Lehren und Lernen in der praktischen Arbeit

04.06.2010, Text: Beate Bertolini, bdv austria
Was müssen ArbeitsanleiterInnen können, damit bildungsbenachteiligte TeilnehmerInnen ihre Lernfähigkeit wieder entdecken?
Mit dieser Frage beschäftigt sich der Bundesdachverband für soziale Unternehmen (bdv austria) im Rahmen eines Projekts zur systematischen Erfassung von Kompetenzen (SYSKOM). Es stellte sich heraus, dass für die Erfassung der Lernfortschritte in den Übergangsbeschäftigungen - Erwerbsarbeitslose arbeiten und lernen ein halbes bis ein Jahr in einem sozialökonomischen Betrieb - eine Vielzahl von Instrumenten verwendet wird. Die Palette reicht vom dokumentierten regelmäßigen Feedbacks bis zu elaborierten betriebs- und berufsspezifischen Verfahren.

ArbeitsanleiterInnen im Spannungsfeld von Sozialarbeit, Arbeitsvermittlung und Weiterbildung
Im alltäglichen Arbeits- und Lernprozess spielen ArbeitsanleiterInnen eine zentrale Rolle. Das Spannungsfeld ihrer Tätigkeit wird meist als Dilemma zwischen  wirtschaftlicher Verantwortung und psychosozialer Betreuung gefasst. In der Versprachlichung scheint die Rolle als "ErwachsenenbildnerIn" bisher keine dominante zu sein. Bei genauerem Nachfragen nennen ArbeitsleiterInnen aber sehr wohl eine Vielzahl an Überlegungen, wie sie Arbeitsaufträge so gestalten, dass ein optimaler Lerneffekt erreicht wird. Die besondere Herausforderung ist, die fachliche Vermittlung so aufzubauen, dass TeilnehmerInnen, die man "lernungewohnt" oder (noch weniger passend!) "bildungsfern" nennt, an Weiterbildungsformen wie Kurse heran geführt werden.

Schulerfahrungen nur kleiner Teil von Lernerfahrungen
Wie erfahren die TeilnehmerInnen über praktische Arbeit den Stellenwert des informellen Lernens in ihrem Leben? Wie erkennen sie, dass ihre (oft wenig erfreulichen) Schulerfahrungen nur ein kleiner Teil ihrer Lernerfahrungen sind? Wie erleichtert man ihnen das Ausprobieren von ungewohnten Lernformen? Für diese Vermittlungstätigkeit ist es besonders wichtig, dass nicht nur die einzelnen Arbeitsschritte "gelehrt" werden, sondern dass es auch zu einer Reflexion des Gelernten und des Lernprozesses kommt, so dass die TeilnehmerInnen ihre Lernfortschritte differenziert wahrnehmen, vor allem aber, dass sie sich als lernfähig erfahren.

Schlüsselkräfte als ErwachsenenbildnerInnen anerkannt
Eine Gruppe im bdv austria, die auf die spezielle Expertise der Schlüsselkräfte setzt, beschäftigt sich nun gemeinsam mit einer Vertreterin der Abteilung für Erwachsenen- und Berufsbildung der Universität Klagenfurt mit didaktischen Fragen zu Lernprozessen in der praktischen Arbeit. Ziel ist es, das Selbstverständnis der Schlüsselkräfte als (auch) ErwachsenenbildnerInnen zu fördern. bdv austria geht davon aus, dass Soziale Unternehmen ein wichtiger Lernraum sind, dessen Bedeutung für Bildungsbenachteiligte nicht unterschätzt werden darf: Arbeitsintegriertes Lernen ist die bevorzugte Lernform für Menschen mit einer anderen als formalen Bildung.
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