Massive Open Online Courses - die neue Freiheit des Lernens

23.10.2015, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Lernen, wann und wo man will: ein Trend aus dem Hochschulbereich kommt nur zeitverzögert in der Erwachsenenbildung an. (Serie: Digitale Technologien und Ressourcen)
Kommen MOOCs jetzt auch in der Erwachsenenbildung langsam an?
Grafik: CONEDU/Schnepfleitner
Massive? Open? Online! Courses?

Massive Open Online Courses sind Online-Kurse für sehr viele TeilnehmerInnen. Konkret spricht man von "massiven" Online-Kursen frühestens ab einer Zahl von ca. 150 Personen, weil dieser Umfang der Zahl der sozialen Kontakte entspricht, die das menschliche Gehirn verarbeiten kann. Eine Teilnahme von hunderttausenden Lernenden ist aber ebenso möglich. 

 

MOOCs sind insofern "offen", als meistens weder Zugangsvoraussetzungen noch Kursgebühren verlangt werden. Manchmal werden die enthaltenen Materialien als offene Bildungsressourcen (OER) zur Verfügung gestellt und bleiben nach dem Kurs zugänglich und bearbeitbar. Allen MOOCs ist das Kursformat gemeinsam, das heißt, eine gewisse Ablaufstruktur ist vorgegeben. 

 

Bei den so genannten cMOOCs (oder gemeinschaftsorientierten MOOCs) ist die Strukturvorgabe gering, und das Geschehen entwickelt sich entlang der Inputs der Teilnehmenden. Häufiger sind die so genannten xMOOCs, die eine stärkere Strukturierung enthalten. Sie bestehen aus eigens produzierten Videos, spezifischen Lernmaterialien, einem kleinen Test mit Feedback und einem Forum für den inhaltlichen Austausch. In der Regel können zertifizierte Online Badges (Lernabzeichen) und/oder Teilnahmebestätigungen erworben werden.

 

Der komfortabelste Weg in den Kurs 

An einem MOOC teilzunehmen ist eine besonders komfortable Form der Weiterbildung: man lernt wann und wo man will, im eigenen Tempo und mit den eigenen Hilfsmitteln. Das macht MOOCs zu einem Format für alle, die wenig Zeit haben oder gerne auf dem Sofa, am Arbeitsplatz, in öffentlichen Verkehrsmitteln usw. lernen. 

 

Videos kann man bei Bedarf mehrmals ansehen, Texte zum Lesen ausdrucken, an Tests mehrfach teilnehmen und von Lösungshinweisen profitieren. Die  Inhalte lassen sich gut in Abend- oder Wochenend-Häppchen portionieren, und Forendiskussionen laden zur Beteiligung je nach Lust und Laune ein. Auch dem guten alten Mitschreiben und Wiederholen steht nichts im Wege. 

 

MOOC bedeutet nicht Alleinsein 

Ein besonderes Angebot für Lernende stellen Begleitgruppen für MOOCs dar, in denen Inhalte und Aufgaben persönlich besprochen werden können. Dazu liegen Erfahrungen aus dem MOOC "Gratis online lernen" vor, der 2014 mit knapp 1000 TeilnehmerInnen abgehalten wurde. Dieser Kurs wurde durch Begleitgruppen unterstützt, die in der Art eines Stammtisches von Freiwilligen organisiert wurden oder in bestehende Computerkurse eingebettet waren.

 

Eine weitere Unterstützung bestand in gedruckten Arbeitsheften, die in Österreich und Deutschland verteilt wurden. Eine Evaluation dieses Angebots zeigte, dass gerade diese Begleitangebote einen günstigen Effekt auf den erfolgreichen Kursabschluss hatten. Das Dranbleiben bis zum Ende ist nämlich (mangels Verbindlichkeit) eine bekannte Schwachstelle von MOOCs.

 

Bildungsanbieter sind zur Beteiligung eingeladen

Mit diesem "umgekehrten Blended Learning" sind auch neue Chancen für Bildungsanbieter verbunden. Anbieter von klassischen Präsenzformaten befürchten ja mitunter einen Verlust von Präsenz-KundInnen, wenn gute Online-Kurse in Umlauf geraten. Das Gegenteil ist eher der Fall: Ein offener MOOC kann von anderen Weiterbildungsanbietern aufgegriffen, in eigene Präsenzformate eingebaut oder durch eigene Begleitgruppen unterstützt werden. Das ist möglich, wenn der MOOC wie bei der Plattform iMooX mit einer Creative-Commons-Lizenz offen lizenziert ist. 

 

Die österreichische MOOC-Plattform iMooX

Die erste und derzeit einzige österreichische MOOC-Plattform iMooX ("i mag's") wurde Ende 2013 von der Karl-Franzens-Universität Graz und der Technischen Universität Graz gegründet. Sie ist unter www.imoox.at zugänglich und bietet kostenlos freie Online-Kurse zu ganz unterschiedlichen Themen. Beispielsweise startet am 2.11.2015 der Kurs "eLearning und Recht".

 

Wer an einem der Kurse teilnehmen möchte, kann sich mit Angabe eines Namens und Passworts (auch ohne Google-Konto) einfach einloggen. Die technischen Voraussetzungen sind minimal. Wer an einer Kursbestätigung oder an Badges interessiert ist, sollte den richtigen Namen angeben. 

 

Das Anliegen der Plattform-Betreiber ist es, Lerninhalte breit zugänglich zu machen und möglichst vielen die Möglichkeit zu geben, sich weiterzubilden. Daher bietet iMooX  im Gegensatz zu bekannten US-amerikanischen MOOC-Plattformen alle Materialien unter Creative-Commons-Lizenzen an, sodass sie zu eigenen (Lehr-) Zwecken kostenfrei weiter verwendet werden dürfen. Die iMooX Plattform steht unter der Schirmherrschaft der UNESCO. Sie steht auch anderen Bildungsanbietern (für neue MOOCs) offen gegenüber.

 

Europäische MOOC-ExpertInnen demnächst in Graz

Vom 22. bis 24. Februar 2016 wird an der Karl-Franzens-Universität Graz die vierte Europäische MOOC-Konferenz stattfinden. Es ist dies die größte MOOC-Konferenz Europas. Sie versammelt EntscheidungsträgerInnen, AnwenderInnen, Lehrende und Forschende aus der ganzen Welt, die sich mit Massive Open Online Courses auseinandersetzen. 

 

Eine Besonderheit der Konferenz bildet ein sogenannter "Flipped Conference MOOC-Track". Dafür können sich die Teilnehmenden bereits ab 12.1.2016 im Rahmen eines Pre-Conference MOOC mit Beiträgen und Kurzvideos befassen, die in der Konferenz besprochen werden. Organisiert wird die Veranstaltung von der Universität Graz und der Technischen Universität Graz. Eine vergünstige Konferenzteilnahme ist bei Anmeldung bis 30.11.2015 möglich.

 

Serie: Digitale Technologien und Ressourcen für die Erwachsenenbildung

In einer Serie von praxisnahen Beiträgen berichtet erwachsenenbildung.at über digitale Möglichkeiten für das Lernen und Lehren von und mit Erwachsenen. Damit sind bislang nicht ausgenützte Chancen verbunden, was Öffnung, Kommunikation und Austausch, aber auch Arbeitserleichterung und Effizienz betrifft. Die Serie soll dazu ermutigen, die technischen Möglichkeiten zu erproben und sich diese letztlich (individuell und als Bildungssektor) zu eigen zu machen. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie finden Sie hier.

 

Weitere Informationen:  

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