"Ich wollte immer schon helfen im Sinne der Selbsthilfe"

18.11.2011, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Staatspreis-Gewinner Walter Hotter über seinen Beratungsansatz, Forderungen an die öffentliche Hand und Zukunftsvisionen.
Der Bildungsreferent und Bildungsberater Mag. Walter Hotter wurde am 14. November 2011 mit dem Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung 2011 in der Kategorie "ErwachsenenbildnerIn 2011: Schwerpunkt Bildungsberatung" ausgezeichnet. Die Redaktion führte ein Interview mit dem Prämierten.

Auszeichnung als Rückenstärkung und gleichzeitig als Auftrag
Schon die Nominierung für den Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung war für Walter Hotter eine große Auszeichnung, besonders da es in der Bildungsberatung österreichweit eine Vielzahl hervorragender ExpertInnen gebe. "Ein Großteil der Laudatio von Jury-Mitglied André Schläfli hätte auch für die anderen Nominierten gepasst. Es war also bis zur Verkündung der Entscheidung sehr spannend für mich. Ausschlaggebend sei aber dann meine Vision von einer unabhängigen Beratung, die kostenlos, barrierefrei und professionell ist, gewesen. Und, dass ich diese Idee auf praktischer, theoretischer und politischer Ebene vorantrieb. Vor allem habe die Jury überzeugt, dass ich eine Person sei, die Trends früh erkennt und zukunftsorientiert handelt", so Hotter. Er habe sich sehr über die Auszeichnung gefreut, da sie seinen Weg bestätige. Gleichzeitig sehe er in der Auszeichnung eine Verantwortung "als Auftrag in Richtung überinstitutioneller, kostenloser Beratung und als Auftrag, die eigene Institution in die Verantwortung zu nehmen, diesen Ansatz konsequent weiterzuverfolgen." Institutionenübergreifende Bildungsberatung bedeutet für Hotter als Ganzes eine Herausforderung, denn jede Institution "muss sich für die eigene Arbeit legitimieren, was oft institutionenübergreifende Arbeit erschwert", so Hotter. Diesen Spannungsbogen gelte es zu überwinden, was Hotter als Auftrag und Herausforderung zugleich sieht.

Helfen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe
"Menschen waren mir immer wichtig", antwortete Walter Hotter auf die Frage, wie es zu seiner Berufswahl gekommen war. Anfänglich begleitete er Jugendliche im Sportbereich. Sein Anliegen, das Potenzial der Jugendlichen zu nutzen, prägte auch seine spätere Tätigkeit als Lehrer. Er wollte Wissen vermitteln und die Aneignung von Kompetenzen unterstützen im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe. Über seine anschließende Tätigkeit als Führungskraft in der Privatwirtschaft berichtet Hotter: "Ich war keine klassische Führungskraft, sondern habe eher versucht, Coach zu sein". 1991 kam der Sprung in die Erwachsenenbildung, konkret in das Bildungsmanagement am BFI. Seit 1996 ist er nunmehr als Bildungsreferent und Bildungsberater in der Arbeiterkammer Tirol tätig. Auch hier ist die Hilfe zur Selbsthilfe für ihn zentral: "Mir ist ganz wichtig, Rat suchenden Menschen das Gefühl zu geben: Sie können es selbst. Es braucht nur Begleitung und Unterstützung beim Finden von Entscheidungen."

Wunsch: barrierefreies Grundangebot an Bildungsberatung
Bis 2013 arbeitet Walter Hotter gemeinsam mit verschiedenen Partnern an einem ESF-Projekt, das institutionenübergreifende und anbieterunabhängige Beratung ausbauen will. "Der nächste Meilenstein wird sein: Wie können wir von der Projektlogik die Bildungsberatung in eine dauerhafte Beratung überführen?" Dies sieht Hotter gerade in Zeiten des Sparens als große Herausforderung. "Es ist nötig, Prioritäten zu setzen. Erwachsenenbildung und lebenslanges Lernen sollten in der Zukunft einen großen Stellenwert erhalten", wünscht sich Hotter. Für die Ratsuchenden müsse ein Grundangebot an Bildungsberatung möglichst barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Hotter fordert in diesem Zusammenhang eine kostenlose Grundberatung und Beratung ohne Zugangsbarrieren. "Dafür hat die öffentliche Hand eine Verantwortung. Das kann nicht einem privaten Markt überlassen werden, da diese Beratung nicht gewinnorientiert sein kann", so Hotter weiter.

Rat an angehende BeraterInnen: Vorbereitung auf das Berufsfeld
Walter Hotter rät angehenden Bildungs- und BerufsberaterInnen, einen realistischen Blick dafür zu entwickeln, was das Berufsfeld Bildungsberatung im engeren Sinn betrifft: Zum einen sei die Nachfrage seitens der Ratsuchenden zwar gegeben, würden aber nur wenige Arbeitsplätze für Bildungs- und BerufsberaterInnen existieren. Zum anderen könne Beratung aber auch auf verschiedenen Bühnen passieren, nicht ausschließlich im konkreten Feld der Bildungs- und Berufsberatung. "Es braucht deshalb eine gewisse Offenheit", so Hotter. Darüber hinaus rät er zur Vorbereitung auf das Berufsfeld. Welche Kompetenzen dafür nötig sind, sei gut in den Curricula der Weiterbildungsakademie Österreich ausgeführt.
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