Kompetenzen im höheren Lebensalter

14.08.2015, Text: Julia Rodlauer, Online-Redaktion
Was sich aus der Studie "Competencies in Later Life" über Alltagskompetenzen der 66- bis 80-Jährigen lernen lässt.
Alltagskompetenzen von 66- bis 80-Jährigen im Fokus
Foto: Julia Rodlauer/CONEDU
Der 2014 erschienene Band "Kompetenzen im höheren Lebensalter. Ergebnisse der Studie 'Competencies in Later Life' (CiLL)" informiert auf 181 Seiten über Methoden sowie Ergebnisse der Studie und präsentiert Überlegungen zum Transfer der Ergebnisse in die Weiterbildungspraxis. Die Untersuchung erhob schriftsprachliche, alltagsmathematische sowie technologiebasierte Kompetenzen von 66- bis 80-Jährigen. Was erfährt man in diesem Band?

 

Mangelnde Grundkompetenzen bei rund 38% aller Befragten
Die Studie zeigt deutlich: Mit dem Alter steigt der Anteil an Personen, deren Grundkompetenzen für eine selbstständige Lebensführung kaum ausreichen. Ca. 38% der befragten 66- bis 80-Jährigen sind nicht in der Lage, Beipackzettel, Kauf- oder Mietverträge zu lesen oder zu verstehen.

 

Ein weiteres spannendes Ergebnis der Studie findet sich im Bereich der sozialen Herkunft: Das erworbene Kompetenzniveau spiegelt auch im Alter noch den Bildungshintergrund des Elternhauses wider.

 

Lernstrategien: vor allem Selbstlernen und personenbezogenes Lernen
Aus den Forschungsergebnissen leiteten die Autoren der Studie folgende zwei Typisierungen des Lernens älterer Menschen über 65 Jahren ab: Selbstlernen sowie personenbezogenes Lernen. Ältere Menschen greifen verstärkt auf die Möglichkeit des Selbstlernens zurück, da sie oftmals in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Hierbei nutzen sie vor allem Bücher und Zeitschriften, aber auch in einigen Fällen das Internet. Generell schlussfolgerte CiLL, dass das Verhältnis zu Computer und Internet stark ausdifferenziert sei und von selbstverständlicher Nutzung bis hin zur vollständigen Verweigerung reiche.

 

Neben dem Selbstlernen lernen ältere Menschen vor allem mit und durch Personen aus dem sozialen Umfeld. Hierbei handelt es sich meist um Kinder und Enkelkinder. Ältere Menschen schätzen hier vor allem die zielgenauen und personengerechten Erläuterungen sowie den sozialen Kontakt.

 

Vermehrt Basisbildung anbieten
Um die Grundkompetenzen der älteren Bevölkerung zu fördern und somit ihre selbstständige Lebensführung sowie gesellschaftliche Teilhabe zu erhalten, sei es den Autoren zufolge notwendig, Basisbildung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung in den Bereichen Schriftsprache, Alltagsmathematik sowie technologiebasiertem Problemlösen anzubieten. Dies solle im Idealfall bereits "prophylaktisch" in früheren Entwicklungsjahren passieren.

 

Erfahrungen der älteren Erwachsenen nutzen
Die Teilnahme älterer Menschen an Weiterbildungsangeboten hänge, so ein weiteres Ergebnis der Studie, stark von der Vorstellung der eigenen Lern- und Entwicklungsfähigkeit ab. Vorangegangene Bildungserfahrungen und -erfolge würden wesentlich Einfluss darauf nehmen.

 

Außerdem ist die Gruppe der älteren Menschen keine homogene Gruppe. Bildungsinteressen, -verständnis und tatsächliche Kompetenzen seien stark ausdifferenziert. Daraus ergeben sich unterschiedliche Bildungs- und Lerntypen im Alter, was in der Planung und Konzeption von Weiterbildungsangeboten für ältere Personen berücksichtigt werden müsse.

 

Lernen braucht subjektive Bedeutung
Die Autoren empfehlen Bildungseinrichtungen, ältere Menschen als kompetente, mitverantwortlich handelnde BürgerInnen anzusprechen. Denn auch im Alter bestehe ein hohes Maß an Lern- und Veränderungskapazität.

 

Soziale Kontakte, das Bewusstsein "auf dem Laufenden zu bleiben" und "etwas Gutes für sich zu tun" können den Zugang zu Weiterbildungsveranstaltungen erleichtern. Jedoch müssen LernerInnen dem Lernen eine subjektive Bedeutung geben, ansonsten stehe dies der Kompetenzentwicklung als Barriere entgegen.

 

CiLL erweitert PIAAC-Studie
Die Bildungsstudie "Competencies in Later Life" (CiLL) stellt Informationen zu den grundlegenden Kompetenzen im höheren Lebensalter dar. Im Gegensatz zur internationalen Kompetenzerhebung 16- bis 65-jähriger Erwachsener im Rahmen der OECD-Studie "PIAAC" (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) erweitert CiLL die Erhebung von Alltagskompetenzen auf 66- bis 80-jähriger Menschen. Außerdem werden die gewonnenen Daten über schriftsprachliche, alltagsmathematische sowie technologiebasierte Kompetenzen mit Blick auf die Anforderungen und Bedürfnisse im Alter analysiert.

 

Auch qualitative Erhebungsmethoden eingesetzt
Die Untersuchung stützte sich nicht nur auf quantitative Erhebungen, sondern bezog auch qualitative Interviews und Gruppendiskussionen mit älteren Menschen sowie ExpertInneninterviews (GerontologInnen, ErwachsenenbildungsforscherInnen u.a.) mit ein. Beide Informationsquellen ließen die Analyse von Zusammenhängen zwischen Lebenssituationen, Biografien sowie Einstellungen und den gemessenen Kompetenzwerten in Lesen, Alltagsmathematik und technologiebasiertem Problemlösen zu. Bisher wurde eine Erweiterungsstudie wie CiLL nur in Deutschland realisiert.

 

Die Autoren
Jens Friebe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) in Bonn, Bernhard Schmidt-Hertha Direktor des Instituts für Erziehungswissenschaft an der Universität Tübingen und Rudolf Tippelt Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der Universität München.

 

Friebe, Jens/Schmidt-Hertha, Bernhard/Tippelt, Rudolf (Hg.) (2014): Kompetenzen im höheren Lebensalter. Ergebnisse der Studie "Competencies in Later Life" (CiLL). Reihe: DIE spezial. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG. 181 Seiten, EUR 39,30, ISBN 978-3-7639-5479-7.

Weitere Informationen:

 

Quelle:
EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa.

 

Hinweis: Dieser Beitrag beruht auf der Lektüre eines Rezensionsexemplars, das der Redaktion vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.

Verwandte Artikel