Die digitale VHS-Plattform kommt noch im Frühjahr

08.04.2021, Text: Karin Kulmer (seit 05/2023: Karin Lamprecht), Redaktion/CONEDU
Die österreichischen Volkshochschulen bekommen eine gemeinsame Plattform-Lösung für KursleiterInnen und Teilnehmende. Einen Ausblick dazu gibt VÖV-Generalsekretär Gerhard Bisovsky im Gespräch mit erwachsenenbildung.at.
Die neue digitale VHS-Plattform soll Teilnehmenden und KursleiterInnen ein Medium bieten, das sowohl online wie auch in Präsenz genutzt werden kann.
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Karin Kulmer: Welche Überlegungen gibt es bisher bzgl. einer gemeinsamen Online-Plattform für die Volkshochschulen in Österreich?

Gerhard Bisovsky: Zum einen geht es uns darum, ein gutes und brauchbares Tool für den Unterricht anzubieten, sprich: ein Lernmanagementsystem mit allen möglichen Funktionalitäten, das auch perspektivisch ein Repositorium mit Lern- und Unterrichtsmaterialien beinhalten soll. Es soll auch darum gehen, wie wir österreichweit das digitale Angebot der Volkshochschulen auf einer Plattform präsentieren können.

 

Außerdem sind uns Funktionen zur Intensivierung der bundesweiten Zusammenarbeit ganz wichtig: die Geographie Österreichs macht es schwer, einen idealen Ort in der Mitte zu finden, zu dem alle in relativ kurzer Zeit anreisen können. Wir haben im vergangenen Jahr die Erfahrung gemacht, dass vieles sehr gut funktioniert, wenn wir es online machen – und wir haben auch gute Erfahrungen gemacht mit kürzeren Formaten. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen: wie können wir die Zusammenarbeit österreichweit verbessern, wie können wir die Entwicklung von Produkten noch einmal besser angehen, wie können wir Transfer gewährleisten.

 

Für wen wird die Plattform zugänglich sein?

Für TeilnehmerInnen und KursleiterInnen aller Volkshochschulen in ganz Österreich – Lehrende und Lernende haben oberste Priorität. Ein besonderes Anliegen ist es uns, dass die Plattform so einfach wie möglich zu bedienen ist, um allen Volkshochschulen die Teilnahme zu ermöglichen.

 

Die Einführung ist für das Frühjahr 2021 geplant, es wird jetzt schon an der Programmierung gearbeitet und wir wollen dann möglichst rasch in den Echtbetrieb gehen.

 

Wie sieht der Entwicklungs- und Einführungsprozess aus?

Wir haben eine Gruppe von EntwicklerInnen, das sind sehr engagierte und kompetente Menschen, die in allen Bundesländern tätig sind. Mit ihnen gemeinsam sind die Anforderungen an die Plattform und die Tools entwickelt worden. In dieser Gruppe sind VertreterInnen von kleineren, mittleren und großen Volkshochschulen, sodass auch hier Know-how generiert werden kann. Wir werden das so aufsetzen, dass es in den einzelnen Bundesländern sogenannte „Kümmerer" gibt, die zur Verfügung stehen können, wenn Rat und Tat notwendig sind. Es hat sich z.B. sehr bewährt, Online-Sprechstunden durchzuführen, die in einem regelmäßigen Rhythmus stattfinden.

 

Über diesen Weg soll dann die Ausrollung stattfinden, das Ganze ist natürlich freiwillig. Man muss ja dazusagen: viele Volkshochschulen haben schon Erfahrung mit digitaler Bildung. Wenn ich zwei Jahrzehnte zurückdenke, dann gab es insbesondere im Zweiten Bildungsweg eine gute Verschränkung von Lernen in Präsenzeinheiten und Lernen über die Lernplattform. Viele Lehrende – nicht alle – sind den Umgang mit Plattformen und digitalen Tools bereits gewohnt.

