Handbuch: Management in der Weiterbildung

18.05.2012, Text: Daniela Ramisch, Online-Redaktion
Als Grundlagenwerk und Werkzeugkoffer in einem bietet das Handbuch eine übersichtliche Orientierung zum Bildungsmanagement.
Ö-Cert, der Qualitätsrahmen für die österreichische Erwachsenenbildung, ist in aller Munde - wir berichteten. Doch nicht nur die Frage der Qualitätssicherung beschäftigt die BildungsmanagerInnen in den Einrichtungen, sondern auch jene nach der zielgerichteten Ausrichtung ihrer Aktivitäten, nach Programmprioritäten, Personalführung und Marketing. Für dies alles und noch mehr haben Rainer Zech - bekannt geworden mit dem verbreiteten System "Lernerorientierte Qualitätstestierung" (LQW®) -  und einige MitarbeiterInnen 2010 ein Handbuch zum Weiterbildungsmanagement im Beltz-Verlag vorgelegt, das noch immer zu den neueren Erscheinungen im Themenkreis gehört.

Von Grundlagen über Praxis bis Reflexion
Das dreiteilige Basiswerk ist für ManagerInnen von Bildungsinstitutionen, die sich gerne auf praktische Art mit den wichtigen Hintergrundinformationen und den verschiedenen Instrumenten des Managements auseinandersetzen wollen. Der erste Teil handelt von der Theorie zum weiterbildungsspezifischem Management. Im Anschluss besprechen die AutorInnen die Formen des Managements von Konflikt-, über Wissens- bis hin zu Qualitätsmanagment mit Hilfe von grafischen Darstellungen und 90 konkreten Instrumenten für die Praxis. Eine Reflexion zum lernenden Management findet man im letzten Teil des Handbuchs.

Weiterbildungsorganisationen sind Wissensorganisationen
"Eine Wissensorganisation ist ein Unternehmen, das Wissen und Können in immaterielle Leistungen transferiert, die es anderen gestatten, ihre Probleme besser lösen zu können" konstatiert Rainer Zech, der auch Gründer von ArtSet® ist. In Wissensorganisationen arbeiten sogenannte  WissensarbeiterInnen, die von ihrem Fachwissen beruflich leben. Die Qualität der Organisation hängt somit stark von der Aktualität dieses Fachwissens ab. Da die Wissensorganisation sich durch ihre MitarbeiterInnen auszeichnet, soll ein partnerschaftliches Führungsverhältnis angestrebt werden, ist dem Buch zu entnehmen. In weiterer Folge beschäftigt sich das Buch besonders mit der guten Weiterbildungsorganisation. "Gute Weiterbildungsorganisationen zeichnen sich insgesamt dadurch aus, dass sie ein lebenslanges Lernen nicht nur für ihre Kunden, sondern für sich selbst als Unternehmen praktizieren". Unterstützung für die Entwicklung einer guten Weiterbildungsorganisation lassen sich im Werkzeugkoffer des Buches finden.
 
Beispiel: Visionsentwicklung mit Kettenbrief
Aus der Fülle an Methodenvorschlägen für das Management seien hier einige per Zufall herausgegriffen. Der Kettenbrief beispielsweise ist ein praktisches Instrument um gemeinsam Visionen zu entwickeln. Die Führungskraft beginnt und beantwortet Fragen zur Visionsentwicklung, die das Handbuch stellt, und notiert sie mit Hilfe des PCs in ein Dokument. Dabei nimmt sie eine Zukunftsperspektive von in 10 Jahren ein und sammelt zum Beispiel Antworten zur Frage, worin die besondere Kraft der Einrichtung liege. Damit fertig, sendet sie das Dokument an die nächste MitarbeiterIn, die die Antworten um ihre eigenen Ideen ergänzt. Dieser Ablauf wird solange fortgeführt, bis alle MitarbeiterInnen bzw. das betroffene Visionsteam die Gelegenheit hatten, ihre Anregungen schriftlich in das vorhandene Textmaterial einzubringen. Alle Zwischenergebnisse bleiben erhalten und zum Schluss können bei Bedarf Ideen wieder aufgegriffen werden.
 
