Mehrsprachigkeit – das Wort des Jahres 2009

26.01.2010, Text: Elisabeth Feigl-Bogenreiter, Verband Österreichischer Volkshochschulen, Redaktion: Barbara Kreilinger, VÖV
Die Tagung „Sprachen-reich oder wort-arm?“ am 3. Oktober 2009 in Innsbruck setzte sich mit neuen Herausforderungen und konkreten Handlungsansätze zum Thema „Mehrsprachigkeit“ auseinander. (Serie: Sprachen – Mehrsprachigkeit – Interkulturalität an Österr. Volkshochschulen, Teil 4)
Neuer Anspruch der Multilingualität
Das Interesse der Sprachenszene zeigt, dass das Thema Mehrsprachigkeitsdidaktik auch in Österreich immer mehr an Bedeutung gewinnt und allerorts nach Konzepten gesucht wird, wie mehrsprachige Ansätze in den Bildungsalltag integriert werden können. War die Gesellschaft hier zu Lande, wie in den meisten Staaten Europas, Ende der 1990er Jahre in erster Linie eine monolinguale, so hat sich die globale Situation in den vergangenen fünf bis zehn Jahren dramatisch verändert. Wir können heute mit Sicherheit sagen, dass ein ständig wachsender Teil der hier lebenden Menschen, das heißt vor allem jene mit Migrationshintergrund, multilingual ist.

Das Erlernen von und der Umgang mit vielen, sehr unterschiedlichen Sprachen ist für BewohnerInnen anderer Kontinente, wie etwa AfrikanerInnen, häufig eine Selbstverständlichkeit. Uns EuropäerInnen stellt der neue Anspruch der Multilingualität vor spannende – hoffentlich nicht spannungsgeladene – Herausforderungen, wobei wohl zunehmend die jüngeren Generationen gefragt sein werden.

Sprachenlos  in Österreich?
Wenn nun mittlerweile auch unsere Gesellschaft insgesamt immer sprachen-reicher wird, so hat sich die Sprachgewandtheit der Mehrheitsbevölkerung kaum gewandelt. Maximal ein bis zwei Fremdsprachen spricht Herr oder Frau ÖsterreicherIn. Zumeist etwas (Schul)Englisch, das mit Abstand nach wie vor die Spitzenstellung hält. Alle anderen Sprachen, auch und vor allem die der Nachbarstaaten, liegen weit abgeschlagen dahinter.

Vielfalt von Sprachlernangeboten
Die Volkshochschulen zeichnen sich durch eine äußerst breite Palette von Sprachlernangeboten aus, die alleine durch diese Vielfalt dem allgemeinen Reduktionstrend auf eine Lingua Franca (Englisch) und etwa drei bis vier weitere Mainstream-Sprachen entgegenwirkt. Die Institution der VHS hat in diesem Bereich einen mehrfachen Bildungsauftrag. Sie fördert die Mehrheitsbevölkerung beim Zweit- und Drittspracherwerb durch das vielfältige Angebot auch weniger gelernter Sprachen. Sie erleichtert das (gleichzeitige) Erlernen mehrerer Sprachen durch Instrumente wie das Europäische Sprachenportfolio, das Arbeiten mit Sprachenprofilen oder das Sichtbarmachen von Gemeinsamkeiten und somit den Erwerb rezeptiver Kenntnisse - aufbauend auf dem Konzept der Interkomprehension.
 
Unterstützung von MigrantInnen
Gleichzeitig unterstützen die Volkshochschulen die Bevölkerung mit Migrationshintergrund dabei, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Sie bestärken diese Bevölkerungsgruppe aber auch in zunehmendem Ausmaß in ihrem Recht und ihrem Bedürfnis, die eigene/n Erstsprache/n zu sprechen und ihre Kenntnisse auch in diesen Sprachen gegebenenfalls zu erweitern. Die zweite oder dritte Generation hier lebender Menschen mit Migrationshintergrund hat in „ihrer/n“ Erstsprache/n oft nur Teilkompetenzen erworben (etwa Sprechen in familiärer Umgebung). Das erschwert es ihnen, in dieser/n Sprache/n in unterschiedlichsten Kontexten, wie etwa im Berufsleben, zu agieren und/oder zu kommunizieren. Das hindert sie zum Teil auch daran, umfassende Kompetenzen in Deutsch und anderen weiteren Sprache/n zu entwickeln. Hierbei gilt es herauszufinden, wo die Stärken und Schwächen in der Sprachbeherrschung liegen und gegebenenfalls Unterstützung beim Erweitern der muttersprachlichen Kompetenzen anzubieten.

Neue Herausforderungen und konkrete Ansätze
Bei der Tagung „Sprachen-reich oder wort-arm?“ gab es eine Reihe von Impulse und Anregungen dazu, wie an diese relativ neuen Herausforderungen herangegangen werden kann und es wurden konkrete Handlungsansätze aufgezeigt, wie die unterschiedlichen Aspekte des Themas Mehrsprachigkeit im Rahmen des Unterrichts an Volkshochschulen umgesetzt werden können. Gleichzeitig war die Veranstaltung eine Premiere, denn eine ähnliche Veranstaltung hatte es in der gemeinsamen Geschichte des VÖV und der Volkshochschule Tirol noch nie gegeben.

Gefördert durch das bm:ukk
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SERIE
"Sprachen – Mehrsprachigkeit – Interkulturalität an Österr. Volkshochschulen"