"Plötzlich wachsen Persönlichkeiten in ungeahnte Dimensionen"

03.12.2013, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Fritz Bauer erhielt für seine unnachgiebigen Bemühungen um Anerkennung, Finanzierung und Qualität den Staatspreis Erwachsenenbildung 2013. Ein Porträt.
v.l.n.r.: BM C. Schmied, Preisträger F. Bauer, Juror E. Nuissl von Rein
Foto: (C) Oreste Schaller
"Es ist wichtig, dass in der Erwachsenenbildung auch Personen ausgezeichnet werden, weil Menschen in einem nicht so stark strukturierten Bildungsbereich wie der Erwachsenenbildung etwas bewirken können." - Mit diesen Worten eröffnete Jurymitglied Ekkehard Nuissl von Rein seine Laudatio im Rahmen der Verleihung des österreichischen Staatspreises für Erwachsenenbildung 2013.

 

Die Erwachsenenbildung brauche Personen, so Nuissl von Rein weiter, die andere zum Lernen begeistern und motivieren, zu eigenen Lernwegen ermutigen, die offen sind im Geist, flexibel und von Neugierde getrieben, die aber auch Lernleistungen anerkennen und für Qualität eintreten. Diese Punkte beschrieben alle drei Nominierten in der Kategorie "ErwachsenenbildnerIn 2013", insbesondere aber Fritz Bauer aus Oberösterreich, der den Preis schließlich v.a. aufgrund mehrerer erfolgreicher Initiativen, an deren Umsetzung er federführend beteiligt war, erhielt.

 

Anerkennung von non-formal erworbenen Kompetenzen: "Du kannst was!"
Eine jener Initiativen, die von Fritz Bauer angeregt und entwickelt wurden, ist das Kompetenzanerkennungsverfahren "Du kannst was!". Es richtet sich an Personen, die keinen Lehrabschluss haben, über vielfältige praktische Fähigkeiten verfügen, aber über keine formalen Nachweise wie Zeugnisse. Vorhandene Kompetenzen -ergänzt durch Weiterbildung- können im Projekt durch geeignete Maßnahmen anerkannt und letztlich zu einem Lehrabschluss geführt werden.

 

"Menschen, denen ihr ganzes Leben gesagt wurde, dass sie nichts können, erleben Anerkennung und Weiterbildung. Da wachsen Persönlichkeiten plötzlich in ungeahnte Dimensionen", beschreibt Bauer seine Erfahrungen mit den TeilnehmerInnen. Dass so ein Verfahren im rechtlich besonders schwierigen Bereich der beruflichen Bildung gelungen ist, auch in anderen Bundesländern umgesetzt wird und in Europa als "best practice" gilt, sieht er als Erfolg. Die Anerkennung von Kompetenzen sei ihm zum Herzensanliegen geworden und er wolle dieses Thema auch künftig in verschiedenen Bereichen weitervorfolgen.


Qualitätssiegel für Erwachsenenbildung, Bildungsförderungen und Bildungsberatung
Auch diese drei Themen stehen stark mit Fritz Bauer in Verbindung: Das Qualitätssiegel der oö. Erwachsenenbildung (EBQS) wird an Erwachsenenbildungseinrichtungen verliehen, die vorgegebene Qualitätsstandards erfüllen und ist wiederum Grundlage für Förderungen des Bildungskonto des Landes Oberösterreich. Das Qualitätssiegel wurde im Land Overösterreich schon sehr früh eingeführt und hat in der Szene nicht nur Freude gemacht, berichtet Bauer. Letztlich war es aber Anlass, sich mit Qualität auseinanderzusetzen und sich zu verbessern. 

