Von Vulgarnamen und kommunaler Bildung

29.11.2018, Text: Andrea Koppitsch und Alois Spitzer, Redaktion: Renate Ömer, BhW Niederösterreich/Ring ÖBW
Vulgarnamen sind Kulturgut und Identifikationsmerkmal. Von der persönlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Vulgonamen führt ein Bildungsweg zur Zusammenarbeit der Bürgerinnen und Bürger eines Ortes. Ein Kurzbericht vom Vulgarnamen-Projekt des Kärntner Bildungswerks Feldkirchen.
Vulgarnamen-Tafeln
Foto: CC BY, A. Koppitsch: Kärntner Bildungswerk , Vulgarnamen-Tafeln, auf erwachsenenbildung.at
Was mit der individuellen, persönlichen Spurensuche nach dem eigenen Haus-, Hof- und Vulgarnamen beginnt, endet mit oder viel mehr in der Begegnung sowohl mit den eigenen Wurzeln als auch mit anderen Spurensuchern. Das Vulgarnamen-Projekt in Kärnten trägt zur Stärkung der eigenen Identität als auch zur Vernetzung und zur gemeinsamen Arbeit von Gemeindebürger/innen bei.

 

Vulgonamen als Kulturgut des ländlichen Raumes

Haus- und Vulgarnamen sind ein jahrhundertealtes Kulturgut unserer ländlichen Regionen, die vielfach seit dem Mittelalter bekannt sind und als Identifikations- und Unterscheidungsmerkmal lange Zeit wesentlich wichtiger waren als die Schreibnamen. Sie sind häufig Kombinationen von Vornamen von Vorbesitzern mit Berufs-, Gewerbe-, Funktions- oder Gegendbezeichnungen. Sie sind damit nicht „nur" Namen, sondern auch ein wichtiges Zeugnis der sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Lebensbedingungen im ländlichen Raum. Mit dem Strukturwandel im ländlichen Raum, der Aufgabe von Bauernhöfen, der Abwanderung aus dem ländlichen Raum und der Zunahme von Neusiedlungen verschwinden Vulgarnamen aus dem Bewusstsein und verlieren an Bedeutung.

 

Pilotprojekt unterstützt Auseinanderseztung mit Vulgonamen

Das Kärntner Bildungswerk im Bezirk Feldkirchen beschäftigt sich in seinem Pilotprojekt, gefördert über das LEADER-Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes der Regionalentwicklung kärnten:mitte, mit Vulgarnamen in den Gemeinden des Bezirkes. Alois Spitzer, ehrenamtlicher Projektleiter, Bezirksobmann und selbst Besitzer der „Stiegelschneider oder Schlosserkeusche zu Renweg" (laut Grundbuch), unterstützt mit seinem Team örtliche „Vulgarnamenforscher" durch Informationsveranstaltungen in den Gemeinden, durch Beratung und Hilfe bei den Recherchearbeiten, durch die Vernetzung der Akteure, durch Selbstbaukurse für Vulgarnamenstafeln und bietet einfache und günstige Möglichkeiten zum Erwerb verschiedener Tafeln aus Holz, Metall oder Glas an.

 

In der Praxis zieht Alois Spitzer von Hof zu Hof, erkundigt sich bei den Besitzern nach deren Vulgonamen, holt sich bei der Gemeinde die Informationen dazu ein und geht mit den Menschen gemeinsam auf Spurensuche nach der Bedeutung. "Das Aufspüren der alten Namen und das gemeinsame Nachforschen trägt zur Vernetzung unter den Nachbarn und der Menschen des Ortes bei", erklärt Alois Spitzer.

 

Sichtbare Erfolge sind bereits kurz nach Projektstart zu erkennen – zum Einen durch die „Beschilderung" der Häuser und Höfe mit deren Vulgarnamen, zum Anderen durch individuelle und soziale (Bildungs-)Prozesse, die in Gang gebracht werden. Die gemeinsame Recherche, Suche, Vernetzung und Teilnahme an Kursen belebt die Gemeinde, fördert Zusammenarbeit. Der individuelle „Eigenwert" wird zum „Mehrwert".

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