Wenig Resonanz auf PIAAC-Kompetenzmessung bei Erwachsenen
PIAAC soll bildungspolitische Steuerung verbessern
"Was Menschen früher erlernt haben, stimmt oft nicht mehr überein mit dem, was sie heute können", sagt Andreas Schleicher, der bei der OECD für die großen Kompetenzmessungen PISA und PIAAC zuständig ist. "Mit PIAAC wollten wir herausfinden, was Menschen wissen und was sie damit tun können." Letztlich sollen die Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit diesem Wissen ihre Bildungsanstrengungen besser, nämlich auf einer informierten Basis steuern können.
Auch 25 Jahre Aufschulung wären nicht genug
Doch wo PISA immer wieder für einen Aufschrei sorgt, bleibt es rund um PIAAC erstaunlich ruhig. "1 Million Österreicherinnen und Österreicher kann nur mangelhaft oder gar nicht lesen" - diese Botschaft erreichte viele. Dem bei der jüngsten Regierungsklausur um weitere drei Jahre verlängerten Förderprogramm "Initiative Erwachsenenbildung" kam diese Meldung argumentativ durchaus zugute. Trotzdem zeigen Auswertungen des Instituts für Höhere Studien (IHS) im vorliegenden Magazin, dass die hierfür investierten Millionen selbst nach 25 Jahren noch nicht den gesamten Bedarf befriedigen würden.
VHS, WIFI und AK fordern mehr Handeln
Mit den nun vorliegenden, vertieften Auswertungen, könnte neuer Schwung in die Sache kommen. Gerhard Bisovsky vom Verband Österreichischer Volkshochschulen etwa fordert in seinem Beitrag zum Magazin die Einrichtung einer bundesweiten Stelle zur Steuerung der Grundbildungspolitik. "Erwachsene Lernende müssen unterstützt werden, durch Lernen eine oder mehrere Stufen höher zu kommen." Hannes Knett vom Wirtschaftsförderungsinstitut WIFI Österreich relativiert die PIAAC Ergebnisse: "Der Wirtschaftsstandort ist deutlich besser, als die PIAAC Ergebnisse erwarten lassen." Ein geeignetes Instrument zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit bestehe mit der österr. Strategie zum Lebensbegleitenden Lernen ohnehin schon seit mehreren Jahren, sie müsse nur konsequent umgesetzt werden. VertreterInnen von Arbeiterkammer Wien und dem Verband gewerkschaftlicher Bildung sehen in den PIAAC-Ergebnissen neue Argumente für ein zweites Gratiskindergartenjahr sowie die Aufwertung betrieblicher Lernorte.
Wer studiert hat, liest nicht zwingend besser als nach der Pflichtschule
In Bezug auf die bildungspolitischen Konsequenzen aus PIAAC 2011/2012 scheint es wie so oft auf den zweiten, genaueren Blick anzukommen. Nicht nur "die üblichen Verdächtigen" - also Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss, MigrantInnen und Hilfskräfte - schnitten bei den Lesekompetenzen schlecht ab, stellt Robert Titelbach vom BMASK fest. "Die ‚Kompetenzarmen' finden sich auch in Berufsgruppen, wo man sie vielleicht nicht so eindeutig vermutet hätte." Zudem gilt zwar ganz allgemein, dass die Kompetenzen mit zunehmenden Bildungsabschlüssen höher seien. Doch sind die Unterschiede innerhalb der Bildungsabschlüsse viel größer als über die Qualifikationen hinweg. So liest mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit maximal Pflichtschulabschluss ebenso gut wie mehr als die Hälfte aller HochschulabsolventInnen.
Können ist mehr als was wir messen können
Als zumindest diskussionswürdig erweist sich für Österreich die Annahme, dass die gemessenen Kompetenzen in Lesen, Alltagsmathematik und Problemlösen mit Technologien zentral ausschlaggebend für die individuelle Produktivität und beruflichen Erfolg seien. Martin Mayerl vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung warnt daher in seiner Analyse über den sogenannten Skills-Mismatch bei PIAAC ganz deutlich davor, Anforderungen des Arbeitsmarkts ganz einfach mit den gemessenen Kompetenzen zu vergleichen oder gar bildungspolitische Strategien daraus abzuleiten. Offenbar können wir neben Lesen, Rechnen und Computerbedienung nämlich noch ganz andere Dinge, die uns erfolgreich machen. Es bleibt daher abzuwarten, welche Dimensionen bei der nächsten Erhebung in acht Jahren abgefragt werden. Und was wir daraus für die Gestaltung des Bildungssystems und der Erwachsenenbildung lernen werden.
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Die nächste Ausgabe des Meb im Februar 2015 fängt einen der größten Angebotsbereiche der Erwachsenenbildung ein: die Gesundheitsbildung. Weitere Ausgaben der kommenden beiden Jahre behandeln die Zukunft von Erwachsenenbildung, das Verhältnis von Hochschulen und Erwachsenenbildung, Demokratie und Zivilgesellschaft und die Situation von TrainerInnen.
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