Ökonomische Grundbildung für Erwachsene

03.04.2013, Text: Adrian Zagler, Online-Redaktion
Grundbildung rund ums Geld ist eine wichtige Kompetenz im Alltag, sagt ein Forschungsbericht aus Deutschland.
Ob Mietvertrag, Haushaltsbudget oder Gehälter und Honorare: Geld, und alles was damit zusammenhängt, spielt eine wichtige Rolle im Leben der meisten Menschen. Doch nur Wenige sind ausreichend über die Finanzwelt informiert, beklagte kürzlich die Österreichische Nationalbank (OeNB) auf orf.at. Aber gerade jene, die zu wenig wüssten, seien oft nicht bereit, ihre Wissenslücken zu schließen, hieß es. Wie also können ErwachsenenbildnerInnen Angebote ökonomischer Grundbildung derart gestalten, dass sie anziehen anstatt abschrecken? Dieser und anderer Fragen widmet sich das Buch „Ökonomische Grundbildung für Erwachsene“, erschienen im Bertelsmann-Verlag. Es publiziert die Ergebnisse einer Forschungswerkstatt in Deutschland und wirft einen kritischen Blick auf Zielgruppen, Akteure und Angebote ökonomischer Grundbildung. In Österreich präsentierten etwa die Wiener Volkshochschulen, die Nationalbank und die Erste Bank neue Ansätze.

Einkommen zum Auskommen, Auskommen mit dem Einkommen
Häufig zielt ökonomische Bildung darauf ab, Marktprozesse verstehen und voraussagen zu können. In der Erwachsenenbildung, besonders im Bereich der Grundbildung, sind aber andere Schwerpunkte gefordert. Ökonomische Grundbildung für Erwachsene soll Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen und prekäre Lebenssituationen bekämpfen bzw. ihnen vorbeugen, heißt es am Beginn des Berichts aus der Forschungswerkstatt. Und weiter: wirtschaftliche Autonomie ermögliche auch mehr gesellschaftliche Teilhabe und Mitgestaltung und sei daher im Interesse des Staates genauso wie der Einzelpersonen.

Schreckgespenst Finanzwelt
Gleichzeitig schrecken viele Menschen davor zurück, Bildungsangebote im Bereich Wirtschaft und Finanzen anzunehmen. Die deutsche Forschungswerkstatt hat gezeigt, dass mangelnde Motivation sich aktiv zu informieren der stärkste Faktor ist. Aber auch Unsicherheit über die Vertrauenswürdigkeit jener Informationen schreckt Bildungsinteressierte ab. Generell gilt: je dünner das Vorwissen, desto stärker die Hemmungen. So sind laut Forschungsbericht weniger als ein Drittel der potentiellen KursteilnehmerInnen bereit, ökonomische Bildungsangebote wahrzunehmen um eklatante Wissenslücken zu schließen. Finanz-wirtschaftliche Themen gelten allgemein als komplex, schwer verständlich und intellektuell anstrengend. Die WissenschaftlerInnen der Forschungswerkstatt machen deutlich, dass die Zielgruppe erst sensibilisiert, und der Bedarf für ökonomische Grundbildung geweckt werden muss.

Attraktivere Angebote durch mehr Transparenz und Vernetzung
Manchmal scheitert ökonomische Erwachsenenbildung aber auch daran, dass Angebot und Nachfrage nicht auf einander abgestimmt ist, wie dies die Wiener Volkshochschulen anlässlich des Themenschwerpunkts „Besser wirtschaften“ im Jahr 2012 bemerkten. Seit die Volkshochschulen ihre Kursprogramme niederschwellig und transparenter gestalten (siehe Bericht in der ÖVH vom Dezember 2012) und die verschiedenen Standorte ihr Angebot untereinander absprechen, steigen die TeilnehmerInnen-Zahlen in Kursen wie „Buchhaltung“ und „Kostenrechnung & Bilanzierung“. Nebeneffekt der neuen, klaren Kurspläne: Die fachliche Expertise der Lehrenden ist gestiegen.

Finanzcockpit: Abheben statt Bruchlandung
Nicht nur die Wiener Volkshochschulen reagieren. Auch die OeNB will laut orf.at eine Finanzbildungs-Offensive starten: mit dem neuen Online-Tool „Finanzcockpit“. Das Programm simuliert die Entwicklung eines individuellen Anlageportfolios und soll so den Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag verdeutlichen. Die Erste Bank geht einen anderen Weg und erstellt einen Video-Blog unter dem Titel „Auf einen Espresso mit Rainer Münz“. In den weniger als zehn Minuten dauernden Videos erklärt Münz Grundbegriffe und wichtige Themen der Finanzwelt, wie z.B. ob und warum Zypern (nicht) pleite gehen wird. Beide Beispiele zeigen: ökonomische Bildung muss nicht langweilig und kompliziert sein.

Birgit Weber, Iris van Eik, Petra Maier (Hg.), 2013: Ökonomische Grundbildung für Erwachsene. Ansprüche und Grenzen, Zielgruppen, Akteure und Angebote - Ergebnisse einer Forschungswerkstatt. W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld. 78 Seiten, 19,90 EUR. ISBN 978-3-7639-5195-6.
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