen den Zeitraum zwischen 2003 und 2012 auch als Weltdekade für Alphabetisierung ausgerufen, in welcher der Erwerb von Basisfertigkeiten im Mittelpunkt steht.

 

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