ÖGPB Projektausschreibung 2017 startet am 1. Februar

16.01.2017, Text: Heidi Buchecker, ÖGPB
Auch heuer fördert die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung Projekte zu ausgewählten Schwerpunktthemen.
Foto ÖGPB / Heidi Buchecker
Die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) fördert Projekte der politischen Erwachsenenbildung. Im Rahmen der jährlichen Ausschreibung können Projekte zu ausgewählten Themenfeldern eingereicht werden. Der Beratungsworkshop „Politische Bildung frei Haus“ am 1. Februar 2017 im Wissensturm Linz bietet Unterstützung bei der Planung dieser Projekte.

 

Schwerpunktthemen der Ausschreibung 2017

Die Fördertätigkeit der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung konzentriert sich auch 2017 vorrangig auf Schwerpunktthemen, die als Anregungen dienen und nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch bearbeitet werden können. Diese jährlich neu ausgeschriebenen Themen orientieren sich an aktuellen politischen Fragen und Angeboten politischer Bildung in Österreich. Mindestens 60 % der gesamten zur Verfügung stehenden Fördermittel werden an Projekte verteilt, die sich mit den vorgeschlagenen thematischen Schwerpunkten auseinandersetzen. Die Themenfelder 2017 lauten:



    (A) Das politische Erbe Europas im Europäischen Jahr des Kulturerbes

Die Kommission der Europäischen Union plant, das Jahr 2018 unter dem Motto „Sharing Heritage – Gesellschaft im Wandel“ zum Europäischen Jahr des kulturellen Erbes auszurufen. Im Begründungstext wird betont, „dass besonders in einer Zeit, in der Weltkulturschätze in Gefahr sind und in Konfliktgebieten zerstört werden, dem kulturellen Erbe 2018 ein Europäisches Jahr gewidmet werden sollte“. Ein solcher Plan wirft jedoch Fragen auf – insbesondere angesichts der Anzeichen der „Integrationsmüdigkeit“, in der die EU derzeit selbst zu stecken scheint. Nach dem beschlossenen „Brexit“ wurden in den letzten Monaten verschiedene weitere Exit-Szenarien einzelner Mitgliedstaaten in politischen Analysen durchgespielt. In vielen dieser Länder macht sich national(istisch) motivierter Unmut über die EU-Grenz- und Flüchtlingspolitik breit. Die bereits mehrere Jahre anhaltende ökonomische Krise mit verheerenden Auswirkungen für die finanziell schwächsten Euro-Länder vertieft diese düstere europäische Stimmung. Auch die Erstarkung populistischer Parteien und die um sich greifende Fundamentalkritik an den Einrichtungen und Politiken der EU lassen Sorge um die Zukunft Europas aufkommen. Wohin steuert die EU? Wird die Union, die u. a. vom Ziel eines nachhaltigen Friedens getragen wird, als politisches Erbe Europas sich selbst erhalten können? Welche gesellschaftlichen Akteure können dazu beitragen? Welche Rolle kommt hier der (politischen) Bildung zu? Welchen Beitrag kann das Konzept des globalen Friedens leisten?

 

    (B) Populismus, Autoritarismus und die „illiberale Internationale“

Viktor Orbán nannte vor einigen Jahren sein politisches Modell eine „illiberale Demokratie“. Dieses Modell beschränkt sich allerdings nicht auf den EU-Mitgliedstaat Ungarn: Von Polen über Russland und die Slowakei bis hin zur Türkei ist derzeit die deutliche Tendenz zu beobachten, dass gewählte Parteien und Personen ihre Machtpolitik an der Einschränkung oder sogar Aufhebung der Grundrechte und individueller Freiheiten ausrichten. Manche BeobachterInnen reden in diesem Zusammenhang von der Entstehung einer „illiberalen Internationale“. Populistische und autoritäre Politik, legitimiert durch ein formalrechtlich gültiges Plebiszit, scheint weltweit auf dem Vormarsch zu sein. Charismatische Führungspersonen reißen im Zuge solcher politischer Handlungen die Herrschaft allmählich an sich und machen jede Opposition durch Verbote, Verfolgung, juristische und mediale „Gleichschaltung“ mundtot. Dabei unterstützen nicht-gewählte „ExpertInnen“ solche nationale Regierungen, und LobbyistInnen setzen die Interessen von Eliten durch. Es fällt auf, dass diese Entwicklung im Rahmen formal-demokratischer Verfahren verankert bleibt, sodass „autoritäre Herrschaft“ mittlerweile keinen direkten Gegensatz zur Demokratie mehr bildet. Was bedeutet aber dann Demokratie angesichts dieser Entwicklung einer illiberalen Internationale? Was kann autoritären und populistischen Politiken entgegengesetzt werden? Welche diesbezüglichen Gefahren (und Gegenmaßnahmen) sind für Länder mit gefestigteren demokratischen Institutionen denkbar?

