Studie: Digitalisierung in der Weiterbildung – Wo stehen wir?

13.03.2018, Text: Karin Kulmer (seit 05/2023: Karin Lamprecht), Redaktion/CONEDU
Schweizer Befragung von Weiterbildungsanbietern erhob Einstellungen, Herausforderungen und Hindernisse in Bezug auf die Digitalisierung. Die Ergebnisse sind auch aus österreichischer Perspektive hochrelevant. (Serie: Digitale Erwachsenenbildung)
Die Digitalisierung hat großen Einfluss auf die Weiterbildung, Präsenzangebote bleiben aber auch in Zukunft wichtig.
Foto: CC0 Public Domain, https://c.pxhere.com
Die brandaktuelle „Weiterbildungsstudie 2017" des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung (SVEB) und der Pädagogischen Hochschule Zürich befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Stand der Digitalisierung in Schweizer Weiterbildungseinrichtungen. Die Befunde lassen darauf schließen, dass Digitalisierung als hochrelevant für die Erwachsenen- und Weiterbildung angesehen wird, die Entwicklungen aber eher behutsam vonstatten gehen.

 

Die Ergebnisse der Schweizer Studie werfen die Frage auf, wo Österreich in Sachen Digitalisierung steht. Wir haben daher Gaby Filzmoser, Geschäftsführerin der ARGE Bildungshäuser Österreich und schwerpunktmäßig u.a. mit digitalem Lehren und Lernen befasst, um eine Einschätzung gebeten. Sie bestätigt die große Relevanz der digitalen Transformation für die österreichische Erwachsenenbildung, betont aber auch, dass in den Bereichen Technik, Qualität und Qualifikation des Personals noch große Herausforderungen warten.

 

Digitalisierung wird Weiterbildung maßgeblich beeinflussen – auf verschiedenen Ebenen

Die Weiterbildungsstudie zeigt: Knapp 80% der befragten Einrichtungen sind der Auffassung, dass die Digitalisierung die Weiterbildung in den nächsten zehn Jahren maßgeblich beeinflussen oder sogar revolutionieren wird. Vor allem Organisationen, die bereits einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen, erwarten erhebliche Veränderungen durch die Digitalisierung.

 

Diese Veränderungen werden auf verschiedenen Ebenen und auf vielfältige Weise auftreten, so die AutorInnen. Einerseits wirft die Digitalisierung neue Themen auf, die in Programme und Angebote aufgenommen werden müssen, beispielsweise in Form von digitalen Basisbildungsangeboten oder neuen Inhalten in der beruflichen Weiterbildung. Zum anderen verändern digitale Technologien auch das professionelle Handeln in der Lehre, aber auch in der Programm- und Angebotsplanung, im Bildungsmarketing oder bei der Kooperation mit anderen Anbietern.

 

Dass der Einfluss der Digitalisierung sich auf zwei Ebenen zeigt, bestätigt Gaby Filzmoser: „Erstens, die Erweiterung der angebotenen Bildungsthemen. Fast jede Bildungseinrichtung hat Angebote ins Programm aufgenommen, die sich mit der Auswirkung von Digitalisierung auf unsere Gesellschaft oder mit dem technischen Umgang auseinandersetzen. Zweitens, der professionelle Umgang in Lernprozessen. Auch wenn in diesem Bereich noch wenig umgesetzt wird, so beschäftigen sich Bildungsverantwortliche zumindest mit der Frage, welche Kompetenzen Lehrende in Zukunft benötigt werden, um den digitalen Anforderungen gerecht zu werden. Wie z.B. die wba, die derzeit das Qualifikationsprofil in Bezug auf Medienkompetenzen überarbeitet. Ein Ergebnis soll noch vor dem Sommer fertig sein."

 

Gute technische Voraussetzungen als Grundlage

Die technischen Voraussetzungen für eine Integration digitaler Lerninhalte werden von den meisten der Schweizer Weiterbildungsanbieter erfüllt: 93% sind mit WLAN ausgestattet, 78% sogar flächendeckend. Auch die Hardware-Ausstattung mit Beamern, PCs und Videoequipment ist großteils gegeben. Die Grundlage für die Nutzung digitaler Methoden und Anwendungen ist also vielerorts gegeben.

