Eine Auszeichnung wirkt fort

02.05.2012, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
In wenigen Tagen beginnt die Einreichfrist zum Staatspreis für Erwachsenenbildung 2012. Was wurde aus den PreisträgerInnen des Vorjahres?
Vor rund einem halben Jahr, am 14. November 2011 wurden von Bildungsministerin Claudia Schmied die Österreichischen Staatspreise für Erwachsenenbildung 2011 in vier Kategorien vergeben. Wir fragten die PreisträgerInnen fünf Monate nach dem Erhalt der Auszeichnung, was sich durch den Preis für sie verändert hat. Wie wirkt ein Staatspreis weiter?

Rückenstärkung für weitere Verhandlungen
Walter Hotter, seit 1996 Referent in der bildungspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer Tirol und "Erwachsenenbildner 2011"setzt sich für eine anbieterunabhängige, institutionenübergreifende, kostenlose und qualitativ hochwertige Bildungs- und Berufsberatung ein, die allen Ratsuchenden ohne Zugangsbarrieren offen steht. Die Auszeichnung mit dem Staatspreis  gäbe ihm Rückhalt für seine Tätigkeit, erzählt Hotter. Sowohl innerhalb der eigenen Organisation wie auch nach außen hin sei dies spürbar. Hinsichtlich des Tiroler Beratungsnetzwerks "Bildungsberatung Tirol" blickt er in die Zukunft: "Die Herausforderung wird sein, eine dauerhafte Struktur für die Zeit nach der ESF-Projektförderperiode ab Anfang 2014 zu entwickeln und die weitere Finanzierung zu sichern. Dies wird Überzeugungsarbeit beim Land Tirol erfordern. Dafür ist der Staatspreis eine gute Rückenstärkung".

Hoffen auf Erleichterung in der Akquise und im Fundraising
Das Bildungsfestival "Tage der Utopie" versucht, Perspektiven für eine wünschenswerte Zukunft zu präsentieren und gemeinsam zu erarbeiten. Zentraler Ansatz des Festivals ist, die Kritik an bestehenden Verhältnissen in konstruktive Zukunftsbilder einzubauen und weiterzudenken. Dies war der Staatspreisjury im Vorjahr eine Auszeichnung in der Kategorie "Innovation" wert. "Die Auswirkungen der Auszeichnung sind innen wie außen zu beobachten", sind sich die Veranstalter Josef Kittinger, Bildungshaus St. Arbogast, und Hans-Joachim Gögl, Strategie und Kommunikation GmbH, einig. "Im Team herrscht große Freude über die Auszeichnung. Unsere MitarbeiterInnen sind stolz, dass unsere Arbeit von der Öffentlichkeit so wertgeschätzt wird. Das bringt zusätzliche Motivation", meint Kittinger. "Der Staatspreis ist für uns die bedeutendste Auszeichnung, die man als Festival bekommen kann. Abgesehen von der Freude darüber innerhalb des Teams begegnet man uns mit großer Wertschätzung und Respekt", schildert Gögl die Reaktionen der Umwelt auf die Auszeichnung. Für die Organisation der nächsten Tage der Utopie, die 2013 stattfinden werden, erhoffen sich die Veranstalter durch die Prämierung eine Erleichterung in der Akquise geeigneter ReferentInnen, Sponsoren und Partner.

