Bildungsabschlüsse nachholen ist einfacher geworden

27.02.2014, Text: Bianca Friesenbichler u. Wilfried Hackl, Redaktion/CONEDU
Neue Magazin-Ausgabe zeigt auf, wie der Sog anerkannter Zertifikate jährlich bis zu 135.000 ÖsterreicherInnen zum Lernen zurück führt.
Foto: (C) Anna Rauchenberger
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"Aufwärtsmobilität", "Kompetenzvalidierung", "Qualifizierung one-step-up": Sperriger könnten die Begriffe nicht sein, hinter denen sich die Sehnsucht vieler Menschen verbirgt, in der Jugend versäumte Bildung nachzuholen, Berufserfahrung anerkannt zu bekommen oder sich eine höhere Bildung anzueignen. Der Zugang ist in den letzten Jahren deutlich einfacher geworden, dennoch gibt es Hürden. Die neueste Ausgabe der Online-Fachzeitschrift "Magazin erwachsenenbildung.at" (Meb) nimmt diese formale, zu einem anerkannten Abschluss führende Weiterbildung unter die Lupe. Das neue Meb steht ab sofort kostenlos unter www.erwachsenenbildung.at/magazin zum Download bereit und ist auch als Druckversion zum Selbstkostenpreis von EUR 16,10 erhältlich.

 

Der sg. "Zweite Bildungsweg" hat lange Tradition. Schon vor dem 2. Weltkrieg wurden etwa Arbeitermittelschulen eingerichtet, an denen man berufsbegleitend einen Abschluss erwerben konnte. "Insgesamt nehmen heute geschätzt 75.000 bis 135.000 Erwachsene über 18 Jahre, die ihre Bildungslaufbahn für mindestens zwei Jahre unterbrochen haben, an formaler Bildung, also Programmen, die zu einem staatlich anerkannten Abschluss führen, teil", stellen Jörg Markowitsch und Günter Hefler vom 3s research laboratory in ihrem Beitrag zum Meb fest. Diese Schätzung gilt allerdings nur, wenn man neben dem bisher meist zum Zweiten Bildungsweg gezählten Nachlernen von Kulturtechniken (Basisbildung) sowie dem Nachholen eines Schulabschlusses auch andere, mit einem Abschluss endende Weiterbildungen hinzurechnet. Dazu gehören Umschulungen, maßgeschneiderte Programme für Unternehmen, berufsbegleitende Hochschulstudien oder wissenschaftliche und professionelle Weiterbildung.

Mehr Anschluss durch Abschluss?
Forscher wie Markowitsch und Hefler vertreten den Standpunkt, formale Erwachsenenbildung sei das Vermittlungsorgan zwischen BildungsteilnehmerInnen und ArbeitgeberInnen. Darin erfüllt sich im Wesentlichen das Versprechen sozialer Durchlässigkeit durch Bildung. Nachgeholte und weiterführende Bildung mit anerkanntem Abschluss gilt, wenn schon nicht als Garant, so doch als Ermöglicher für beruflichen und sozialen Aufstieg, wobei dieser nicht nur vertikal - als Karriere - erfolgt, sondern auch horizontal, durch veränderte Aufgaben, mehr Zufriedenheit oder bessere Absicherung des eigenen sozialen Status.

Karin Hackl-Schuberth hat erwachsene Teilnehmende von Hauptschulabschlusskursen der Wiener Volkshochschulen befragt, inwieweit sich dieses Versprechen einlöst. Der Befund fällt positiv aus: "Die TeilnehmerInnen nehmen nach dem Kurs mehr an Bildung, Arbeit und Gesellschaft teil." Rund die Hälfte setze nach dem Abschluss die Schul- und Berufsbildung fort, ein Drittel stieg ins Berufsleben ein, ein Viertel nahm an Weiterbildung teil. "Der Zweite Bildungsweg ist ein wichtiges Mittel, um die Vererbung von Bildung zu durchbrechen", stellt auch Walter Hotter von der Arbeiterkammer Tirol in seinem Artikel fest.

Höherstellung akademisch erworbener Kompetenzen hinterfragen
Geht es um Perspektiven für eine aufbauende Bildung, trifft man trotz der Erfolgsmeldungen auf bestehende Hürden. "Die vorherrschende Überzeugung ist, dass schulisch erworbene Bildung mehr wert sei, als beruflich erworbene", erklären etwa Bildungsforscher Peter Schlögl vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung und Elisabeth Schwabe-Ruck von der Leuphana Universität Lüneburg in einem Artikel. Diese Überzeugung rufe konfliktreiche Auseinandersetzungen zwischen beruflicher und akademischer Bildung hervor. Zwar wird der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte zunehmend geöffnet. Dennoch schließen die meisten Studierenden nach wie vor eine Schule ab, bevor sie studieren. "Die Hürden müssen abgebaut werden, damit der Hochschulzugang ein selbstverständliches Angebot wird", fordern Schlögl und Schwabe-Ruck.

Internationale ExpertInnen am Wort
In der 146 Seiten umfassenden Ausgabe des Meb thematisieren neben den genannten noch weitere 15 AutorInnen aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung Beteiligungsquoten, Finanzierung und Politik des Zweiten Bildungsweges. Sie reflektieren geschichtliche Dimensionen ebenso wie aktuelle Entwicklungen - zum Beispiel das "Initiative Erwachsenenbildung" genannte Förderprogramm von Bund und Ländern für das kostenlose Nachholen von Pflichtschulabschlüssen im Erwachsenenalter. Sie untersuchen die Wirkung von Bildungsabschlüssen und das Potenzial formaler Erwachsenenbildung. Die Anerkennung von in Beruf und Alltag erworbenen Kompetenzen im Sinne einer beruflichen Qualifizierung wird ebenso vorgestellt wie innovative Modelle des Hochschulzugangs und der beruflichen Tertiärbildung.

Fachmedium und aktuelle Online-Information
Magazin erwachsenenbildung.at (Meb) ist das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs der österreichischen Erwachsenenbildung. Es wird vom Bundesinstitut für Erwachsenenbildung gemeinsam mit dem BMUKK dreimal jährlich herausgegeben und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des BMUKK gefördert. Alle eingereichten Artikel durchlaufen ein Review von ExpertInnen. Das Magazin erscheint parallel zur kostenlosen Online-Ausgabe auf www.erwachsenenbildung.at/magazin auch im BoD-Verlag und ist als Druckausgabe zum Selbstkostenpreis erhältlich.

Die nächste Ausgabe des Meb im Juni 2014 thematisiert das Ideal "Ästhetischer Erziehung" (Friedrich Schiller) und dessen Rolle im Digitalzeitalter. Kommenden Herbst rollen ExpertInnen aus Forschung, Erwachsenenbildung und Bildungspolitik die Ergebnisse der "PISA für Erwachsene" genannten OECD-Studie PIAAC (Programme for the International Assessment of Adult Competencies) auf, deren Erstauswertung vergangenen Oktober veröffentlicht wurde. Sie werden diskutieren, welche Konsequenzen für die Erwachsenen- und Weiterbildung aus den Ergebnissen von PIAAC zu ziehen sind.

Weitere Informationen:
  • Meb21/2014: Das Versprechen sozialer Durchlässigkeit