 

Und wie sieht es in Österreich aus? „Die technischen Voraussetzungen sind (in den Bildungshäusern) großteils gegeben", meint Filzmoser. „Unsicherheiten im Umgang mit der Technik und Ängste vor den Auswirkungen lassen MitarbeiterInnen aber immer noch davor zurückschrecken, die Technik auch einzusetzen."

 

Präsenzangebote weiterhin wichtig, Blended Learning als Zukunftsszenario

Trotz der guten technischen Voraussetzungen sind Präsenzveranstaltungen derzeit noch die wichtigste Angebotsform. Weitgehend technologiefrei unterwegs sind dabei 43,6% der befragten Anbieter, 45,4% setzen vorwiegend digital begleitete Präsenzveranstaltungen ein. Bei 8,5% steht bereits aktuell Blended Learning im Zentrum und 2,4% setzen hauptsächlich auf Online Lernen. Zahlreiche Anbieter befinden sich jedoch gerade in der Entwicklung in Richtung Blended Learning. Es ist daher anzunehmen, dass die Verbindung von Online- und Präsenzangeboten in Zukunft deutlich ansteigen dürfte.

 

Im Vergleich zur Schweiz schätzt Gaby Filzmoser, dass in Österreich sogar noch mehr Anbieter überwiegend Präsenzformate anbieten. Digitale Tools werden beispielsweise in den Bildungshäusern vorwiegend im Bildungsmanagement, also rund um die Themen Organisation, Marketing und Kommunikation, eingesetzt. „Das Argument, die sozialen Kontakte seien wesentlich und ausschlaggebend für die Bildungsprozesse, führt zu einer abwartenden Haltung. Genährt wird diese Einstellung von den Teilnahmezahlen, die immer noch sehr hoch sind und in einzelnen Bereichen sogar steigen. Aus Sicht der Bildungsanbieter stellt sich daher die Frage, ob die Lernenden digitale Bildungsformate überhaupt wollen." Trotz der großen Zurückhaltung werde aber die Relevanz von Digitalisierung in der österreichischen Erwachsenenbildung durchaus erkannt.

 

Herausforderungen: Qualität und Qualifizierung

Als Herausforderungen für die kommenden Jahre identifizieren die AutorInnen der Weiterbildungsstudie drei zentrale Bereiche: neben der technischen und praktischen Umsetzung sind dies die Qualität der digitalen Angebote und die Qualifikationen des Personals.

 

Die Anforderungen an die Lehrpersonen steigen infolge der Digitalisierung – neben digitalen Anwenderkenntnissen und methodisch-didaktischen Fähigkeiten sind auch Kenntnisse über die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung gefragt. Die Rolle der Lehrenden könnte sich in vielen Fällen verändern: statt Vortragenden sind in Zukunft LernbegleiterInnen gefragt.

 

Auch in Österreich zählen Technik, Qualität und Qualifikation des Personals zu den großen Herausforderungen, bestätigt Filzmoser. „Es könnte sein, dass die Qualifikation der TrainerInnen/ReferentInnen eine besondere Herausforderung wird." Diese seien häufig selbständig tätig und können so schwer zur Weiterbildung verpflichtet werden.

 

Zur Weiterbildungsstudie 2017

Die Weiterbildungsstudie ist eine Umfrage bei Schweizer Anbietern allgemeiner und beruflicher Weiterbildung. Sie wird jährlich durchgeführt und umfasst jeweils einen Themenfokus. Die aktuelle Studie wurde im Zeitraum Mai bis Juli 2017 in Form eines Online-Fragebogens durchgeführt. An der Befragung beteiligten sich insgesamt 338 Anbieter, die sich mehrheitlich in privater Trägerschaft befinden. 48% davon sind kleine Organisationen, 45% mittlere und 7% große Anbieter.

 

Sgier, Irena; Haberzeth, Erik; Schüepp, Philipp (2018): Digitalisierung in der Weiterbildung. Ergebnisse der jährlichen Umfrage bei Weiterbildungsanbietern. Herausgegeben vom Schweizerischen Verband für Weiterbildung und der Pädagogischen Hochschule Zürich. 48 Seiten, CHF 25,00, online kostenlos verfügbar

Weitere Informationen:
Creative Commons License Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

Verwandte Artikel