Beispiel: Konfliktkulturpass
Zur Einschätzung der Konfliktkultur im eigenen Unternehmen eignet sich der Konfliktkulturpass. Mit seiner Hilfe kann die ManagerIn herausfinden, ob im eigenen Unternehmen eine konsensorientierte, eine harmonieorientierte, eine konfliktvermeidende, eine offene aggressive oder eine erstarrte Konfliktkultur herrscht. Die grafische Darstellung der Konfliktkultur ist aufgrund der gewonnenen Informationen möglich und kann zur Kommunikation über weitere Schritte verwendet werden.

Beispiel: Fragebogen zur Herausarbeitung latenter Organisationsregeln
Besonders interessant erscheinen die folgenden Fragen um die unausgesprochenen Spielregeln im Unternehmen zu entlarven: "Wie wird in unserer Organisation Missfallen ausgedrückt?", "Wie wird mit abweichenden Meinungen umgegangen?", "Worauf kann man sich bei uns verlassen?", "Was klappt bei uns so gut wie nie?", "Wer ist der größte `Bremser`?", "Worin besteht unser Gruppenzwang?" oder auch "Was muss man tun um sich bei allen unbeliebt zu machen?". Die ManagerIn kann mit diesem ausführlichen und etwas ungewöhnlichen Fragebogen viel über die ungeschriebenen Regeln und Gesetze in der Weiterbildungsinstitution erfahren.

Das lernende Management in der Weiterbildung
Aus vermeintlichen Fehlern, aus der Vielfalt der Beschäftigten und von positiven AbweichlerInnen zu lernen ist das Credo des lernenden Managements. "Erreiche, dass alle gern arbeiten gehen" ist eines der erklärten Ziele, die im Buch dargestellt werden. Mit dem Instrument des ArtSet©-Management-Sextanten gelingt laut Zech ein umfassender Blick auf Veränderungsbedarfe in der Organisation. Beim Sextanten handelt es sich ursprünglich um ein optisches Messinstrument, das eigentlich aus der Seefahrt stammt und zum Navigieren eingesetzt wurde. Die 17 zuvor im Buch beschriebenen Managementbereiche werden bei der Arbeit mit dem Management-Sextanten noch einmal aufgegriffen und einzeln bewertet, inwiefern sie auf die Organisation zutreffen. Eine Frage aus dem Bereich Zeitmanagement etwa lautet: "Werden entsprechend den angestrebten Zielen die nötigen Ressourcen geplant und zur Verfügung gestellt?" Die AutorInnen empfehlen den Sextanten jährlich als Messinstrument einzusetzen um dann Veränderungsprozesse aufzumachen.

AutorInnen
Prof. Dr. Rainer Zech ist Diplompädagoge der Erwachsenenbildung und Mitglied der Geschäftsführung von ArtSet®.Seine Forschungsschwerpunkte sind Organisation, Innovation, Bildung, Persönlichkeit und Beratung. ArtSet® beschreibt sich selbst als Institut für kritische Sozialforschung und Bildungsarbeit und als "ein Netzwerk aus unterschiedlichen Kompetenzen, eine Landkarte mit den Hauptstädten Wissenschaft, Kunst, Bildung und Beratung". Das Unternehmen erforscht Entwicklungsprozesse von Individuen und Organisationen und ist im Bereich der Qualitätsentwicklung u. a. für Weiterbildungsorganisationen tätig. Die weiteren AutorInnen: Falko von Ameln ist Diplompsychologe mit den Schwerpunkten Organisations- und Sozialpsychologie. Fabian Brückner ist Sozial- und Organisationspädagoge. Claudia Dehn ist soziale Verhaltenswissenschafterin und Marketing- Kommunikationswirtin. Friderike Erhart ist Diplompädagogin mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Gernold Grüning ist Diplomkaufmann. Dr. Karin-Hagedorn ist Erwachsenenbildnerin.


Rainer Zech (2010):
Handbuch Management in der Weiterbildung. Weinheim: Beltz Verlag. 531 Seiten, Hardcover, EUR 78,--, ISBN 978-3-407-36492-0
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