Neueste Analysen über Offene Bildungsressourcen (OER)

29.09.2015, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Zwei neue deutsche Analysen zu OER in der Erwachsenenbildung machen Entwicklungen und Barrieren deutlich und erlauben Zukunftsprognosen. (Serie: Digitale Technologien und Ressourcen)
Bild: (C) CONEDU/Schnepfleitner
Aktuelle Analyse zu Offenen Bildungsressourcen zeigt Handlungsbedarfe
Grafik: CONEDU/Schnepfleitner
Wikimedia Deutschland hat 2015 eine Ist-Analyse zu offenen Bildungsressourcen (OER) herausgegeben. Sie wurde kapitelweise im Laufe dieses Sommers auf der Website Mapping OER veröffentlicht. Inzwischen ist das Buch auch unter einer offenen Lizenz online verfügbar. Die AutorInnen der umfangreichen Studie fokussieren auf Deutschland und widmen der Erwachsenenbildung/Weiterbildung ein eigenes Kapitel. Sie beziehen darin zahlreiche österreichische Beispiele mit ein. "Das Interessante ist dabei, dass im Moment in Österreich fast mehr Leuchtturmprojekte zu finden sind als in Deutschland", so der Grazer Wissenschafter Martin Ebner, Co-Autor der Studie.

Wie für eLearning und Blended Learning gilt auch für offene Bildungsressourcen, so die AutorInnen der Analyse: das Potenzial werde in der Erwachsenenbildung bei weitem nicht ausgeschöpft. Der Materialienfülle im Schul- und Hochschulbereich stehen im Bereich der Erwachsenenbildung erst Pionierleistungen gegenüber. OER werden zwar zunehmend wahrgenommen und gesucht, aber erst sehr zögernd erstellt. Den AutorInnen zufolge gibt es für die Erwachsenenbildung auch noch keine speziellen deutschsprachigen OER-Repositorien (OER-Sammlungen).

Geschenke für die Konkurrenz?
Die Studie stellt auch die Gretchenfrage: Wie gut passt die OER-Idee in ein System, in dem sowohl Anbietereinrichtungen als auch TrainerInnen in Konkurrenz zueinander stehen und den Wettbewerb auch über ihre Materialien betreiben? In der beruflichen Weiterbildung - einem oft privat finanzierten Markt - würden OER sogar dem existierenden Geschäftsmodell widersprechen. Und in der allgemeinen Erwachsenenbildung heißt es von Seiten freier MitarbeiterInnen: "Wir werden dafür nicht bezahlt." Niemand will auf eigene Kosten Materialien für die Konkurrenz produzieren: die Lehrmaterialien einzelner ErwachsenenbildnerInnen sind auch ihr Vorteil auf dem Markt. Dass die OER-Produktion seitens Anbietereinrichtungen und TrainerInnen sehr stockend verläuft, darf also nicht verwundern.

Öffnung mit Hindernissen
Schwierigkeiten bestehen bei der Finanzierung von Bildungsressourcen, die frei angeboten werden sollen. Crowdfunding, öffentliche Vorfinanzierung, oder der risikoreichere Versuch einer nachträglichen Refinanzierung durch Werbung oder Spenden gehören zu den bekannten Möglichkeiten. De facto ist jedoch ohne öffentliche Förderung das Potenzial der Offenen Bildungsressourcen nicht freizusetzen.

Bislang werden OER weitgehend ohne öffentliche Förderungen produziert. Dabei wäre es naheliegend, zumindest für alle mit öffentlichen Geldern produzierten Materialien auch eine offene Lizenzierung zu verlangen - so lautet eine Forderung des 2014 gegründeten zivilgesellschaftlichen "Bündnis freie Bildung". Das deckt sich auch mit dem angekündigten Vorhaben der Europäischen Kommission, für eine offene Lizenzierung der Produkte von EU-Projekten zu sorgen.

Mehr als eine große Verheißung? Welche Faktoren bestimmen, was aus der Chance wird
Im 2015 erschienenen deutschen "Whitepaper Open Educational Resources (OER) in Weiterbildung/Erwachsenenbildung" werden detailreich die Faktoren analysiert, die über die Zukunft von OER entscheiden dürften.

Gemäß den AutorInnen sind folgende Entwicklungen wahrscheinlich: die Zunahme digitaler Materialien und das bestehende Urheberrecht werden offene Bildungsressourcen immer attraktiver machen. Digitale Medien werden in betrieblichen Weiterbildungen häufiger werden, und die Kooperationen zwischen Bildungsbereichen werden sich verstärken. Der didaktische Mehrwert von OER wird immer deutlicher zutage treten, Informationskampagnen werden das ihre dazu tun, die Chancen bekannt machen und die Nutzung befördern. Auch für den Aufbau zentraler, einfach zu nutzender Web-Plattformen für OER schätzen die Autorinnen und Autoren der Studie die Wahrscheinlichkeit optimistisch ein. Von öffentlichen Budgets für die Produktion und Bereitstellung solcher Materialien würden sie sich sehr hohe Auswirkungen erwarten, sind sich jedoch weniger sicher, inwieweit es dazu auch kommen wird. Ungewiss seien jedoch öffentliche Budgets für die Produktion von OER, und unsicher sei auch eine Verpflichtung bei öffentlich finanzierten Projekten, publiziertes Material als OER herauszugeben. Wie sehr eine Kultur des Teilens bei TrainerInnen, kommerziellen Trägern, Verlagen und Hochschulen entsteht, wird ebenso skeptisch hinterfragt.

 

Serie: Digitale Technologien und Ressourcen für die Erwachsenenbildung

In einer Serie von praxisnahen Beiträgen berichtet erwachsenenbildung.at über digitale Möglichkeiten für das Lernen und Lehren von und mit Erwachsenen. Damit sind bislang nicht ausgenützte Chancen verbunden, was Öffnung, Kommunikation und Austausch, aber auch Arbeitserleichterung und Effizienz betrifft. Die Serie soll dazu ermutigen, die technischen Möglichkeiten zu erproben und sich diese letztlich (individuell und als Bildungssektor) zu eigen zu machen. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie finden Sie hier.

Weitere Informationen:

 

Quelle:
EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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