"Netzwerken ist ein Grundprinzip"

22.04.2011, Text: Christian Ocenasek, bifeb
Gaby Filzmoser, Geschäftsführerin der ARGE Bildungshäuser, über Vernetzung als Beitrag zu einer funktionierenden Erwachsenenbildung. (KEBÖ-Serie,
Seit 1954 gibt es die Arbeitsgemeinschaft Bildungshäuser Österreich. 20 Bildungshäuser in ganz Österreich sind darin vertreten. Es gibt verschiedenste Träger: Bund, Länder, Landwirtschaftskammern, Kirchen, Vereine. Was macht ein Bildungshaus zum Bildungshaus?

 

Ein Bildungshaus der ARGE ist mehr als ein Ort der Bildung. Es gibt drei Kriterien, die uns zum Beispiel von Seminarhotels unterscheiden: Zum Ersten gibt es einen pädagogischen Betrieb und eine eigenständige pädagogische Leitung. Die Häuser planen und führen selbst Bildungsveranstaltungen durch. Das Programm orientiert sich dabei auch an den Interessen des Trägers. Zum Zweiten geben die Bildungshäuser den TeilnehmerInnen für die Veranstaltungsdauer ein zu Hause. Es geht nicht nur um Veranstaltungen, einzelne Vorträge, sondern um den Raum für die Bildung, fern vom Alltag.

 

Die Lernenden sollen sich bei uns daheim fühlen, sie sollen sich wohlfühlen. Dazu gehört auch das Übernachten und das gute Essen. Lernende können sozusagen ein Timeout nehmen, welches die Lern- und Erfahrungsprozesse unterstützt. Zum Dritten schließlich haben die Bildungshäuser eine - je nach Trägerschaft unterschiedlich – gemeinnützige Ausrichtung. Was auch bedeutet, dass die Häuser in einem gewissen Ausmaß auf öffentliche Gelder angewiesen sind, um für die TeilnehmerInnen vertretbare Preise gestalten zu können.

 

Die einzelnen Häuser sind regional verankert und wirtschaften voneinander unabhängig. Auch die  Bildungsprogramme sind teils sehr unterschiedlich. Was ist der Grund für eine Arbeitsgemeinschaft? Wozu ist die Vernetzung notwendig?

 

Um in einer gemeinnützigen Ausrichtung erfolgreich sein zu können, ist eine Arbeitsgemeinschaft sehr sinnvoll. Wir führen gemeinsame Projekte durch, die einzelne Einrichtungen nur mit viel Aufwand durchführen könnten. Wir bilden unsere MitarbeiterInnen in allen Berufsgruppen – von der Küche über Haustechnik bis zur Pädagogik – gemeinsam weiter. Und: die ARGE der Bildungshäuser ist ISO-zertifiziert. Wir haben ein eigenes Qualitätssystem entwickelt, mit Qualitätszirkeln und internen Audits, durch die sich die einzelnen Häuser gegenseitig unterstützen.

 

Schließlich können wir auch  koordiniert um Subventionen ansuchen – speziell jene auf Bundesebene. Auch mit der Erwachsenenbildungslandschaft in Österreich können wir uns nur als ARGE gut vernetzen. Wir sehen uns als wichtigen Mitgestalter der Erwachsenenbildung bei bildungspolitischen Themen in Österreich und die Häuser sind oft der Ort, der die gute Atmosphäre für die bildungspolitischen Diskussionsprozesse bietet.

 

Wieso ist die Vernetzung so wertvoll?

 

Unser Anliegen ist eine gut funktionierende Erwachsenenbildung. Ohne Netzwerk, ohne Kooperation kann dieses Anliegen nicht vorangetrieben werden. Wir wollen durch unser Tun zu einer lebenswerten Gesellschaft beitragen. Netzwerken ist ein Grundprinzip, das wir selbst leben und auch vermitteln wollen.

 

Was hat die  ARGE Bildungshäuser durch dieses gelebte Prinzip aus deiner Sicht bisher bewegt?

 

Letztlich müssen wir da jedes Haus einzeln betrachten. Aber Wertebildung ist uns allen wichtig. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Es geht um persönliche Weiterentwicklung basierend auf einem humanistischen Menschenbild. Und diese persönliche Entwicklung soll vor allem sozial ausgleichend wirken. Durch unsere interne Vernetzung hat sich die Qualität in den letzten zehn Jahren mit Sicherheit stark gesteigert.

 

Kann ich das auch daran erkennen, dass es seit einem Jahr mit dir erstmals eine hauptberufliche Geschäftsführung gibt?

 

Durch eine hauptberufliche Geschäftsführung wird das konzentrierte und fokussierte Arbeiten an den häuserübergreifenden Themen und noch mehr am Mitwirken im Erwachsenenbildungs-Netzwerk mit der notwendigen Beständigkeit erst möglich. Meine Aufgabe ist es, an den wichtigen Fragen konsequent dran zu bleiben. Für eine Bildungshausleiterin wäre es im Normalbetrieb nur schwer möglich, regelmäßig an allen Gremien mitzuwirken oder die Daten aufzubereiten, die unsere Leistungen sichtbarer machen und die Bildungsbedarfe klarer darstellen. Ich bin für die ARGE in der Fachöffentlichkeit vertreten, beispielsweise durch Publikationen im Magazin erwachsenenbildung.at, am dahinter stehenden Portal oder auch durch das Mitwirken in Social Communities wie Facebook und dergleichen.

 

Kannst du uns ein Bild von dir zeichnen? Dein  Job hört sich nach einem Raum der Möglichkeiten an. Viel der antreibenden Energie muss von dir ausgehen. Du arbeitest in hohem Ausmaß selbstgesteuert.

 

Ja genau das sind auch die Gründe, wieso mir die Arbeit so gefällt. Eigenschaften, die ich mir zuschreibe sind Flexibilität, Spontanität, Offen sein für Neues, viel Beweglichkeit – sowohl im Denken als auch im Reisen. Ich sehe die Mitgliedshäuser als meine Kunden, für die ich Serviceleistungen erbringe. Dazu brauche ich auch eine gesunde Distanz, um interessensausgleichend zu wirken und den Überblick bewahren zu können.

 

Ich arbeite daran mein Bild von der Erwachsenenbildung zu vertiefen – das ist mit ein Grund warum ich an der Uni Klagenfurt Erwachsenenbildung studiere. Grundsätzlich bin ich sehr begeisterungsfähig. Manchmal neige ich dadurch zu Schnellschüssen und denke, ich hätte Vor- und Nachteile vorsichtiger abwägen sollen. Eine Nacht über Entscheidungsfragen zu schlafen, wäre zwar manchmal nicht schlecht, aber meine Begeisterungsfähigkeit will ich dadurch auf keinen Fall aufs Spiel setzen.

 

Danke für das Gespräch.

 

 

Gaby Filzmoser, BA

Jg. 1966, ist Geschäftsführerin der ARGE Bildungshäuser Österreich und Qualitätsmanagerin. Ausgebildet als Lebens- und Sozialberaterin, wba-zertifizierte Erwachsenenbildnerin, Abschluss des Bakkalaureatsstudiums Pädagogik in Salzburg. Derzeit Masterstudium Erwachsenenbildung in Klagenfurt.

 


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