Spaces of Inclusion – Freie Medien als Lern- und Integrationsräume

11.04.2018, Text: Helmut Peissl, COMMIT
Selbstbestimmte Medienproduktion von Geflüchteten fördert Inklusion und Zugang zu Bildung - Europaratsbericht zu kommunikativen Bedürfnissen von Geflüchteten und MigrantInnen
Im Studio von Radio FRO in Linz
Foto: Alle Rechte vorbehalten, Petra Moser, auf erwachsenenbildung.at
Die Bilder des toten Flüchtlingsbuben Aylan Kurdi am türkischen Strand gingen im September 2015 um die Welt. Die Medienbilder bestärkten die öffentliche Meinung zur breiten Unterstützung der Geflüchteten aus dem Syrienkonflikt.

 

Mit den Berichten über sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht 2015 in Köln aber kippte die Darstellung von Geflüchteten. In den Mittelpunkt des öffentlichen Diskurses rückten Bilder von Bedrohung und einer Gefährdung der Aufnahmegesellschaften.

 

Diese gegensätzlichen Wahrnehmungsformen von Geflüchteten basierten im Wesentlichen beide auf den unterschiedlichen Bildern, die Zeitungen und Rundfunk innert weniger Monate zeichneten. Myria Georgiou von der London School of Economics weist wie viele ihrer KollegInnen auf die Problematik dieser stereotypen, meist negativen Bilder hin, die zur Spaltung der Gesellschaft beitragen. Geflüchtete selber kamen sowohl in den positiven als auch in den negativen Berichten großer Medien selten bis nie zu Wort.

 

Sprechen in der eigenen Sprache

Das Sprechen mit eigener Stimme und in der eigenen Sprache ermöglichten hingegen viele nichtkommerzielle Community Radios und TV-Stationen, wie Radio Orange oder Okto TV in Wien. Sie verhelfen damit Geflüchteten und MigrantInnen zu ihrem Recht auf Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen.

 

Diese Formen partizipativer Medienarbeit bilden gleichzeitig auch geeignete Räume für Bildung und Spracherwerb und erleichtern den Zugang zu lokalen Netzwerken, die wichtig für das Ankommen in der neuen Umgebung sind.

 

Das Community Medien Institut COMMIT hat im Auftrag des Europarates dazu die Studie "Spaces of Inclusion" erstellt. Anhand ethnografischer Interviews gehen die AutorInnen darin den kommunikativen Bedürfnissen von Geflüchteten auf den Grund und analysieren die Bedeutung selbstbestimmter Medienproduktion in Bezug auf Inklusion und Bildungszugang.

 

Erleben von Teilhabe und inklusives Lernen

Ein eigener Teil der Studie widmet sich Beispielen erfolgreicher inklusiver Medienproduktion in Freien Radios, Community TVs oder wie im Falle von Refugee Radio Network auf eigenen Plattformen im Internet, in Österreich, Deutschland, Italien, Luxemburg und der Schweiz.

 

Die Studie liefert damit auch Anregungen für die Konzeption und Gestaltung inklusiver Arbeit in der Erwachsenenbildung, da sie wichtige Bedürfnisse und Kriterien für Beteiligung aus der Perspektive der Geflüchteten herausarbeitet.

 

Selbstbestimmte Orte der Begegnung und des Zugangs zu lokalen Informationen und Strukturen sind wichtig. Das gilt auch für den Zugang zu professionellen Netzwerken, die Rolle der Mehrsprachigkeit und die Bedeutung von Selbstrepräsentation für das unmittelbare Erleben von Teilhabe und Anerkennung.

 

Gefragt ist aber auch Orientierungshilfe bei der Einschätzung und Nutzung vertrauenswürdiger Medienangebote, seien das nun öffentlich-rechtliche, nicht-kommerzielle oder kommerzielle Angebote. Die Studie liefert eine Reihe von Empfehlungen für die Politikgestaltung, für die Arbeit in Medien und in Organisationen der Zivilgesellschaft.

 

COMMIT hat die Studie "Spaces of Inclusion - An explorative study on needs of refugees and migrants in the domain of media communication and on responses by community media" im Auftrag des Europarates erstellt. COMMIT bietet in ganz Österreich Workshops zu partizipativer Mediengestaltung und kritischer Medienkompetenz für Interessierte aus Community Medien und der Erwachsenenbildung an. Dabei helfen auch eigene Schulungsunterlagen wie Lust auf Sprachen und das Freie Radio 1x1.

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