Handeln ist hilfreicher als Reden

11.03.2013, Text: Lukas Wagner, Online-Redaktion
Thomas Schmidt stellt mit "Real Life Training" Methoden vor, um Handlungs- und Praxisbezüge in den Seminarraum zu holen.
In seinem neuen Buch stellt der Organisationsentwickler und Trainer Thomas Schmidt (D) Methoden vor, um "die Realität" in Seminarräume zu holen. Durch Arbeit nahe an der Praxis der TeilnehmerInnen sollen diese das Erlernte direkt in ihren Alltag mitnehmen können. Um diese Realität in den Seminarraum zu holen, hat Thomas Schmidt in seinem Buch unterschiedliche Techniken und Methoden gesammelt. Viele dieser Methoden sind in der Technik des Psychodramas verwurzelt. Nach dem Motto "Handeln ist hilfreicher als Reden" setzt Schmidt Rollenspiele, leere Stühle und Aufstellungen im Raum ein.

Real Life Training als Methodeninventar für Praxisbezüge
Real Life Training ist für Schmidt ein Überbegriff für die Kombination verschiedener Techniken, die ein möglichst praxisnahes Seminar gestalten sollen. Real Life Training umfasst mehrere auf Englisch bezeichnete Bereiche, nämlich Real Life Opening, Real Life Exercises, Real Life Coaching, Real Life Scenarios und Real Life Development. Abschnitt für Abschnitt werden diese Bereiche beschrieben, wobei das Kapitel Real Life Coaching mit Abstand das Umfassendste ist. Schmidt stellt die einzelnen Techniken sehr ausführlich vor. Begleitet werden die Beschreibungen immer von Bildern bwz. graphischen Darstellungen und auch einer Liste der Indikationen für eine bestimmte Technik und den möglichen Stolperfallen in der Ausführung. Im ersten Kapitel Real Life Training etwa wird erfasst, wie bereits vor dem Seminar der Grundstein für einen guten Start gelegt werden kann. Der Autor betont vor allem die umfassende Vorbereitung durch Befragung der TeilnehmerInnen sowie etwaiger Stakeholder.

What's in it for me? Sinn herstellen
Zu Beginn des Seminars wird die Basis für die erfolgreiche Zusammenarbeit geschaffen. Gerade zu diesem Zeitpunkt muss der Trainer/die Trainerin die Frage der TeilnehmerInnen, nämlich "What's in it for me?" überzeugend beantworten können. Es gilt einen Bezug zur Arbeitswelt herzustellen und dem Seminar somit "Sinn" zu geben. Als Einstiegsmethode nennt Schmidt beispielsweise die Soziometrie, bei der sich die TeilnehmerInnen zu bestimmten Fragen im Raum positionieren.

Real Life Exercises: Schlüsselfragen reinholen
Im Abschnitt zu den "Real Life Exercises" geht es darum, wie das Thema des Seminars zunehmend lebendig wird - bevor im anschließenden Kapitel die intensiven und persönlicheren Methoden vorgestellt werden. Real Life Exercises holen relevante Schlüsselthemen in den Seminarraum, ohne dass die TeilnehmerInnen bei der Bearbeitung der Themen zu viel von sich preisgeben müssen. Ein Beispiel hierfür wäre sogenannte Mini Cases, also kurze Fallstudien. Hierbei werden Situationen von der Gruppe nachgespielt, reflektiert und die TeilnehmerInnen lernen den Umgang mit Feedback. Mit einfachen Übungen wird ein persönlicher Bezug hergestellt und eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen TrainerIn und TeilnehmerInnen aufgebaut.

Real Life Coaching: Individuelle Fallarbeiten
Im Real Life Coaching werden persönliche Anliegen der SeminarbesucherInnen individuell bearbeitet - ohne dabei die Gruppe aus den Augen zu verlieren, die laut Schmidt von einer derartigen Fallarbeit  (s.o.) auch immer profitieren kann. Diese Fallarbeit ist tiefgehender als die Mini Cases - die persönliche Ebene wird in den Vordergrund gerückt. Anliegen wie "Wieso setzen MitarbeiterInnen meine Anweisungen nicht um?" oder "Wieso verliere ich so leicht meine Nerven?" begegnet der Autor mit einer Fülle an unterschiedlichen Methoden. Der Autor erklärt die unterschiedlichen Techniken umfangreich und mit Bildern, wobei in den Erklärungen auch immer ein fiktives Beispiel behandelt wird, um die Umsetzung deutlicher zu machen. Zu den beschrieben Methoden gehört beispielsweise der gespielte Rollentausch, um mehr Einfühlungsvermögen für eine Person zu entwickeln oder ein Problem aus einer anderen Sichtweise kennenzulernen.  Hier wandelt sich das Seminar zu einer Coachingeinheit. Schmidt betont ausdrücklich, dass diese Techniken nur von erfahrenen Coachs durchgeführt werden sollten.

Real Life Scenarios
Im vorletzten Kapitel beschäftigt sich der Autor mit der Planung von maßgeschneiderten Rollenspielen. Schmidt erklärt wissenschaftlich wieso Rollenspiele so effektiv, aber auch in Unternehmen so unbeliebt sind. Auf wenigen Seiten beschreibt er die Leitung von Rollenspielen im Sinne des Real Life Trainings sowie deren Auswertung - ein Abschnitt, der leider relativ kurz ausfällt. Ähnlich kurz ist leider auch der letzte Teil des Buches, Real Life Development. Schmidt beschreibt hier den Transfer von Trainings in den Alltag, also die Nachhaltigkeit der Personalentwicklung. Dem Kapitel widmet er jedoch nur vier Seiten - der Argumentation des Autors folgend ist nicht mehr notwendig, da Real Life Training so nahe am Alltag ist, dass der Transfer automatisch erfolgt.

Der Autor
Thomas Schmidt ist Diplom-Psychologe und Diplom-Pädagoge, systemischer Coach, Kommunikationstrainer, Psychodrama-Leiter und Organisationsentwickler.

Schmidt, Thomas (2013): Real Life Training - Wie Sie die Realität in den Seminarraum holen. managerSeminare Verlags GmbH. ISBN: 978-2-941965-50-8, EUR 49,90.
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