Das Geld der Anderen

16.01.2013, Text: Lukas Wagner, Online-Redaktion
Crowdfunding nennt sich die Finanzierung von Projekten durch eine Community. Einige Bildungsprojekte wurden bereits so finanziert.
Crowdfunding meint die Finanzierung von Projekten durch die "Crowd", durch Personen bzw. Unternehmen, die eine Idee unterstützungswürdig finden. Es können Geldbeträge in fixer Höhe gespendet werden, von kleinen Beträgen bis hin zu mehreren tausend Euro. Als "Gegenleistung" werden ideelle oder materielle Geschenke vergeben. Diese Geschenke können ein einfaches öffentliches Dankeschön sein, als auch eine persönliche Widmung und Erwähnung auf der Website des Projekts.

Von der Idee zur Umsetzung
Nach der Konkretisierung einer Idee wird diese auf einer Crowdfunding-Plattform mittels Video und Text der Öffentlichkeit präsentiert. Dazu wird ein finanzieller Rahmen für die Umsetzung des Projekts angegeben. Dieser muss erreicht werden, um die Idee zu finanzieren. Unterstützende können dann Geldbeträge per Klick spenden, bis das Finanzierungsziel erreicht ist. Der Zeitrahmen für ein Projekt bewegt sich meist zwischen 30 und 90 Tagen - sollte in dieser Zeit eine Finanzierung nicht erreicht werden, wird das gesamte Geld rücküberwiesen. Im Crowdfunding gilt also das "Alles-oder-Nichts"-Prinzip. Sollte das Projekt erfolgreich sein, wird das Geld an die ProjektleiterInnen ausgezahlt, natürlich erst nach Abzug der Provision für die Crowdfunding-Plattform.

Projektbeispiele im Bildungsbereich
Wo findet Crowdfunding im Bildungsbereich Anwendung? Ein Beispiel wäre das erfolgreich finanzierte Projekt "Mobiles Museum" in Berlin. Die Künstlerin und Kulturpädagogin Ivana Scharf wollte möglichst vielen SchülerInnen Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen. Ihre Projektidee: Ein mobiles Atelier würde die Kunst direkt in die Schulen bringen und Jugendlichen die direkte Auseinandersetzung mit künstlerischen Mitteln erlauben. Das Projekt wurde erfolgreich durch die Crowd finanziert. In der Schweiz wurde das Konzept Stipendia über die Plattform 100-days.net vorgestellt und von 23 Personen unterstützt. 1523 CHF (ca. 1240€) sind so gespendet worden, um die Idee eines europaweiten Stipendien-Suchsystems zu realisieren.

L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien
Das Projekt "L3T - Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien" - über das wir bereits mehrfach berichteten - startete 2011 einen der ersten Crowdfunding-Versuche im österreichischen Bildungsbereich. L3T ist als offenes Lehrbuch gestaltet und frei im Internet verfügbar. Bei der Erstellung arbeiteten über 100 AutorInnen an den unterschiedlichen Artikeln. Dadurch war es notwendig die umfassenden Literaturlisten zu überarbeiten und zu vereinheitlichen.  Um dieses Vorhaben zu finanzieren, wurde auf der Crowdfunding-Plattform startnext.de das Projekt "L3t Literaturliste" gestartet. Ziel war es, 280 EUR zu sammeln, um die Literaturliste extern überarbeiten zu lassen. Die Kampagne wurde in diversen Social-Media Kanälen umfassend beworben und konnte erfolgreich beendet werden - somit war L3T im Bildungsbereich in Österreich ein Crowdfunding-Vorreiter. Julia Kaltenbeck hat diesen Vorgang detailliert in Band 1 der Reihe "Beiträge zu offenen Bildungsressourcen" unter dem Titel "Crowdfunding und Social Payments im Anwendungskontext von Open Educational Ressources" beschrieben.

