"Bildungsstand wird weitgehend vererbt"

15.03.2010, Text: Christina Pernsteiner, Online-Redaktion
Während das Bildungsniveau ansteigt, zeichnen sich laut Statistik Austria keine Verbesserungen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit in Österreich ab.
In ihrer neuen Publikation "Bildung in Zahlen 2008/2009" hat die Statistik Austria die gegenwärtigen Entwicklungen im österreichischen Bildungswesen zusammengefasst.

Allgemeiner Anstieg des Bildungsniveaus

So weisen 82,6% der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren einen über die Pflichtschule hinausgehenden Sekundar- oder Tertiärabschluss auf. Hingegen hatte 1981 noch fast die Hälfte der Altersgruppe keine über die Pflichtschule hinausführende Ausbildung.

 

2008 verfügten 68,8% der 25- bis 64-Jährigen über einen Sekundarabschluss und rund 13,8% über einen Tertiärabschluss (Hochschul-, Akademie- oder Kollegabschluss) als höchste abgeschlossene Ausbildung.

 

Bildung nach wie vor Erbpacht  

Hinsichtlich Bildungsgerechtigkeit hat sich in den letzten 30 Jahren in Österreich nicht viel verändert. "Der Bildungsstand wird weitgehend vererbt" so Konrad Pesendorfer von Statistik Austria in einer Aussendung. Dieser Umstand habe sich über die Generationen nicht verbessert. Von den 25- bis 44-Jährigen, die aus Akademikerhaushalten stammen, hatten 2007 rund 42,8% ebenfalls einen akademischen Abschluss. Im Gegensatz dazu erreichten nur 10,3%  aus bildungsfernen Haushalten einen Tertiärabschluss. Für die Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen zeigt sich eine ähnliche Verteilung.

 

Bildung als Prävention gegen Armut

Ein hohes Ausbildungsniveau reduziert nicht nur das Risiko von Arbeitslosigkeit, sondern auch das Armutsrisiko. 2008 waren 8,2% der Erwerbspersonen mit Pflichtschulausbildung arbeitslos, aber nur 1,9% der Personen mit Tertiärabschluss. Fast ein Fünftel der Personen ohne formalen Bildungsabschluss nach der Pflichtschule waren 2007 armutsgefährdet. Schon ein Sekundarabschluss reduziert das Armutsrisiko auf die Hälfte, für die Bevölkerung mit Hochschulabschluss liegt das Armutsrisiko bei nur noch 5,6%.

 

Abnahme der geschlechtsspezifischen Unterschiede

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Bildungsniveau haben sich in den letzten Jahren deutlich verringert. Dennoch verfügt mehr als ein Fünftel der Frauen im Alter zwischen 25- und 64 Jahren über keinen weiterführenden Schulabschluss, bei den Männern sind es 12,5%. Im Tertiärbereich hingegen haben Frauen nicht nur aufgeholt, sondern die Männer sogar überholt: So können 14,5% einen Hochschul-, Akademie oder Kollegabschluss vorweisen, aber nur 13,2% der Männer. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen steigt der Anteil mit Tertiärabschluss unter den Frauen sogar auf ein Fünftel (19,6%) gegenüber 14,3% bei den Männern.

 

Trend zur Matura und Ausbildungsdauer von 15 Jahren 

In der 9. Schulstufe hält der Trend zu maturaführenden Schulen an. Im letzten Schuljahr besuchten bereits 56,9% der SchülerInnen eine höhere Schule, während es 1980 erst 39,5% waren. Das Übertrittsverhalten ist allerdings stark vom schulischen Werdegang abhängig. Von der Hauptschule wechselt ein Drittel der SchülerInnen in maturaführende Schulen, bei der AHS-Unterstufe sind es hingegen neun von zehn.

 

Vier von zehn Personen (39,3%) eines Jahrgangs schlossen 2007/08 ihre Ausbildung mit der Reifeprüfung ab. Bei jungen Frauen lag der Anteil bei 45,9%, von den jungen Männern maturierte nur rund ein Drittel (33,1%).

 

In Österreich liegt die durchschnittliche Verweildauer im Bildungssystem gegenwärtig bei 15,1 Jahren und damit um eineinhalb Jahre unter dem EU-19-Durchschnitt. Spitzenreiter ist hier Finnland mit einer durchschnittlichen Ausbildungsdauer von 19,4 Jahren.

 

Universitäre Bildung

Etwa jede zweite Person wechselt nach der Matura an eine öffentliche Universität. Die Unterschiede zwischen den Schultypen sind allerdings erheblich. Bei den allgemein bildenden höheren Schulen liegt diese Quote bei 69,2%, bei den berufsbildenden höheren Schulen lediglich bei 32,7%. Von den Erstimmatrikulierten 1998/99 haben aber zehn Jahre später nur 43,9% einen Universitätsabschluss erreicht. 44,1% haben ihr Studium abgebrochen oder zumindest unterbrochen; 12,0% studierten noch.


Höheres Bildungsniveau, mehr Weiterbildung

Weiterbildung gewinnt ebenfalls immer mehr an Bedeutung. 2008 nahmen 13,2% der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren an Aus- und  Weiterbildungsmaßnahmen teil. Im EU 19-Vergleich liegt Österreich damit im vorderen Feld. Kurse und Schulungen außerhalb des Schul- und Hochschulwesens werden besonders häufig von Personen mit einem hohen formalen Bildungsniveau besucht. So liegt bei Personen mit Tertiärabschluss der Anteil bei 21,6%, bei Personen mit Pflichtschulabschluss hingegen bei 5,1%.


Weiterbildung auch im höheren Alter 

Auch SeniorInnen bilden sich weiter. Im Jahr 2008 haben rund 51 000 Personen ab 60 Jahren Kurse und Schulungen besucht, wobei besonders Sport, Sprachen und Kunst beliebt sind. An öffentlichen Universitäten waren insgesamt 1942 Personen dieser Altersgruppe eingeschrieben, wobei mehr als die Hälfte bereits einen Studienabschluss hat. Knapp zwei Drittel dieser Studierenden belegten Studien aus den Geisteswissenschaften, allen voran die Fächer Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte.

 

Bildungsausgaben in Österreich

Im Jahr 2008 beliefen sich die staatlichen Bildungsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden auf über 14 Mrd. €. Davon fielen 9,3% auf Kindergärten, 29,9% auf den Pflichtschulbereich, 21,7% auf den Sekundarbereich, 23,4% auf den Tertiärbereich und 15,7% auf sonstige Verwaltungsausgaben.

(Quelle: Statistik Austria)

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