Tagung "Bildungsforschung in der Migrationsgesellschaft" Anfang Mai

25.04.2011, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Veranstalterin Annette Sprung im Gespräch: "Erhoffe mir erhöhte Sichtbarkeit der Forschung rund um Migration und Integration."
Unter dem Titel "Bildungsforschung (in) der Migrationsgesellschaft. Entwicklung und Perspektiven in Österreich" veranstalten ForscherInnen Universitäten Graz, Innsbruck und Klagenfurt sowie der der PH Kärnten Anfang Mai eine Tagung. Die Redaktion befragte die Bildungswissenschafterin und Mitveranstalterin Annette Sprung (Universität Graz) zur Veranstaltung und deren Hintergründen.

Migrationsbewegungen in Österreich
"Österreich kann - rein statistisch bebrachtet - seit den 1960er Jahren als Einwanderungsland bezeichnet werden, wobei ich den Begriff der Migrationsgesellschaft bevorzuge", so Annette Sprung. Dieser Begriff bringe die Komplexität moderner Migrationsmuster zum Ausdruck, die über Zuwanderung hinausgehen: Sie umfassen Binnen- wie auch internationale Wanderung. Menschen wechseln oft mehrmals den Wohnort, sie pendeln zwischen Herkunfts- und Zielort. In vielen Fällen werde die Migration selbst zu einer Lebensform mit neuen Zugehörigkeitsordnungen. Gegenwärtige politische Konzepte hingegen betrachten Migration und Mehrfachzugehörigkeiten nach wie vor nicht als Normalität, sondern als unerwünschten Ausnahmezustand. "Viele Probleme in der Migrationsgesellschaft resultieren aus einer Schlechterstellung von MigrantInnen auf struktureller und institutioneller Ebene, sowie aus Prozessen symbolischer Exklusion", so Sprung weiter.

Die Rolle der Bildung im Kontext von Migrationsbewegungen
Bildung könne derartige Benachteiligungen nicht kompensieren, die Bildungswissenschafterin sieht hingegen politschen Handlungsbedarf. Jedoch vermag Bildung Orientierungshilfe in einem neuen sozialen Umfeld zu geben. Sprung fordert, Bildung müsse im Kontext von Migrationsbewegungen auch Angehörige der sogenannten Mehrheitsgesellschaft als AdressatInnen in den Blick nehmen. "Ein gelingender Umgang mit sozialem Wandel betrifft alle Mitglieder einer Gesellschaft. Eine zentrale Herausforderung sehe ich für die Bildungsinstitutionen, in ihrem Verantwortungsbereich angemessene Angebote und Strukturen für heterogene Zielgruppen zu schaffen. Dabei geht es nicht in erster Linie um Sonderprogramme für MigrantInnen, sondern um Chancengerechtigkeit und einen nicht-diskriminierenden Umgang mit Diversität im umfassenden Sinn", so Sprung.

Bildungs- und Migrationsforschung als kritische Praxis: eine Herausforderung
Der überwiegende Teil der Forschung innerhalb der "Interkulturellen Pädagogik", die sich speziell mit der Thematik auseinandersetzt, bezieht sich Annette Sprung zufolge auf schulische Themen und die Sozialpädagogik.

Die Forschungsaktivitäten hierzu seien in Österreich im Steigen begriffen. Seit kurzem gibt es zwei einschlägige Professuren für Interkulturelles Lernen - in Innsbruck und Klagenfurt. "Für die Erwachsenenbildung liegen jedoch bislang wenige Studien vor. Hier herrscht sicher großer Nachholbedarf", so Sprung weiter. "Eine wesentliche Herausforderung sehe ich dahingehend, Bildungs- und Migrationsforschung als kritische Praxis zu realisieren, um nicht einfach affirmativ dominanten Integrationsdiskursen zu folgen, die häufig auf Assimilation abzielen und Machtverhältnisse ausblenden. Kritische Forschung hätte dabei allerdings stets auch die eigenen 'blinden Flecken' zu ergründen und das wissenschaftliche Tun einer kontinuierlichen Reflexion zu unterziehen."

Motive und Ziele der Veranstaltung
Die Forschungstagung richtet sich nicht nur an WissenschafterInnen und Studierende, sondern auch an MitarbeiterInnen in Bildungsinstitutionen, AkteurInnen im Bereich Migration/Integration, politische EntscheidungsträgerInnen und sonstige Interessierte. "Die Tagung will einerseits eine Bestandsaufnahme der historischen und aktuellen Entwicklung von Bildungsforschung im Themenbereich Migration leisten. Sie bietet einen Rahmen, in dem Erkenntnisse nicht nur präsentiert, sondern auch öffentlich diskutiert werden können. Andererseits sollen zukünftige Perspektiven ausgelotet werden sowie Impulse für weitere Forschungsaktivitäten entstehen", so Annette Sprung zu den Motiven und Zielen der Veranstaltung. "Ich erhoffe mir eine erhöhte Sichtbarkeit der Vielfalt aktueller Bildungsforschung rund um das Thema Migration/Integration und freue mich auf spannende und anregende Diskussionen, Vernetzung und Impulse für künftige interdisziplinäre Forschungsaktivitäten, aber auch Kooperationen zwischen Wissenschaft und Praxis".

Weitere Informationen: