"Gerade Ältere sind prädestiniert, sich globalen Fragen zu widmen"

30.03.2012, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Andrea Sommerauer gibt Auskunft über Ziele, Inhalte und Hintergründe des Workshops "Global Generation" am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung. (Serie: EU-Jahr 2012, 5)
Aktives Altern und Globales Lernen werden im dreitägigen Workshop "Global Generation" am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (16.-18. April 2012) miteinander verknüpft. Die Redaktion befragte Initiatorin und Co-Veranstalterin Andrea Sommerauer, Südwind Agentur, zu Hintergründen und Zielen der Veranstaltung und was TeilnehmerInnen erwartet.

Wie kam es zur Idee, eine Veranstaltung zu organisieren, die zwei selten miteinander verbundene Themen - Aktives Altern und Globales Lernen - inhaltlich zusammenbringt?
Unsere globalisierte Welt gibt allen Generationen eine Menge zum Lernen auf. Alle Menschen, auch die, die im dritten und vierten Lebensalter sind, haben das Recht auf einen Platz in der Gesellschaft. Die Möglichkeit der Partizipation setzt jedoch ein Verständnis für die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse voraus. Hier geht es immer noch um einen Erwerb von Wissen und um die emotionale Berührung mit der Thematik - beides schafft Voraussetzungen, Situationen oder Sachverhalte zu durchschauen und darauf adäquat reagieren zu können. Immer wichtiger wird jedoch der Erwerb von Kompetenzen, sich in dieser Welt zurechtzufinden. Das bedeutet zum Beispiel: Wie komme ich an Informationen, wie bediene ich die Technik dazu, aber auch wie bewältige ich die Flut an Informationen? Hier bietet sich das Konzept des Globalen Lernens geradezu an: Spielerisch und mit allen Sinnen, gemeinsam und voneinander lernen, altersadäquat und unter globalen Gesichtspunkten - das ist hier alles mitgemeint.

Was erwartet die TeilnehmerInnen bei dieser Veranstaltung?
Inhaltlich werden wir uns mit dem eigenen Lebensweg genauso beschäftigen wie mit dem anderer. Migration und Partizipation werden eine Rolle spielen, ebenso Globalisierung und die Verteilung von Reichtum und Armut in unserer globalisierten Welt. Die UNO hat ja weltweit einen ambitionierten Plan formuliert, diese ungerechte Verteilung zu Gunsten der vielen Armen zu verändern. Elisabeth Kasbauer von der Österreichischen Stiftung Weltbevölkerung wird uns über die Hintergründe dieser Ziele, deren Inhalt sowie den aktuellen Stand informieren. Methodisch versuchen wir so vielseitig wie möglich zu sein: Ausgehend von einem biografischen Ansatz werden wir uns den Themen etwa über Einzel-, Paar- und Gruppenarbeiten nähern, setzen Spiele, das Internet und Ausstellungsmaterial ein oder gehen miteinander spazieren. Wir haben eine Reihe von Methoden und Materialien im Gepäck, die wir den Teilnehmenden vorstellen und die diese auch mitnehmen können. Außerdem wurden im Rahmen des Projekts "Global Generation", das einen zentralen Ausgangspunkt zu diesem Workshop bildet, Lehrmaterialien speziell für die primäre Zielgruppe entwickelt.

Warum sollte man sich im Alter mit globalen Fragestellungen auseinandersetzen?
Forschungen zeigen, dass mit zunehmendem Alter Merkfähigkeit und Geschwindigkeit beim Lernen abnehmen, dass aber im Gegenzug aufgrund von Erfahrungswissen die Einordnung von neuen Lerninhalten leichter fällt, dass Urteilsvermögen und Genauigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein und menschliche Reife zunehmen. Das bedeutet, dass gerade Ältere prädestiniert sind, sich globalen Fragestellungen zu widmen. Den Enkeln eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, könnte ein Anknüpfungspunkt für Globales Lernen sein, erfahrungsbasierter Umgang mit Nahrungsmitteln, Kleidung und anderen Konsumgütern ein anderer, der Wunsch nach einer friedlichen Welt auf Basis der Erfahrungen im Nachkriegsösterreich ein dritter. Prognosen sagen einen deutlich zunehmenden Bedarf an Bildungsangeboten in der nachberuflichen Phase voraus. Diesem könnte mit einem guten Angebot von Globalem Lernen Rechnung getragen werden - gerade weil der Anteil der über 60-Jährigen an der Weltbevölkerung sich bis zum Jahr 2050 gegenüber der Jahrtausendwende auf über 20 Prozent verdoppelt haben wird, wenn die Prognosen eintreffen.

Wann würden Sie die Veranstaltung als gelungen bezeichnen?
Ziel ist, den Teilnehmenden Möglichkeiten zu eröffnen, globale Fragestellungen in ihrem Tätigkeitsfeld einzusetzen, ohne dass es aufgesetzt wirkt oder zu kompliziert ist. Wir können uns nicht vor der Globalisierung verstecken. Die Frage ist nur, wie kann ich dieses Faktum des Globalen im Lokalen vermitteln und die Angst vor einer Veränderung nehmen, die längst im Gange ist? Dazu möchten wir den Teilnehmenden Handwerkszeug mitgeben. Wenn jede und jeder Teilnehmende am Ende des Tages für sich eine dieser Möglichkeiten der Anwendung sieht, halte ich die Veranstaltung für gelungen. Im Übrigen finde ich es wichtig, dass die Veranstaltung auch währenddessen für alle Beteiligten lustvoll und anregend bleibt. Lernen darf und soll Spaß machen.

Mag.a Andrea Sommerauer
Andrea Sommerauer leitet die Südwind-Regionalstelle in Innsbruck und das Projekt "Global Generation" in Österreich. Sonstige Schwerpunkte: Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, nebenberuflich Zeithistorikerin.
Weitere Informationen:

 


Serie: Europäisches Jahr 2012