"Bildung macht das Leben reichhaltiger" - 13. Radiopreise verliehen

04.02.2011, Text: Daniela Savel, Österr. Volkshochschularchiv
Ende Jänner wurden die 13. Radiopreise der Erwachsenenbildung im Radiokulturhaus in Wien überreicht. Armin Thurnher kritisierte in seiner „Rede zum Preis“ die aktuelle Bildungsdebatte.
„Bildung ist Völker- und Grundrecht.“ (Robert Menasse) – „Menschen sind auf Bildung programmiert.“ (Wilhelm von Humboldt, sinngemäß) – „Bildung macht reichhaltiger“: Mit diesen Losungen machte ORF-Hörfunkdirektor Karl Amon deutlich, welch wichtige Funktion einem öffentlich rechtlichen Radiosender in einer entwickelten Demokratie zukomme: als Bildungsmedium Demokratie zu sichern. Das Radio solle Emotionen wecken, lustvolles Zuhören ermöglichen und Wissen ohne Zeigefinger vermitteln. Die Radiopreis-Auszeichnungen seien ein Ansporn, neue Formate und Sendungen zu entwickeln, so Amon abschließend.

Thurnher kritisiert "bildungsferne Zeiten"
Auf die aktuelle Bildungsdebatte, welche die Frage nach dem „Wofür Bildung?“ ausklammert, nahm der Chefredakteur des „Falter“, Armin Thurnher in seiner „Rede zum Preis“ Bezug. Sehr pointiert kritisierte er die „heutigen bildungsfernen Zeiten“, dass Bildung zur Ausbildung degradiert und mit Qualifikationen gleichgesetzt werde. Eine Homogenisierung der Ausbildungsinhalte werde angestrebt, PISA sei als Erhebungsverfahren ein Beleg dafür. Dieser Homogenisierung stünde das Bildungsideal der Antike diametral entgegen: Formung des Individuums, um in der Gesellschaft wirken zu können.

Radiopreis in 7 Sparten verliehen
In folgenden Sparten wurden die Radiopreise für 2010 verliehen:

In der Sparte „Kultur“ wurde mit dem Radiopreis die „Musikviertelstunde“ in der Ö1-Sendereihe „Radiokolleg“ ausgezeichnet. Hannes Doblhofer, der am 6.1. d.J. verstarb, prägte die Musiksendung durch seine unkonventionelle Aufbereitung der Sendungsinhalte. Eine Sendung wurde dem Beatles-Lied „A hard day´s night“ gewidmet. Nach Erklingen des Beginnakkords sprachen Personen über dieses Lied und erst zuletzt wurde das Lied komplett gespielt. Ina Zwerger, als Produzentin des Radiokollegs und Albert Hosp als verantwortlicher Redakteur der Musikviertelstunde nahmen zum zweiten Mal den Radiopreis entgegen.

In der Sparte „Information“ erhielt  Georgia Schultze für die Ö1-Journal-Panorama-Sendung „Verraten, versklavt und verkauft: Frauen als Ware“ den Radiopreis. Im Journal-Panorama widmet sich Schultze schwerpunktmäßig den Benachteiligten, den Ausgegrenzten, im preiswürdigen Beitrag besonders dem menschenverachtenden Frauenhandel- und verkauf.

2010 im Jahr der Fußball-WM in Afrika erarbeitete Ö1 den Senderschwerpunkt: Ke Nako – Afrika jetzt („Ke Nako“, Begriff aus der Sotho-Sprache: „Es ist Zeit“). An 53 Tagen wurde in 150 Ö1-Sendungen jeweils ein Land Afrikas hinsichtlich Politik, Geschichte, Musik, Literatur, Religion, Gesellschaft und Alltag vorgestellt. Ziel war es, eine differenziertere Sichtweise auf Afrika zu vermitteln. In der Sparte „Bildung und Wissenschaft“ wurde dieser thematische Schwerpunkt mit dem Radiopreis (Eduard Ploier-Preis) ausgezeichnet, der stellvertretend für das Ö1-Team von Ulrike Wüstenhagen entgegengenommen wurde.

In der Sparte „Experimentelles/Interaktives“ wurden zwei gleich bewertete Sendungen mit dem Radiopreis ausgezeichnet. Für das FM4-Feuilleton „Im Sumpf“ nahmen Thomas Edlinger und Fritz Ostermayer bereits zum zweiten Mal die Preise entgegen. Grenzgänge in allen kulturschaffenden Bereichen sind Thema dieser Sendereihe. Ein Gespräch mit Christoph Schlingensief über Interpretationen von Rainer Maria Rilke-Gedichten wurde als Hörausschnitt bei der Preisverleihung dargeboten.

Zum gleichen Teil wurde die Sendung „Ohrenblicke. Radiokunst von Blinden und Sehenden“ der Radiofabrik – Freier Rundfunk Salzburg ausgezeichnet. In unentgeltlichen Workshops lernen Interessierte das notwendige Know how für die Gestaltung von Radiosendungen. ZuhörerInnen erfahren zum Beispiel, dass für Blinde ein sendender Radio eine Orientierungshilfe in der Wohnung sein kann und dass beim Fotografieren für die Auswahl eines Fotomotivs der Duft ein entscheidendes Kriterium sei.

In der Sparte „Sendereihen“ erhielt Franz Tomandl für das Ö1-Magazin „Dimensionen - Die Welt der Wissenschaft“, das er seit 1999 leitet, den Radiopreis. Aktuelle Ergebnisse geistes- und naturwissenschaftlicher Forschung werden präsentiert und deren gesellschaftliche Auswirkungen analysiert. Ein Motto für die Sendungsgestaltung: Wissenschaft ist dann für Menschen interessant, wenn sie etwas über Menschen zu sagen hat.

In der Sparte „Kurzsendungen“ wurde die Ö1-Kurzsendung „Digital.Leben“, geleitet von Franz Zeller mit dem Radiopreis ausgezeichnet. Als eine von insgesamt fünf „fünf vor“- Kurzsendungen wird sie werktags um 16.55 ausgestrahlt. Aus einem breiten Themenspektrum – von EDV über Albert Einstein bis zu den Tatmotiven von Hackern – wird in 5 Minuten sehr prägnant das Wichtigste aus dem Bereich neuer Medien und Technologien, präsentiert.

In der neu geschaffenen Sparte „Sendungen von Kindern und Jugendlichen“ ging der Preis an die Wiener Radiobande, Schülerinnen der Beth Jakov Schule Wien (jüdische Mädchenfachschule f. Kommunikation u. Wirtschaft) und gecko art (Evelyn Blumenau, Walter Kreuz) für „Jüdische Städte – Jüdische Geschichte“ auf Radio Orange. Die Schülerinnen erforschten, mit dem selbst gewählten Thema, die jüdische Geschichte des 2. Wiener Gemeindebezirkes.
Weitere Informationen: