Novelle des österreichischen Urheberrechts mit Konsequenzen für Bildung
"Was den Bildungsbereich betrifft, ist diese Novelle als sehr gut und wichtig einzuschätzen", weiß der Linzer Urheberrechts-Experte Michael Lanzinger: Sie trägt dem digitalen Zeitalter Rechnung und unterstützt eine Kultur des Teilens. Lanzinger ist im Übrigen der Urheber eines kostenlosen Online-Kurses "E-Learning & Recht" ab kommenden November (Link siehe Seitenende).
Vervielfältigung von Materialien auch in der Erwachsenenbildung möglich
Schon bisher durften Schulen und Universitäten für Unterrichts- und Lehrzwecke im entsprechenden Umfang Kopien herstellen und verbreiten - bekannt als "Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch". Nun weitet der österreichische Gesetzgeber diese Bestimmung auch auf andere Bildungseinrichtungen aus. In den Erläuterungen zum Gesetz werden Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung als Beispiel angeführt.
Vervielfältigungen für Lehre auf allen Datenträgern
Neu ist auch ein Passus, der es Bibliotheken erlaubt, auf Bestellung unentgeltlich oder gegen Kostenersatz Kopien zum Schulgebrauch oder für Forschungszwecke herzustellen. Konkret wird es den Bibliotheken damit möglich gemacht, auch Vervielfältigungen auf digitalen Trägern herzustellen und den Lernenden anzubieten.
Veröffentlichte Werke für abgegrenzte Lernendengruppen
Bildungseinrichtungen dürfen veröffentlichte Werke für einen bestimmten abgegrenzten Kreis von Lernenden vervielfältigen und zur Verfügung stellen. Gestattet wird sogar ein Zurverfügungstellen für die Öffentlichkeit, soweit dies nicht kommerziellen Zwecke dient (§42g). Damit können Bildungseinrichtungen nun eingescanntes Material aus veröffentlichen Werken den Lernenden auf einer eigenen Lernplattform anbieten. Allerdings gilt dies nicht für explizite Schul- oder Lehrbücher.
Rechtlich auf der sicheren Seite arbeiten
Für manche/n Erwachsenenbildner/in mag diese Gesetzesnovelle wie eine nachträgliche Erlaubnis für eine notwendige Praxis daherkommen. Das Urheberrecht bleibt jedoch weiterhin eine komplexe Materie. Was beispielsweise im digitalen Zeitalter ein "abgegrenzter Kreis von Lernenden" ist, und ob dafür bereits eine verpflichtende Registrierung genügt, wird sich erst anhand von Publikationen und Judikatur in der Zukunft zeigen. Für die Nutzung veröffentlichter Materialien ist weiterhin zu empfehlen, spezifische urheberrechtliche Hinweise im jeweiligen Werk genau zu lesen.
Wer Materialien auch über abgegrenzte Gruppen hinaus korrekt und sicher nutzen und den eigenen Ressourcenpool weiter ausbauen möchte, sollte auch auf freie Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER) setzen.
Serie: Digitale Technologien und Ressourcen für die Erwachsenenbildung
In einer Serie von praxisnahen Beiträgen berichtet erwachsenenbildung.at über digitale Möglichkeiten für das Lernen und Lehren von und mit Erwachsenen. Damit sind bislang nicht ausgenützte Chancen verbunden, was Öffnung, Kommunikation und Austausch, aber auch Arbeitserleichterung und Effizienz betrifft. Die Serie soll dazu ermutigen, die technischen Möglichkeiten zu erproben und sich diese letztlich (individuell und als Bildungssektor) zu eigen zu machen. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie finden Sie hier.
- Urheberrechts-Novelle 2015
- Kostenloser Online-Kurs "eLearning und Recht" (ab 2.11.2015)
- Offene Bildungsressourcen (OER) in der Erwachsenenbildung
- Serie: Digitale Technologien und Ressourcen
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