Steuerung der Erwachsenenbildung

19.02.2013, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Wie wirkt sich politische Steuerung auf das Tun der EB-Einrichtungen aus? Fünf VertreterInnen aus KEBÖ-Verbänden beschrieben in einer E-Mail-Befragung ihre Eindrücke.
Die Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) ist die Arbeitsgemeinschaft der staatlich subventionierten Erwachsenenbildungseinrichtungen. Die Vorstände und GeschäftsführerInnen der KEBÖ-Verbände wurden im Rahmen der kommenden Ausgabe 18 des Meb (Magazin erwachsenenbildung.at) vom Herausgeber Stefan Vater (VÖV) befragt, wie bildungspolitische Vorgaben ihre Einrichtungen und Verbände betreffen. Fünf der zehn Befragten gaben Antwort: Gaby Filzmoser, ARGE Bildungshäuser Österreichs (ARGE BHÖ), Bernhard Keiler, Ländliches Fortbildungsinstitut (LFI), Angela Bergauer, Ring Österreichischer Bildungswerke (RÖBW), Gerhard Bisovsky, Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV), und Hannes Knett, Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI). - Ein Vorgeschmack auf die kommende Woche erscheinende Ausgabe des Meb zum Thema "Governance", in der die Angaben der Befragten in voller Länge nachzulesen sein werden.

Leistungsvereinbarungen sichern Finanzierung und geben Planungssicherheit
Auf die Frage, welche bildungspolitischen Vorgaben die Arbeit der KEBÖ-Einrichtungen beeinflussen, sind sich die Befragten einig: allem voran stehen die Leistungsvereinbarungen mit dem BMUKK, die eine finanzielle Absicherung über mehrere Jahre bedeuten. Die Leistungsvereinbarungen wirken sich zudem thematisch aus, wie etwa Gaby Filzmoser in ihrem Statement feststellt: "Sie machen uns bewusst, welche Themen dem Bund wichtig sind und welche nicht." Auch die Strategie zum lebensbegleitenden Lernen ist sowohl für das LFI als auch für den RÖBW mehr oder weniger einflussgebend. Die Strategie sei ein wichtiges Thema der öffentlichen Diskussion, meint Angela Bergauer, beklagt jedoch auch, dass die Bundesländer sich zu wenig damit befassten

Idealzustand: bildungspolitische Anliegen stimmen mit Kerngeschäft überein
Hannes Knett wiederum beschreibt in seiner Beantwortung der Anfrage bildungspolitische Vorgaben als Rahmen, der angebotspolitische Überlegungen mit bildungspolitischen Zielen verbinden solle. Der Idealzustand sei, wenn politische Steuerung bzw. bildungspolitische Anliegen das eigene Kerngeschäft unterstützten und damit "bildungspolitischen Rückenwind" gäben. Gibt es diese Übereinstimmung nicht, so lebe man angebotspolitisch in zwei Welten: die Rahmenbedingungen für das bildungspolitische Angebot sind dann andere als jenes im freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Angebotspolitische Mischformen zwischen bildungspolitisch- und marktorientierten Angeboten seien aber die Realität der KEBÖ-Verbände, so Knett.

Von Einzelveranstaltungen zu Curricula und Programmen
Bildungspolitische Rahmungen wie der Nationale Qualifikationsrahmen oder die acht Europäischen Schlüsselkompetenzen für Lebenslanges Lernen werden von den KEBÖ-Verbänden großteils zwar wahrgenommen und mitverfolgt, doch nur wenige Anbieter integrieren die damit verbundenen Anforderungen und Empfehlungen bereits in ihre Angebotspolitik. Durch die Vorgaben sei allerdings das Bewusstsein für Rahmungen und Curricula in der Erwachsenenbildung gestiegen, erläutert Gerhard Bisovsky in seinen Ausführungen. Eine Veränderung von einer Ansammlung einzelner Veranstaltungen hin zu Programmen sei im Gange. Pädagogische Planung erfolge nun mehr entlang gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen und Bedarfe, nicht zwangsläufig verwertungsorientiert.

Qualitätsmanagement (QM) wichtig, aber auch ambivalent
"QM-Systeme normieren und strukturieren", ist Bisovsky unter Verweis auf die Einführung des Ö-Cert überzeugt. Sie unterstützen bei Veränderungsprozessen und erhöhen die Reflexionsfähigkeit der Einrichtung, erleichtern darüber hinaus aber die Integration neuer MitarbeiterInnen. Auch Filzmoser sieht im QM die Vorteile regelmäßiger Reflexion, Audits und institutioneller Weiterentwicklung. Für Bernhard Keiler bietet die vom LFI angewandte ISO-Norm die Möglichkeit, QM „als Chefsache“ zu positionieren, prozessorientiert zu denken und ein besseres Verständnis für die eigenen Kernaufgaben herzustellen. Auch Bergauer steht Qualitätsmanagement positiv gegenüber: Straffung und die Einführung neuer Methoden und Instrumente seien positive Ergebnisse von QM. Für eine professionelle Umsetzung seien allerdings zusätzliche Mittel erforderlich. Bisovsky wiederum bezweifelt, dass QM über die Rahmenbedingungen hinaus die Qualität der Lehr- und Lernprozesse selbst verbessere. Filzmoser kritisiert v.a. die "Schlacht um Qualitätszertifikate", die nur für das Image einer Einrichtung angestrebt würden.

Zwischen Steuerung und Übersteuerung
Für Bergauer ist der Steuerungswunsch der öffentlichen Hand verständlich und im Sinne österreichweit einheitlicher Standards notwendig. Sie sieht aber eine Gefahr der Übersteuerung und Überreglementierung, da die Erwachsenenbildung in Österreich gerade von ihrer Vielfalt an Bildungsangebot und Methodik lebe. "Flexibilität und Freiräume für die konkrete Bildungsarbeit müssen bestehen bleiben", fordert Bergauer. Bisovsky zufolge führt die Steuerung zu einer stärkeren Integration der Erwachsenenbildung in das Bildungssystem. Die Erwachsenenbildung sei damit stärker mit gesellschaftlichen Entwicklungen gekoppelt. Als Beispiele dafür führt er zunehmende Abschlussorientierung und wachsende Zielgruppenorientierung an.

Magazin ab nächster Woche online
"Governance" meint eine neue Art des Regierens in einer komplexer werdenden Welt: Nicht Staat und Markt lenken und steuern, sondern Netzwerke und Gemeinschaften sollen dies tun. Gerade der als non-formal bezeichnete Sektor der Erwachsenenbildung - lange Zeit außerhalb des bildungspolitischen Fokusses gelegen - weist vielfältige Formen der Selbststeuerung auf. Doch das Bild wandelt sich: Bund und Länder nehmen angesichts des Wandels zur Wissensgesellschaft zunehmend Einfluss auf diesen Bildungsbereich und kreieren dafür komplexe Abstimmungs- und Regelungsmechanismen, die Anleihe bei Wirtschaft und Verwaltung nehmen. Die AutorInnen der neuen Ausgabe des "Magazin erwachsenenbildung.at" (Meb) schaffen Bewusstheit für das vielfältige und oft widersprüchliche Wesen der Governance in der Erwachsenenbildung. Sie beschreiben anschauliche Beispiele und nehmen kritische Analysen vor. Ausgabe 18 steht ab Ende Februar kostenlos unter www.erwachsenenbildung.at/magazin zum Download bereit und wird auch als Druckversion zum Selbstkostenpreis von EUR 13,20 erhältlich sein.
Weitere Informationen:
  • Magazin erwachsenenbildung.at
  • KEBÖ