Gemeinsame Politikempfehlungen für das Lernen am Arbeitsplatz

03.09.2018, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Die ET2020-Arbeitsgruppe „Adult Learning“ hat sich zweieinhalb Jahre lang mit „workplace learning“ befasst. Welche Ergebnisse hinterlässt die Gruppe der Erwachsenenbildung in Europa?
Lernen am und für den Arbeitsplatz war das Thema des ExpertInnen-Austausches im Rahmen der ET2020-Arbeitsgruppe „Adult Learning“.
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Lernen am und für den Arbeitsplatz war das Thema des ExpertInnen-Austausches, der 2016-2018 vom „Skills for Adults"-Team der Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration begleitet wurde. Moderiert von der Polin Anna Nikowska und fachlich-redaktionell begleitet vom niederländischen Berater Simon De Broek, erarbeiteten RepräsentantInnen der europäischen Staaten zusammen mit VertreterInnen von europäischen Interessensgruppen in laufenden Treffen in Brüssel, Manchester, Reims und Warschau gemeinsam neue Politik-Empfehlungen.

 

Workplace learning: Ein Feld, das viele mitgestalten

Lernen am und für den Arbeitsplatz findet formal, non-formal und informell statt. Dieses Lernen betrifft nicht nur die Arbeitenden (oder Arbeitsuchenden) selbst, sondern liegt auch im Interessensbereich von Ministerien, Arbeitgebern, Gewerkschaften, Arbeitsmarkt-Agenturen und Bildungsanbietern. In beinahe der Hälfte der beteiligten Länder wird das Lernen am Arbeitsplatz bisher von unterschiedlichen Ministerien und Stakeholdern unkoordiniert bearbeitet, nur rund die Hälfte beschreibt ein koordiniertes Handeln. Es lässt sich ableiten, dass eine wichtige Aufgabe in der Koordination und Kooperation aller damit befassten Stellen besteht – zumindest ein intensiv geführter Dialog ist unverzichtbar.

 

Lernen am Arbeitsplatz – wozu das alles?

Am Bedarf des arbeitsbezogenen Lernens besteht kein Zweifel – egal ob man aus individueller, aus betriebswirtschaftlicher oder aus volkswirtschaftlicher Perspektive auf das Thema blickt. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit am Arbeitsmarkt waren schon immer wichtige Forderungen. Nun sorgt die Digitalisierung für zusätzliche Beschleunigung des Lernbedarfs. Weiterbildung am Arbeitsplatz sollte allen Erwachsenen zugänglich sein, so der Konsens. Umgekehrt sind Menschen ohne intrinsischen Weiterbildungswunsch am Arbeitsplatz leichter für Lernangebote zugänglich als im privaten Umfeld. Der Arbeitsgruppe zufolge soll Lernen am und für den Arbeitsplatz nicht nur der Wettbewerbs¬fähigkeit dienen, sondern auch dem/der Einzelnen - und zwar über eine verbesserte Employability hinaus. Erwachsene verbringen einen Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz und entwickeln hier im günstigen Fall nicht nur Fachkompetenzen, sondern auch Grund- und Querschnittskompetenzen – also Fähigkeiten, die auf viele Lebenszusammenhänge übertragbar sind. Das ist unterstützenswert.

 

Empfohlen: Ein Strategie-Mix aus Bausteinen

Für die Entwicklung einer solchen Lern- und Weiterbildungsmöglichkeit am Arbeitsplatz gibt es jedoch kein Patentrezept. Der geeignete Strategiemix hängt vom nationalen Kontext und von der Aufteilung der Zuständigkeiten ab.

 

Die Arbeitsgruppe hat zehn „Bausteine" identifiziert, die entsprechend den jeweiligen nationalen Bedingungen zu effektiven Strategien kombiniert werden können.

 

Zu diesen Bausteinen gehören Beiträge zu einer lernfreundlichen Unternehmenskultur, ein langfristiges und gut koordiniertes Engagement aller Stakeholder, tragfähige Kofinanzierungs-Systeme, eine geeignete zielgruppengerechte Sprache, verlässliche Arbeitsmarktprognosen mit zeitnaher Umsetzung in Weiterbildungsangebote, und einige weitere Elemente.

 

Persönliche Kooperationen fördern gute Praxis

Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe mit dem Titel „Promoting Adult Learning in the Workplace" definiert diese Bausteine konkreter und umfasst auch ein kleines Kompendium an Fallbeispielen aus 15 Ländern. Die Beispiele sind so heterogen wie die Staaten und die möglichen Zugänge zum Thema; es dürfte also für viele Ausgangslagen etwas Interessantes dabei sein – das macht die Lektüre empfehlenswert.

 

Die Arbeit der Gruppe bestätigte erneut: ein gut vorbereiteter und hellhörig moderierter Austauschprozess nationaler ExpertInnen sorgt für fruchtbare Kooperationen. Länder wie z.B. Norwegen haben die Überlegungen der Arbeitsgruppe unmittelbar in nationale Policies umgesetzt. Auch der Anstoß für Erasmus+-Projekte kann aus diesen Kooperationen entstehen– ein Beispiel bietet das KA3-Projekt GOAL Guidance and Orientation for Adult Learners, das sich mit Beratungsformaten für geringqualifizierte Lernende befasste. In der Praxis können diese Kooperationen mehr Wirkung entfalten als jede Einweg-Kommunikation.

 

Arbeitsgruppen für die Bildungspolitik

Im Rahmen der „Offenen Methode der Koordinierung" sind im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020) seit 2010 Arbeitsgruppen eingerichtet. In diesen findet seither kollegiales Lernen und ein Austausch von guter Praxis statt. Die Mitglieder aller EU-Länder stellen einander relevante Strategie-Erfahrungen vor und leiten Policy-Empfehlungen ab. Österreich ist in den Arbeitsgruppen mit ExpertInnen vertreten und gestaltet diesen europäischen Prozess mit.

 

In den Jahren 2016-2018 war eine Generation von sechs Arbeitsgruppen aktiv, die nun ihre Ergebnisse vorlegen. Sie widmeten sich auf Basis ihrer Mandate der Schulbildung, der Hochschulbildung, der Berufsbildung, der Erwachsenenbildung sowie den digitalen Kompetenzen und der Citizenship.

 

Die nächste Arbeitsgruppe für Erwachsenenbildung nimmt bereits Mitte September ihre Tätigkeit auf. Für die Zeit nach Auslaufen der strategischen Rahmenstrategie ET2020 ? Allgemeine und berufliche Bildung 2020 ? kommt ihr besondere Bedeutung zu.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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