Solidarität in der (Erwachsenen)Bildung?! Fachtagung am bifeb

08.05.2018, Text: Anna Head und Cornelia Primschitz, Redaktion: Anna Head, bifeb
Von 29. – 30. Mai 2018 findet am bifeb die Fachtagung „Gegen den Strich. Solidarität in der Erwachsenenbildung“ statt.
Solidarität reflektieren, organisieren und dadurch auch nachhaltiger gestalten – Anmeldungen zur Tagung sind noch bis 15. Mai 2018 möglich!
Foto: CC BY, gamp grafikhouse, Gegen den Strich, http://www.bifeb.at

Organisatorische Hinweise:

  • Termin 29. Mai 2018, 14:00 Uhr bis 30. Mai 2018, 16:15 Uhr
  • Adressatinnen und Adressaten Personen aus der Erwachsenenbildung, der Sozial-, Kultur-, und Gemeinwesenarbeit, der Freien Medien und alle weiteren Interessierten
  • Teilnahmegebühr frei wählbar (kann am Ende der Tagung selbst festgelegt werden)
  • Anmeldung über das Anmeldeformular auf www.bifeb.at bis 15. Mai 2018
  • Referent_innen María do Mar Castro Varela, Emine Demir, Zuher Jazmati, Brigitte Kratzwald, Paul Mecheril, Monika Mokre, Elke Smodics, Daniela Rothe, Armin Staffler, Yousif Taha Yaseen

 

Über die Tagung

Bei der diesjährigen Tagung zur Solidarität in der Erwachsenenbildung freuen wir uns darauf, in Vorträgen und Workshops Fragen aufzuwerfen, zu diskutieren und daran anschließend Handlungsoptionen für die eigene Praxis zu entwickeln. Gemeinsam mit Expert_innen wollen wir das Thema „Solidarität in der (Erwachsenen)Bildung" reflektieren, organisieren und dadurch auch nachhaltiger gestalten.

 

Das Thema der Tagung ist „Gegen den Strich" – mit all seinen Facetten: Ich kann einen Text gegen den Strich lesen, Haare oder Fell gegen den Strich, also gegen die natürliche Wuchsrichtung, bürsten. Oder es geht mir etwas gegen den Strich, wenn mir etwas nicht passt, mir widerstrebt. Allen Bedeutungen ist gemein, dass es Irritationen erzeugt.
Für uns ist damit die Forderung zum Nachdenken und zur Selbstprüfung verbunden: Sachverhalte kritisch und auf neue und ungewöhnliche Weise zu behandeln und Wunden zu öffnen. Also sich gegen den eigenen Strich zu bürsten, um die eigene Position sichtbar, greifbar und veränderbar zu machen - die Bereitschaft zur Reflexion und Veränderung des habituellen Selbstverständnisses.

 

Das bedeutet auch, Strukturen und (scheinbar) allgemeingültige Gegebenheiten zu hinterfragen. Erst dadurch kann gesellschaftliche Macht dekonstruiert werden. Denn gesellschaftliche Macht beruht nicht einfach auf Gewalt, Zwang oder Unterdrückung, sondern vor allem auf stiller Zustimmung zu bestimmten Erzählungen und Interpretationen.Und hier kommt Bildung ins Spiel. Die Bedeutung von Bildung sehen wir nicht nur in der Vermittlung von Wissen, sondern im Hinterfragen eben dieses Wissens. Bildung bedeutet für uns die Ermutigung, Fragen zu stellen, auch wenn sie für mich selbst und andere unbequem sind.

 

Paul Mecheril (Uni Oldenburg) erkundet in seiner Keynote Möglichkeiten, wie Bildung die Entwicklung von Solidarität unterstützen kann. Für ihn ist das Streben nach globaler Solidarität das Bildungsziel des 21. Jahrhunderts, auch um dem in Europa erneut zunehmenden Zuspruch rassistisch-identitärer Positionen nicht hilflos beizuwohnen. Um dabei tatsächlich etwas ändern zu können müsse man sich auch mit der eigenen Stellung in der Welt und der eigenen Verstricktheit in globale Macht- und Ungleichheitsverhältnisse auseinandersetzen.