Stärkung und Motivation des Teams
Das Patenschaftsprojekt "connecting people" der Netzwerkorganisation Asylkoordination Österreich schult Personen, die ehrenamtlich eine Patenschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge übernehmen wollen. Ein auf acht Abendmodulen aufbauender Grundkurs macht die PatInnen mit verschiedenen Facetten und Rahmenbedingungen vertraut, die das Leben der jugendlichen Flüchtlinge prägen, liefert Basisinformationen über ihre rechtliche und soziale Situation, zu interkultureller Kommunikation, zu Flucht, Trauma und den häufigsten psychischen Belastungen Adoleszenter mit Fluchterfahrung. Der Grundkurs und die daraus resultierenden Patenschaften stellen eine äußerst erfolgreiche Leistung dar, die von der Jury im Vorjahr im Themenschwerpunkt "Freiwilligentätigkeit in der Erwachsenenbildung" mit dem Staatspreis gekürt wurde. Projektkoordinator Klaus Hofstätter berichtet rückblickend über die Auszeichnung: "Der Staatspreis ist für unser Projekt ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg: Wir erinnern uns gerne an die Auszeichnung. Sie motiviert uns und zeigt uns, dass sich unsere Arbeit auszahlt und von außen - auch von einer Fachöffentlichkeit - wertgeschätzt wird." Trotz der stärkenden Wirkung sei es insgesamt aber nach wie vor schwierig, ausreichend finanzielle Ressourcen, u.a. in Form von Spenden, aufzutreiben, trotz einer schlanken Projektstruktur und der ehrenamtlichen Arbeit der PatInnen.

Erwachsenenbildung seit 1984 als Wissenschaft und Praxis etabliert
Werner Lenz, der für eine Stellungnahme leider nicht erreichbar war, wurde für sein wissenschaftliches Gesamtwerk ausgezeichnet. Er ist Wissenschafter von internationaler Reputation und kann als eine der zentralen Figuren der universitären Erwachsenenbildung in Österreich bezeichnet werden. Seit seiner Berufung zum Professor für Erziehungswissenschaften und Leiter der Abteilung Erwachsenenbildung des Instituts für Erziehungswissenschaften an der Universität Graz im Jahr 1984, engagierte sich Lenz stark für die Etablierung der Erwachsenenbildung als Wissenschaft. Mit einem kritischen Blick betrachtete Werner Lenz stets die Gesellschaft sowie Fragen zur Bildung und zum lebenslangen Lernen. So findet sich auch in seinem jüngsten Buch "Bildung. Eine Streitschrift", erschienen 2012 im Löcker-Verlag, ein hohes Maß an Gesellschaftskritik und Rüge am österreichischen Bildungssystem, gepaart allerdings mit einem ermutigenden Plädoyer, den Menschen zu achten. Lenz emeritiert noch heuer von seiner Professur.

PreisträgerInnen ermutigen zur Einreichung
Schon in wenigen Tagen, am 4. Mai beginnt die Einreichfrist für den Staatspreis für Erwachsenenbildung 2012. Mit der Ausschreibung und Bekanntgabe der Einreichkategorien an diesem Tag beginnt die Frist zu laufen. Was geben die PreisträgerInnen des Vorjahres jenen mit, die sich 2012 um den Staatspreis bewerben möchten? "Mut zur Einreichung!", lautet die einstimmige Antwort der Gekürten. "Man kann nichts verlieren - im Gegenteil: man kann nur gewinnen dabei. Zumindest kann man einmal die eigene Arbeit unter einer anderen Perspektive betrachten und reflektieren", ermutigt Klaus Hofstätter österreichische ErwachsenenbildnerInnen zur Einreichung. Auch Josef Kittinger bestätigt: "Die Einreichung beflügelt und energetisiert die eigene Arbeit. Man sollte es einfach wagen!" Zudem sieht Kittinger in der Einreichung die Möglichkeit einer Standortbestimmung der eigenen Arbeit, sie zu reflektieren und wertvolle Aspekte zusammenzufassen, zu beschreiben sowie eine fachkundige Rückmeldung von außen auf das eigene Tun zu erhalten. Kittinger und Gögl rufen auf zur Offenheit für neue Formate der Begegnung, zum Ausprobieren und zur Experimentierfreude, um schließlich neue, spannende Lernumgebungen anbieten zu können. Für Walter Hotter ist der Staatspreis ein bedeutsames Mittel, um den Wert der eigenen Arbeit auch auf Landesebene sichtbar zu machen: "Die Erwachsenenbildung soll ein Thema auf der Agendenliste der Bundesländer bleiben!"
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