Buch: Fallanalysen aus der Bildungsberatung
Die Publikation ist in drei große Kapitel unterteilt: "Aus Biographien lernen", "Analyse von Beratungsgesprächen" sowie "Für Bildungsberatung gestalten, entwickeln und lernen".
Biografie für Beratungsgespräche nutzen
Nicole Justen beschäftigt sich in ihrem Artikel intensiv mit den theoretischen Grundlagen biografischen Lernens. Sie sieht in biografischem Wissen Potential für Beratungsgespräche, damit biografische Ressourcen entdeckt und für den Beratungsprozess mobilisiert werden können. Ferner geht sie der Frage nach, inwieweit biografisches Lernen in der Erwachsenenbildung als selbstgesteuerte Lernbewegung verstanden wird und wie diese durch Bildungsberatung unterstützt werden kann.
Anhand zweier Fallbeispiele verdeutlicht sie den Zusammenhang von Lebensgeschichte, Bildungsmotiven und Lernprozessen. Die Lerngeschichten zeigen einerseits verpasste Möglichkeiten von Beratung und damit auch Chancen und Grenzen des institutionellen Lernens. Andererseits können Gefühle und Emotionen die Selbststeuerung des Lernens einschränken. Hier wird deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen voraussetzungsvoll ist und oftmals Unterstützung, Begleitung und Beratung bedarf, um die dafür notwendigen Kompetenzen erwerben zu können.
Was Beratungskompetenz in der Erwachsenenbildung ausmacht
Im Rahmen eines Fallbeispiels zur Kurswahlberatung analysiert Tim Stanik eine Englischeinstufungsberatung, die nicht ideal verläuft. Die Beraterin geht kaum auf die Bedürfnisse und Interessen der Ratsuchenden ein und orientiert sich, was Kursvorschläge angeht, hauptsächlich am Programmheft der Institution. So erhält die Beratung einen angebots- und keinen nachfrageorientierten Charakter.
Hierbei empfiehlt der Autor, zu Beginn der Beratung offen gegenüber dem Beratungsanliegen zu sein, um nicht vorschnell einzugrenzen und eventuell auch in anderen Weiterbildungsfragen beratend zur Seite zu stehen. Dabei weist er daraufhin, wie wichtig es sei, dass Beraterinnen und Berater neben dem fachlichen und institutionellen Wissen auch über Beratungskompetenzen und einen guten Überblick über Weiterbildungsmöglichkeiten verfügen.
Kommunikation und Interaktion essentiell für Beratung
Anne Schlüter reüssiert nach den Einblicken in die Beratungspraxis, dass die Qualifizierung von Beraterinnen und Beratern in der Erwachsenenbildung notwendig sei. Hierbei erachtet sie vor allem Kommunikation und Interaktion als Kompetenzen, die für eine umfassende Beratungskompetenz trainiert werden müssen. Die Beziehungskompetenz erwähnt sie dazu als ein wesentliches Hintergrundphänomen für Kommunikation, Interaktion und daraus resultierenden Lernprozessen.
Hinsichtlich Beratungskonzepten und -theorien hält sie biografietheoretische Ansätze für sinnvoll, weil diese Kontextwissen liefern und die Beratung damit ressourcenorientiert ausgerichtet werden kann.
Die Herausgeberin
Anne Schlüter ist Professorin für Weiterbildung und Frauenbildung an der Universität Duisburg-Essen.
Schlüter, Anne (Hrsg.) (2014): Beratungsfälle - Fallanalysen für die Lern- und Bildungsberatung. Opladen, Berlin & Toronto: Verlag Barbara Budrich. 217 Seiten, EUR 19,90, ISBN 978-3-8474-0185-8.
Hinweis: Dieser Beitrag beruht auf der Lektüre eines Rezensionsexemplars, das der Redaktion vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
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