Landkarte der Erwachsenenbildung in Tirol
Ein Beispiel partizipativer Forschung
MAP EB Tirol war als partizipatives Forschungsprojekt angelegt. Partizipative Forschung ist kooperative Forschung, d.h. das Forschungsfeld wird partnerschaftlich von verschiedenen AkteurInnen erforscht und auch beeinflusst. Im Zentrum stehen Beteiligungsprozesse, bei denen die PartnerInnen ihre verschiedenen Perspektiven und Zugänge einbringen können. So sollen durch Partizipation neue Erkenntnisse über das Gemeinschaftsprojekt entstehen und gleichzeitig die Akzeptanz der Ergebnisse bei allen betroffenen Personengruppen gefördert werden.
Status quo der Tiroler Erwachsenenbildung erhoben
Die Studie erhob erstmals für Tirol den Status quo der Erwachsenenbildung in all seiner Breite und Differenziertheit. Die Angebotsanalyse erfolgte zunächst durch Internetrecherchen, gefolgt von einer Fragebogenerhebung unter den Anbietern und partizipativen Methoden. Zum Studiendesign gehörten folgende Schritte:
- Ist-Stand-Erhebung von Anbietern durch Literatur- und Internetrecherche sowie Fokus- und Steuerungsgruppen
- Befragung der erhobenen Anbieter mittels quantitativem Online-Fragebogen (zu MitarbeiterInnen, Angebotsstrukturen, Bildungsbeteiligung, Finanzierungsform sowie zu den zehn Aktionslinien der LLL-Strategie
- Veranstaltung einer dem Projekt gewidmeten "Tiroler Erwachsenenbildungsenquete", um Wünsche und Erfahrungen von Praxis, Verwaltung und Politik in die Studie einzubeziehen
- qualitative Befragung von ExpertInnen aus Politik, Erwachsenenbildung und Sozialpartnerschaft zu Herausforderungen, Handlungsfeldern und Handlungsempfehlungen für die Erwachsenenbildung in Tirol und auch im Hinblick auf die LLL-Strategie
- Erarbeitung eines Vorschlags für ein Monitoring in Tirol, um weitere Entwicklungen der Tiroler Erwachsenenbildung evidenzbasiert beobachten und beurteilen zu können
- Ausarbeitung von Befunden, Herausforderungen und Handlungsempfehlungen für die Erwachsenenbildung in Tirol auf Basis der Daten
Ergebnis: Landkarte mit 620 Weiterbildungsanbietern in Tirol
Insgesamt konnten anhand der Datenquellen 620 Anbieter inklusive Zweigstellen bzw. 254 Anbieter ohne Zweigstellen erfasst wurden, die zuvor definierte Grundvoraussetzungen erfüllten. Die primäre Datenquelle sowohl zur Erhebung als auch zur Überprüfung der erhobenen Daten war das Internet. Die Forscherinnen konnten insofern nur jene Einrichtungen berücksichtigen, deren Website zum Zeitpunkt der Erhebung verfügbar war und Informationen zu ihrem Aufgabenbereich beinhaltete. Die Entscheidung über die Aufnahme in die Landkarte wurde letztlich aber innerhalb einer Fokus- und Steuerungsgruppe getroffen. Ein Aushandlungsprozess, weil es trotz definierter Kriterien immer auch Auffassungssache ist, ob beispielsweise eine Fahrschule, ein Trachtenverband oder ein Alpenverein als Bildungsanbieter definiert werden können.
Beitrag zur Umsetzung der LLL-Strategie
Die Studie stand in Bezug zur nationalen Strategie zum lebensbegleitenden Lernen LLL:2020. So wurden von den Forscherinnen auf Basis der Ist-Stand-Erhebung und in Hinblick auf die Strategie Handlungsempfehlungen formuliert. "Nach der Bestandsaufnahme müssen die politisch Verantwortlichen auf Basis der Handlungsempfehlungen die Strategie und die konkreten Ziele formulieren", so AK Präsident Erwin Zangerl im Vorwort des Endberichts. Beispielsweise wurde in der Anbieterlandschaft eine historisch gewachsene "Buntheit" festgestellt, die Vielfalt, Kreativität und Engagement der Akteure widerspiegelt - eine Heterogenität ohne erkennbare Schwerpunkte. Hier konstatieren die Autorinnen der Studie dringenden Handlungsbedarf seitens der Bildungspolitik, um - unter Einbezug der Praxis - eine kohärente Strategie zu entwickeln und längerfristig zu implementieren.
Nationale Strategie zum lebensbegleitenden Lernen
Lebenslanges Lernen ist auf europäischer Ebene seit dem "Memorandum über Lebenslanges Lernen" im Jahr 2000 nicht mehr nur ein Aspekt von Bildung, sondern ein allgemeines Grundprinzip. Bei diesem Grundprinzip geht es darum, dass alle Menschen die gleiche Chance erhalten sich durch (Weiter-)Bildung und Lernen an die sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen anzupassen. Österreich hat auf das Memorandum mit einem nationalen Konsultationsprozess mit relevanten Stakeholdern reagiert, dessen Ergebnisse in die 2011 veröffentlichte "Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich - LLL:2020" gegossen wurden. In zehn Aktionslinien werden darin die strategischen Vorhaben anhand einer Vision, des Ist-Standes, der Ziele und der Maßnahmen vorgestellt. Es handelt sich um eine Zusammenführung von Bildung, Integration, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Soziales, Finanzen und Regionales. Mit den Ableitungen und Handlungsempfehlungen aus der MAP EB Tirol wurde nun ein erster Schritt gesetzt in Richtung einer Strategie EB Tirol.
- Studie MAP EB Tirol
- Tiroler Erwachsenenbildung im Fokus der Forschung
Nachricht vom 06.05.2013 - Perspektiven für die steirische Bildungslandschaft
Nachricht vom 23.11.2009 - Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich
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