15. Radiopreise der Erwachsenenbildung: Bildung allein ist nichts

30.01.2013, Text: Daniela Savel, Österr. Volkshochschularchiv
Anlässlich der Preisverleihung betonte Festrednerin Olga Flor, dass Bildung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herausführen müsse.
Die Autorin Olga Flor skizzierte in ihrer Rede sehr pointiert und kritisch die aktuelle gesellschaftliche Bildungssituation. So hätte Bildung in Österreich das Image anstrengend und teuer zu sein und es würde auch gefragt, wozu Bildung überhaupt gebraucht werde. Dies beantwortete Frau Flor mit: Bildung allein ist nichts. Es kommt darauf an, was damit gemacht wird. Erst das Erkennen gesellschaftlicher Regeln und des eigenen Selbstbildes können aus gesellschaftlichen Verstrickungen herausführen und Selbstveränderung bewirken. Doch bedarf es dazu des Mutes eigenständig zu agieren. Flors Appell an die öffentlich rechtlichen Rundfunksender den Bildungsauftrag ernst zu nehmen, da sonst die Bildung über kurz oder lang verloren gehe, wurde vom Publikum mit viel Applaus befürwortet.

Bei der Veranstaltung, die am vergangenen Donnerstag im Radiokulturhaus stattfand, machte der Radiodirektor des ORF, Karl Amon, darauf aufmerksam, dass die Situation der JournalistInnen in folgender Hinsicht schwierig sei. So gilt es, als erstes, eine „Story“ zu machen, zweitens einen für die ZuhörerInnen verständlichen Beitrag zu gestalten und drittens mit diesem Beitrag einen Preis – einen Radiopreis – zu gewinnen.
Aus 19 nominierten Radioproduktionen wurden fünf Sendungen mit diesem Radiopreis ausgezeichnet.

In der Sparte „Kultur“ erhielt Martina Jung für „Martinas Buchtipps im April 2012“, ausgestrahlt auf Radio Orange, den Radiopreis. In der monatlichen Sendung „Martinas Buchtipps“ bietet Jung einen unterhaltsamen Zugang zum Lesen. Rezensionen, Textproben und „Mareks Meinungen“ (mit stimmlicher Imitation des Buchkritikers Marcel Reich-Ranicki) sollen den ZuhörerInnen die Welt der Literatur näher bringen und die Freude selbst zu lesen wecken.

In der Sparte „Information“ wurde die Sendung „Körperkult – Tattoos, Piercing, Zunge spalten?“ mit einem Preis ausgezeichnet. Das Team des 1. Schulradios Salzburgs, Akad on Air, widmete sich der Körperkunst. Welche Möglichkeiten gibt es seinen Körper künstlerisch zu gestalten? Wie arbeiten TätowiererInnen? Und wie können unliebsam gewordene Verzierungen wieder rückgängig gemacht werden?

Die Ö1-Hörbilder-Sendung „Der Freiheit eine Gasse. Der Wiener Journalist Benjamin Kewall und sein Revolutionstagebuch aus dem Jahr 1848“ (gestaltet von Günter Kaindlstorfer) wurde in der Sparte „Bildung/Wissenschaft“ (= Eduard Ploier-Preis) für preiswürdig befunden. Das Tagebuch – 2003 in einem Altstoffsammelzentrum in Oberösterreich entdeckt – führt zu den Schauplätzen der Revolution 1848, thematisiert das revolutionäre Engagement der Frauen und die Debatten im Reichsrat.

In der Sparte „Interaktive und experimentelle Produktion“ gab es zwei Nominierungen, doch keine der beiden wurde ausgezeichnet.

Eine weitere Ö1-Produktion erhielt, in der Sparte „Sendereihen/Themenschwerpunkte“, einen Preis und dies bereits zum zweiten Mal: „Journal Panorama“ (geleitet von Elisabeth Vass). Die von Montag bis Freitag um 18.25 ausgestrahlte Sendung (am Freitag unter dem Titel „Europa-Journal“) zeichnet sich durch Schlagzeilen vertiefende Reportagen und Berichte aus. Ziel sollte sein, so Vass in ihren Dankesworten, dass jeder, der diese Sendung regelmäßig hört, weiß was um ihn herum geschieht.

In der Sparte „Kurzsendungen“ wurde der Beitrag „Radio Stimme Straßenbefragung“ (Programmschiene Radio Stimme/Die Sendung der Initiative Minderheiten, unter anderem gesendet auf Radio Orange in Wien), ausgezeichnet. Der Sendungstitel ist wortwörtlich zu nehmen. Straßennamen werden zu einem Gespräch begrüßt, menschliche Stellvertreter für die ausgewählten Straßennamen sollen Fragen zum Beispiel zum Leben ihres Namensgebers beantworten. Und wie geht es einer Straße, die statt des Namens eines Nationalsozialisten nun den Namen einer Widerstandskämpferin trägt?

Elisabeth Vass (Ö1) wies in ihren Dankesworten darauf hin, dass zirka ein Drittel der „Journal Panorama“-Sendungen 2012 von freien MitarbeiterInnen gemacht wurden. Für die „Freien“ sei eine leistungsgerechte Entlohnung anzustreben, so Vass.

Ebenfalls auf die „Freien“ nahm Alexandra Siebenhofer in ihrer Dankesrede Bezug, indem sie auf einen demokratiepolitisch sehr problematischen Umstand aufmerksam machte. Freie Radios sind unabhängig und selbstbestimmt und genießen in ihrer Themenwahl- und behandlung weitestgehende Freiheit. Weitestgehend, da Projekte über Subventionen finanziert werden müssen. Einer offensichtlich parteipolitischen Repression fiel Radio Agora (Kärnten/Koroska & Südsteiermark) zum Opfer: Nachdem die Geschäftsführerin des Radiosenders, Angelika Hödl, heftige Kritik an dem Asylbewerberheim Kärntner Saualm geübt hatte, wurde die geplante Fortsetzung der bestehenden Projektkooperation abgesagt.

Am Bild: 1. Petra Permesser, 2. Alexandra Siebenhofer, 3. Elisa Vass, 4. Martina Jung, 5. Christine Kobler-Viertlmayr, 6. Mirjam Winter, 7. Günter Kaindlstorfer, 8. Alexander Pollak, 9. Gerd Valchars, 10. Astrid Plank, 11. Cornelia Krebs; Weitere Radio Stimme-Redaktionsmitglieder links im Bild, rechts im Bild die Gruppe Akad On Air (Schüler/innen des WS 2011/12 des Akademischen Gymnasiums Salzburg)
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