Neuerscheinung: Basisbildung als Abenteuer

30.11.2011, Text: Carla Devall, Online-Redaktion
Beiträge zu Basisbildung für Erwachsene zusammengefasst. Im Fokus die aktuelle österreichische Situation und mögliche Entwicklungen.
Das Werk mit dem Titel etwas anderer Art "Kalypso und der Schlosser. Basisbildung als Abenteuer im Land des Wissens und Könnens" behandelt anhand einzelner Beiträge das Thema Basisbildung aus unterschiedlichen disziplinären Blickrichtungen. Den LeserInnen werden dabei u.a. Einblicke sowohl in die aktuelle Situation Österreichs als auch Ausblicke auf mögliche Entwicklungen geboten. Herausgegeben von Peter Schlögl, Regine Wieser und Krisztina Dér ist das Werk als neunter Sammelband der Reihe "Austria: Forschung und Wissenschaft - Erziehungswissenschaft" im LIT Verlag erschienen.

Emanzipation anstatt "Verdummung" durch Ungleichheit
"Das, was sich hinter dem Titel des Beitrags verbirgt, ist eine verschlungene aber jedenfalls charismatische Gedankenbewegung zum Wert des Menschseins und der Unmenschlichkeit der Ungleichheit", so Schlögl, Institusleiter des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (öibf), im ersten Beitrag. Er erklärt sehr anschaulich die Notwendigkeit der Emanzipation in der Bildung und kommt zu dem Schluss, dass es notwendig sei, die Menschen zu emanzipieren, anstatt sie durch Beharren auf intellektuelle Ungleichheit verdummen zu lassen.

Basisbildung: Kurze Geschichte aber große aktuelle Bedeutung
Der Beitrag zur Entstehung und Entwicklung der Basisbildung von Wieser und Dér zeigt auf, dass die Geschichte der Alphabetisierungs- und Basisbildungsangebote in Österreich im europäischen Vergleich eine eher kurze ist. Umfassende Entwicklungsarbeit der letzten Jahre habe den Bereich der Basisbildung jedoch auf ein hohes qualitatives Niveau gebracht, was sich u.a. in der kontinuierlichen Aus- und Weiterbildung von TrainerInnen zeige. Auf bildungspolitischer Ebene habe der Bereich der Alphabetisierung und Basisbildung mittlerweile einen relevanten Platz eingenommen.

Analphabetismus: ein anschauliches Beispiel
Die Notwendigkeit der Emanzipation der Menschen im Bereich der Bildung und die Wichtigkeit der Qualitätssicherung der Alphabetisierungs- und Bildungsangebote werden eindrucksvoll in einer beispielhaften Erzählung von Peter Schlögl verdeutlicht: "Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem späten Nachmittag in einem Wiener Traditionskaffeehaus und lesen (Anton Kuh, falls das von Interesse ist). Schräg gegenüber sitzt ein älteres Ehepaar, auch lesend, jeweils vertieft in Zeitungen. Mit etwas schriller Stimme sagt sie plötzlich zu ihm: 'Wahnsinn! 300.000 Depperte gibt's bei uns!' und hält ihrem Gegenüber das Titelblatt einer auflagenstarken kleinformatigen Tageszeitung mit der Schlagzeile '300.000 Analphabeten in Österreich' entgegen. Der Mann schüttelt den Kopf, brummt etwas über die Distanz Unverständliches vor sich hin und vertieft sich wieder in sein steirisches Kleinformat, um knapp eine halbe Stunde später (!) umzublättern."

Lesen und Schreiben - ein Menschenrecht
Stigmatisierung stellt oft die Vorstufe von Diskriminierung dar. Umso wichtiger ist es, das Beherrschen von Lesen und Schreiben aus menschenrechtlicher Sicht zu beleuchten und auch als solches zu behandeln. Sarah Kumar und Klaus Starl fragen in ihrem Beitrag, ob der Staat angemessene Alphabetisierung schuldet. Verlangt das Recht auf Bildung lediglich die Bemühung des Staates, einen Bildungsprozess durchzuführen oder auch die (wiederholte) Bemühung, einen Bildungserfolg zu gewährleisten? Das Thema Analphabetismus wird zudem im Zusammenhang mit der Migration behandelt. Weiters stellen die AutorInnen neue Erkenntnisse zum Thema Lesen, eine Studie über Alltagsfähigkeiten Erwachsener in Österreich und Modelle, die in der allgemeinen und beruflichen Bildung Anwendung finden, vor. Sie leisten mit diesem Werk einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Bewusstmachung der Komplexität des Themas Basisbildung und Grundbildung.

Reihe Austria: Forschung und Wissenschaft - Erziehungswissenschaft
Der LIT Verlag hat eine Reihe von Sammelbänden zu Forschung und Wissenschaft in der Erziehungswissenschaft herausgegeben. Bisher sind 12 Bände erschienen.

Peter Schlögel/Regine Wieser/Krisztina Dér (Hrsg.), 2011: Kalypso und der Schlosser. Basisbildung als Abenteuer im Land des Wissens und Könnens. Wien: LIT. 174  Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-643-50212-4

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