 

Ähnlich war es mit der Individualförderung der Weiterbildung, die zunächst als Bedrohung der Objektförderung der EB gesehen wurde. Jetzt wird die Individualförderung aber auch von der Fachwelt als wichtiger Bestandteil im Finanzierungsmix der Bildung Erwachsener wahrgenommen. Die Budgets von Bildungskonto und Bildungsbonus sind in OÖ beachtlich, ermöglichen ArbeitnehmerInnen die Beteiligung an Weiterbildung und waren Anreiz für andere Bundesländer. Der breite Ausbau der Bildungsberatung in OÖ im Rahmen des ESF-Projekts des BMUK und der Arbeiterkammer OÖ ist ebenfalls eine Erfolgsstory für Weiterbildungsinteressierte in Oberösterreich.

Innovationen durch Beharrlichkeit erreichen
Bauer betont, dass hinter seinen Erfolgen nie nur seine Einzelleistung, sondern immer Kooperationen, Netzwerken und hervorragende MitarbeiterInnen standen. Die ersten Schritte auf dem Weg zur Umsetzung neue Ideen und Konzepte seien immer die schwierigsten, die oft alleine gegangen werden mussten. Zu Beginn weckten neue Ideen -wie z.B. die Ausgliederung der Volkshochschule aus der AK als gemeinnützige Bildungs-GmbH-  Widerspruch. Stück für Stück konnte er mehr und mehr Menschen für seine Ideen gewinnen, was schließlich zu deren Verwirklichung führte.


Bauer beschreibt die Erwachsenenbildungspolitik insgesamt als Landschaft, in der die Wege lang sind. So dauere es oft mehrere Jahre, bis Ideen realisiert werden könnten. Beharrlichkeit kann ihm als Eigenschaft wohl zugesprochen werden.

 

Erfahrungshorizont wesentlich für Arbeit in der Erwachsenenbildung
Fritz Bauer zufolge ist es für eine Tätigkeit in der Erwachsenenbildung wesentlich, einen Erfahrungshorizont bzw. eine inhaltliche Expertise mitzubringen, die dann in der Erwachsenenbildung umgesetzt werden können. Dann gelte es, sich auf die Menschen einzulassen, sich zu überlegen, wer die Menschen sind, wie sie lernen, was sie brauchen, usw.

 

Auf die Frage, was Bauer jenen mit auf den Weg geben würden, die in die Tätigkeit der Erwachsenenbildung einsteigen, weist er zunächst auf die schwierigen existenziellen Bedingungen für ErwachsenenbildnerInnen hin, resümiert dann aber auch die positiven Seiten des Berufsfeldes: "Emotional ist das ein sehr lohnendes Feld, in dem viele schöne Kontakte zu Menschen entstehen".


Früh übt sich…
Fritz Bauer hat mehr oder weniger sein ganzes Berufsleben im Bildungsbereich verbracht. So habe er schon beim Bundesheer als Ausbildner gearbeitet, berichtet er. Bauer blieb nach dem Studium an der Universität - zunächst im Fach BWL - und hatte dort erste Kontakte mit Erwachsenen- und Weiterbildung, im Bereich der Führungskräftebildung. Ein nächster Schritt war die Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung. Dort hat er Weiterbildungsmodelle entwickelt, umgesetzt und auch dazu publiziert. Schließlich ist er von der Abteilung Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Universität in die Arbeiterkammer gewechselt und war dort auch in verantwortlichen Positionen im Bereich der Erwachsenenbildung tätig, wie etwa der Leitung der Volkshochschulen der Arbeiterkammer, im Verband Oberösterreichischer Volkshochschulen und im EB-Forum OÖ.

 

Viele erwachsenenpädagogische Themen, die bildungspolitisch abgehandelt wurden, sind im Rahmen dieser Tätigkeiten in den Fokus getreten. Jetzt ging es mehr und mehr um die Gestaltung der Rahmenbedingungen von Erwachsenenbildung. Nach seiner Pensionierung im September 2013 übernahm er den Vorsitz im Hochschulrat an der PH Oberösterreich und widmet sich damit verstärkt der LehrerInnenbildung. Kompetenzanerkennung wird aber weiterhin ein Thema für ihn bleiben.

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