Neue Publikation zum Thema Grundbildung

07.11.2011, Text: Carla Devall, Online-Redaktion
Das Forschen im Feld der Alphabetisierung wird anhand einer Studie zum Verbleib von TeilnehmerInnen an Alphabetisierungskursen vorgestellt.
"Keine Angst mehr haben, dass jemand entdeckt, dass ich nicht so gut lesen und schreiben kann", ist einer der am häufigsten genannten Gründe für die Teilnahme an Alphabetisierungskursen. Die Aussage lässt erahnen, mit welcher Sensibilität dem Thema Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener begegnet werden muss. Deutsche WissenschafterInnen, u.a. Anke Grotlüschen und Birte Egloff, haben sich der Herausforderung gestellt, in diesem Feld zu forschen. Zwischenergebnisse eines Projekts zur biographischen Entwicklung ehemaliger TeilnehmerInnen an Alphabetisierungskursen liegen nun in Form der Publikation "Forschen im Feld der Alphabetisierung und Grundbildung" vor, erschienen 2011 im Waxmann Verlag. Die zentrale Frage des Projektes ist die nach dem Verbleib von TeilnehmerInnen an Alphabetisierungs- und Grundbildungskursen. Die Publikation wendet sich v.a. an Tätige im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung sowie an PädagogInnen.

Alphabetisierung und Grundbildung: Ein hochsensibles Forschungsgebiet
Der Akt des Forschens an sich wird in dieser Publikation besonders gewürdigt und ebenso selbstkritisch beleuchtet. In fünf Teilen gegliedert stellt das Werkstattbuch unterschiedliche Teilprojekte der Verbleibstudie vor: die Akzeptanzstudie, die AlphaPanel-Studie, die Interdependenzstudie, die Biographiestudie und die Transferstudie. Alle haben den Verbleib der TeilnehmerInnen als Kernthema, nehmen jedoch unterschiedliche Perspektiven ein. Die Forschungspraxis und die dabei aufgetretenen Schwierigkeiten werden detailliert beschrieben. Das Buch gibt Einblicke in die Lebenssituationen von TeilnehmerInnen von Alphabetisierungskursen und die Bedeutung der Kursbesuche für das Leben der Einzelnen. Die Relevanz der Diagnostik für KursleiterInnen sowie KursteilnehmerInnen wird eingehend untersucht. Die Studie setzt sich zudem damit auseinander, inwieweit von "Nachhaltigkeit" der Kurse gesprochen werden kann.

Alphabetisierung betrifft nicht nur Personen mit Migrationshintergrund
Die AlphaPanel-Studie untersucht die Lebenssituation von Teilnehmenden an Grundbildungskursen. Als interessantes Ergebnis stellt sich dabei heraus, dass von den befragten TeilnehmerInnen an Alphabetisierungskursen 87% mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen sind. Bei der Befragung waren dabei Kurse für Deutsch als Fremdsprache oder Integrationskurse mit Alphabetisierung nicht miteinbezogen. Somit beziehen sich die Untersuchungsergebnisse überwiegend auf Personen, die aus einem deutschsprachigen Umfeld kommen.

Auswirkung von Alphabetisierungskursen auf die biographische Entwicklung
Im fünften Teil des Werkstattbuches wird die Frage diskutiert, wie die Ergebnisse der Verbleibstudie in der Alphabetisierungspraxis angewandt werden können. Diese "Transferstudie" erarbeitet Materialien sowie Unterrichts- bzw. Selbstlernkonzepte, die Erkenntnisse aus den verschiedenen Teilprojekten zusammenführen und direkt einbeziehen sollen. Im Zusammenhang mit der Vorstellung der Kursleitenden-Fortbildung "Biographisches Arbeiten in der Grundbildung" wird zudem hervorgehoben, dass die Erkenntnisse zur Auswirkung von Alphabetisierungs- und Grundbildungsangeboten auf die biographische Entwicklung von KursteilnehmerInnen nicht allein bei den KursleiterInnen verbleiben sollen.

Kurse haben soziale Funktion
Für zahlreiche TeilnehmerInnen hat der Kurs eine wichtige soziale Funktion und ist entscheidendes Bindeglied zur Gesellschaft. Umso wichtiger ist es laut den AutorInnen daher, dass die Alphabetisierungskurse so viele Betroffene wie möglich erreichen. Im Laufe der Studie hat sich dieser Anspruch jedoch als defizitär erwiesen, da - v.a. bezogen auf die Volkshochschulen in Deutschland - nur eine Minderheit von den Kursangenboten erreicht wir

Feste Standards für Alphabetisierungskurse gefordert
Die Forschungen haben weiters ergeben, dass viele TeilnehmerInnen oft über mehrere Jahre im Kurs bleiben, ohne nach persönlicher Einschätzung nennenswerte Lernforschritte zu machen. Das Vorhaben der WissenschafterInnen v.a. ehemalige Teilnehmende zu befragen, hat sich somit als schwieriges Unterfangen erwiesen: Die Annahme, dass Alphabetisierungskurse durchlaufen und - nach absehbarer Zeit -  beendet werden, war nicht haltbar. Basierend auf die Studienergebnisse wird in der Publikation die Notwendigkeit besserer Rahmenbedingungen und fester Standards für Alphabetisierungskurse hervorgehoben.  

Reihe "Alphabetisierung und Grundbildung"
Das Werkstattbuch "Forschen im Feld der Alphabetisierung und Grundbildung" stellt den siebenten Band der Reihe "Alphabetisierung und Grundbildung" dar. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung hat es mittels des Förderschwerpunkts "Forschung und Entwicklung zur Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener" ermöglicht, dass das Feld der Alphabetisierung systematisch erschlossen und grundlegend erforscht werden kann.

Birte Egloff/Anke Grotlüschen (Hrsg.), 2011: Forschen im Feld der Alphabetisierung und Grundbildung. Ein Werkstattbuch. Münster: Waxmann. 241 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-8309-2463-0
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