Schulbuch-O-Mat
Mitte November ist auf der Plattform startnext.de das Projekt Schulbuch-o-Mat gestartet. Ziel ist es, ein komplett freies, offenes Schulbuch für die 7./8. Klasse (in Deutschland) für das Fach Biologie zu erstellen. Dieses Buch wäre dann als freies E-Book für alle LehrerInnen und SchülerInnen verfügbar. Innerhalb von zwei Tagen waren zum Zeitpunkt der Recherche schon mehr als 1.000 EUR gespendet worden, das Ziel liegt bei 10.000 EUR.

Eigene Crowdfunding-Plattformen für den Bildungsbereich
Zwei Plattformen aus dem englischsprachigen Raum haben sich ausschließlich dem Bildungsbereich gewidmet. Funding4Learning ermöglicht es Personen, ihre Aus- bzw. Weiterbildung durch die Crowd finanzieren zu lassen. Lernende können sich auf dieser Plattform präsentieren und die Crowd um finanzielle Unterstützung bei ihrer (Fort-)Bildung bitten. Sponsorcraft hat sich ebenfalls dem Bildungsbereich verschrieben. Bei dieser Crowdfunding-Plattform können ausschließlich Projekte aus dem Bereich Bildung eingestellt werden. Auch hier wird die Idee mittels einem kurzen Videos und einem Text vorgestellt, mit kleinen Belohnungen, je nach Spendenbetrag versehen und anschließend möglicherweise durch die Crowd finanziert. Beide Plattformen sind momentan im deutschsprachigen Raum nicht verfügbar - sie können zwar besucht werden, es können jedoch keine Projekte mit Sitz in Deutschland bzw. Österreich eingestellt werden. Eine Erweiterung in nächster Zeit ist jedoch geplant.

Spende als Feedback
Crowdfunding bietet zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Finanzierungsmodellen, vor allem wenn es um ein einmaliges Projekt geht. Durch Crowdfunding kann Unabhängigkeit von Förderungen erreicht werden, die Zielgruppe eines Projektes wird direkt angesprochen. Mit unmittelbarem Feedback der Crowd kann die Idee laufend verfeinert werden. Auch erlaubt Crowdfunding eine Art von Empowerement - allen Personen wird die Möglichkeit gegeben, Teil einer Idee oder Vision zu sein und maßgeblich mitzuwirken. Networking und das Erschaffen einer Community sind direkte Teile des Crowdfunding-Prozesses und binden somit die Zielgruppe auch gleich an die Idee.

Grenzen der Crowd
Jedoch ist auch Crowdfunding nicht ohne Nachteile, sowohl für die UnterstützerInnen, als auch für den AntragstellerInnen. Die Nachteile bestehen vor allem in der schwierigen Nachkontrolle der Geldflüsse. Auch wenn der Initiator / die Initiatorin verspricht den, gespendeten Geldbetrag zweckgebunden zu verwenden, kann dieses Versprechen durch die Crowd nicht kontrolliert werden. Wenn das Projekt verwirklicht wird, kann davon ausgegangen werden, dass das Geld für die Realisierung verwendet wurde - verschwindet jedoch ProjektleiterIn und das Geld, ist letzteres unwiederbringlich verloren. Für ProjektinitiatorInnen besteht zudem ein großes Problem in der Konkurrenz zwischen den einzelnen Anträgen auf einer Plattform. Ein Antrag lebt vor allem durch seine audiovisuelle Aufbereitung, also durch das Vorstellungsvideo und den Text bzw. durch die Social-Media-Affinität der AntragstellerInnen. Somit kann es auch passieren, dass ausgezeichnete Ideen nicht erfolgreich finanziert werden, da die Präsentation nicht ansprechend genug war.

Ausblick
Momentan ist Crowdfunding in Österreich noch nicht sehr weit verbreitet. Jedoch nimmt die Bekanntheit des Modells zu, erste Versuche im Bildungsbereich in Deutschland und Österreich wurden bereits erfolgreich durchgeführt. Die amerikanische Plattform kickstarter.com durchbrach 2011 die  Grenze von 100 Millionen Dollar Finanzierungen - eine Grenze, von der der deutschsprachige Raum noch weit entfernt ist.
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