 

Es gibt ja in Deutschland schon länger eine VHS Cloud – inwieweit haben Sie bei der Entwicklung mit den deutschen KollegInnen zusammengearbeitet?

Wir haben seit Jahrzehnten eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Deutschen Volkshochschulverband (DVV) auf vielen Ebenen – wir sind über die Plattform der deutschsprachigen Mitglieder des Europäischen Verbands für Erwachsenenbildung miteinander verbunden und sind auch Mitglied im Organisations- und Finanzausschuss des DVV, haben gute Verbindungen zu einzelnen Bundesarbeitskreisen. Ich muss dazusagen, dass wir als kleiner Partner ja nicht nur „Nehmer" sind, sondern immer auch viele Positionen, Produkte und Sichtweisen einzubringen haben.

 

Vor etwa 1,5 Jahren kam ein Kollege vom DVV zu uns in den Pädagogischen Ausschuss und hat uns die VHS-Cloud vorgestellt. Ein nächster Schritt war, dass wir mit einer kleinen Delegation nach Bonn gereist sind und uns direkt vor Ort mit den Funktionen der Bildungscloud vertraut gemacht haben. Es wurde uns vom DVV auch ermöglicht, dass wir einen dreimonatigen Testzugang bekommen. Das ist dann im 2. Quartal 2020 geschehen, und wir haben in einer Gruppe von ca. 15 Personen die verschiedenen Funktionalitäten der Cloud getestet.

 

Welche Reaktionen – intern wie extern – gab es bisher auf die Einführung der Plattform?

Überwiegend sind es sehr positive Reaktionen, die gekommen sind. Der erste Lockdown hat einen Schub gebracht, der bemerkenswert war. Wir haben 2019 einen Vorstandsbeschluss zur Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie gefasst und haben mit diesem Prozess noch vor dem Lockdown gestartet. Zu Beginn waren wir noch mit Skepsis konfrontiert, das war dann aber zwei Monate darauf komplett anders.

 

Die Akzeptanz ist mittlerweile sehr groß, was digital gestützten Unterricht betrifft – es ist uns während des Lockdowns gelungen, neue TeilnehmerInnen zu gewinnen, aber wir haben gleichzeitig auch keinen Grund zu beschönigen, denn es gab sehr viele Ausschlüsse. Bildung ist für einen großen Teil der Menschen mit Präsenz verbunden und sie lebt insbesondere in den Volkshochschulen vom ständigen Diskurs auf Augenhöhe.

 

Die Frage stellt sich, wie kann man jenen Personengruppen, die Betreuungspflichten haben, die lange Anreisewege haben, den Zugang zum lebenslangen Lernen ermöglichen. Ich glaube, das wird die Herausforderung der nächsten Zeit werden. Es werden neue Formate hinzukommen und ich bin davon überzeugt, dass viele TeilnehmerInnen an uns den Anspruch stellen: die Volkshochschule hat kostengünstige, qualitätsvolle Bildung für möglichst viele Menschen zu bieten. Nicht alle Menschen haben die Möglichkeit, in die nächste VHS zu kommen – und dafür bietet sich das Internet an. So können wir das Lernen den Lernenden räumlich ein Stück weit näherbringen.

 

Worauf freuen Sie sich ganz besonders, wenn diese Cloud-Lösung in Österreich ausgerollt wird?

Ich freue mich, dass es gelingt, einen österreichweiten gemeinsamen Prozess in Gang gesetzt zu haben, der sehr rasch zu einem Ergebnis gekommen ist. Mit dieser gemeinsamen digitalen Plattform wird es uns gelingen, unseren TeilnehmerInnen und unseren KursleiterInnen ein Medium zu bieten, das in allen Formaten – sowohl online wie auch im Präsenzunterricht – genützt werden kann. Das ist ein Nutzen, von dem alle etwas haben, und der eine gute und zukunftsorientierte Grundlage für die Bildung in Volkshochschulen darstellt.

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