 

In der Keynote von María Do Mar Castro Varela geht es um Solidarität und machtkritische Bildungsarbeit: die von ihr formulierte kontrapunktische Solidarität nimmt die Widersprüche und Kontingenzen politischer Praxis zum Ausgangspunkt einer Reflexion über Bildung, Marginalisierung und Solidarität. In ihrem Eröffnungsvortrag geht sie der Frage nach, wie Bildung außerhalb eines paternalistischen Geschenks an die Unterworfenen und außerhalb eines technisch gedachten "Fit-für-den-Arbeitsmarkt" für die zu integrierenden Gruppen zu entwerfen ist.

 

In den Workshops steht zu Beginn das Angebot der Selbstreflexion: Was empfinden wir als unangenehm, wenn wir uns das eigene Fell „gegen den Strich bürsten"? Es geht darum, die eigene Sozialisierung, Denkmuster und unsere Eingewobenheit in Machtverhältnisse zu reflektieren und dadurch die eigene Position greifbar (und veränderbar) zu machen:

 

Daniela Rothes Workshop bietet die Möglichkeit, anhand eigener Beobachtungen und Erfahrungen in der Bildungsarbeit zu reflektieren, was und wie eine solidarische Bildungspraxis sein könnte und auf der Grundlage eigener Erfahrungen Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

 

Emine Demir und Zuher Jazmati (glokal e.V.) möchten einen Raum der Selbstreflexion schaffen, in dem man über eigene Postionierungen und Haltungen sprechen kann. Wie können die eigene Sozialisierung und Machtverhältnisse an uns selbst reflektiert werden?

 

Renate Höllwart und Elke Smodics (Büro trafo.K) diskutieren mit den Teilnehmer_innen unterschiedliche Vorstellungen von Gemeinschaft und Verbundensein. Aus der Perspektive der kritischen Kunstvermittlung fragen sie, wie wir Strategien für ein gemeinsames solidarisches Handeln entwerfen können.

 

Im zweiten Teil der Workshops gehen wir der Frage nach, was uns „gegen den Strich" geht: Was lehne ich ab? Wo regt sich Widerstand? Wo wäre ein Mutausbruch angebracht? Und vor allem: wie komme ich ins Handeln?

 

Mit Armin Staffler (spectACT – Verein für politisches und soziales Theater) können die Teilnehmer_innen ihre „inneren Stimmen" hinterfragen, die einem oft unsolidarisches Verhalten nahelegen, obwohl theoretisch doch Solidarität die Haltung meiner Wahl ist. Mit der Methode „Polizist_innen im Kopf", die ursprünglich von Augusto Boal stammt und die hier in der Version des Theaters zum Leben (David Diamond) zum Einsatz kommt, schauen wir im Workshop auf Situationen, in denen wir unsere theoretische Solidarität in Zukunft auch praktisch zum Leben erwecken wollen.

 

In Monika Mokres und Yousif Taha Yaseens Workshop geht es um die Zusammenarbeit von Geflüchteten und Unterstützer_innen, die von vielfältigen Differenzen durchzogen ist - insbesondere in Bezug auf Privilegien und Risiken, Stabilität und Lebenschancen. Der Anspruch der gemeinsamen Arbeit auf Augenhöhe ist daher oft schwierig einzulösen. Ausgehend von den Erfahrungen der Teilnehmer_innen werden diese und weitere Herausforderungen besprochen.

 

Brigitte Kratzwald (commons.at) geht im Workshop „Solidarisch Wirtschaften" anhand praktischer Beispiele aus verschiedenen Lebensbereichen der Frage nach, wie wir die Dinge, die wir für ein gutes Leben brauchen, so herstellen können, dass alle ihre Bedürfnisse befriedigen können. Welche Modelle gibt es, damit alle ihre Fähigkeiten einbringen können, alle darüber mitbestimmen können, was sie betrifft und die natürlichen Ressourcen für kommende Generationen erhalten bleiben?

 

Am Abend des ersten Tages sorgt die Band chilifish für einen energiegeladenen Ausklang. In welche Kategorie die Eigenkompositionen jetzt genau fallen – World Music, Austro-Funk oder doch etwas ganz Anderes – das bleibt den Zuhörer_innen überlassen.

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