 

    (C) Religion, Frauen und die „Wertedebatte“

Spätestens seit der Silvesternacht 2015/16 in Köln eskaliert die schon lange anhaltende „Wertedebatte“ mit Blick auf die Gender-Verhältnisse und -Rollen, und die Unterscheidung der globalen Bevölkerung in „Wir“ und „die Anderen“ wurde als eine kulturelle und religiöse Tatsache verfestigt. Vergleichende Diskussionen über Religionen werden seit jeher auf dem Rücken und am Körper von Frauen ausgetragen. Die Rede um „fremde Religionskulturen“ rückt das Klischee der rückständigen Frau in einer passiven, stummen und unterdrückten Rolle ins Zentrum. Zwar geht es diesmal um den Schutz der „abendländischen Frau“ vor dem „morgenländischen Mann“. Doch auch in aktuellen medialen und politischen Diskursen um Verschleierung bilden sich neue Allianzen – nicht selten zwischen vermeintlichen (vorwiegend männlichen) Frauenrechtlern und rechtspopulistischen PolitikerInnen, die sich als RetterInnen „der muslimischen Frau“ präsentieren. Ohne Zweifel erfahren Frauen und Mädchen durch zumeist männlich dominierte (auch religiöse) Traditionen und Praktiken Unterdrückung und Benachteiligung. Was dabei gerne vergessen wird: Frauen auf der ganzen Welt üben selbst Kritik an „ihren“ Religionen und suchen nach Neuinterpretationen schriftlicher Quellen und überlieferter Vorschriften sowie nach neuen Geschlechterrollen. Wie kann jenen unter dem Deckmantel der Religionskritik geführten frauenfeindlichen Politiken und Diskursen entgegnet werden? Welche Positionen sind jenseits der Zwickmühle „Wegschauen versus Retten“ möglich?

 

    (D) Das Internet als politischer Ort

Wie sonst kein Bereich des sozialen Lebens ist das Internet von Metaphern durchdrungen. Seit fast zwei Jahrzehnten reden wir von „Daten-Highway“, „Online-Zeitung“, „Foren“, „Chatroom“ oder „E-Government“; es gibt dort „Weblogs“, wir schließen „Freundschaften“, „teilen“ Inhalte und schicken „Carbon Copies“ von „Mails“. Das sind allesamt Wörter, die Begriffe und Konzepte aus dem „wirklichen“ Leben ins virtuelle übertragen. Das Datennetz gibt zum Großteil jene Verhältnisse wieder, die in „Echtzeit“ vorhanden sind. So finden sich soziale und politische Polarisierungen ebenfalls im Web. Hassreden, diskriminierende und verbal gewalttätige Aussagen, aggressive Parolen fallen am „Stammtisch“ genauso wie auf Online-Diskussionsseiten und in sozialen Medien. Der Unterschied liegt in der unvergleichbar größeren Reichweite des Webs gegenüber dem Stammtisch oder den LeserInnenbriefe-Seiten der Printzeitungen. Somit werden auch die Grenzen zwischen Privat und Öffentlich verschoben, und die für das „echte Leben“ gültigen Umgangsregeln finden keinen unmittelbaren Eingang in den virtuellen zwischenmenschlichen Umgang, in die sogenannte Netiquette. Dennoch ist das Internet nicht nur eine Sphäre, in der bloße Verbreitung von Schund und Hassreden stattfinden würde. Als politischer Ort stellt es eine ungeahnte Möglichkeit bereit – für jene, die Informationen und Wissen austauschen, sich vernetzen, politisch aktiv werden und Initiativen koordinieren. Projekte, die zehn Jahre nach dem Boom des „Web 2.0“ die Rolle des Internets für Politik und politische Bildung wieder (und differenzierter) bewerten, sind gefragt.

 

    (E) Die Achter-Jahre

Gedenktage spielen eine wesentliche Rolle in der Herstellung und Aufrechterhaltung des kollektiven Gedächtnisses – vor allem in den Nationalstaaten. Sie dienen der Identitätsstiftung, der Selbstvergewisserung über die eigene Vorstellung von einem kollektiven „Wir“. Als solche sind sie freilich auch ein guter Anlass, vorhandene und historisch gewachsene Selbstbilder zu hinterfragen und zu verändern. Österreich gehört zu jenen Ländern, in denen Gedenkjahre eine besonders wichtige Rolle spielen. Das Jahr 2018 bietet einen solchen Anlass, die jüngere Vergangenheit aus einer besonderen Perspektive zu betrachten, und das in mehrfacher Hinsicht. Denn 1918, 1938, 1948, 1968 und 1978 sind zeitgeschichtlich bedeutsame Jahre. Politische Ereignisse wie das Ende des Ersten Weltkrieges und die Ausrufung der Ersten Republik, der „Anschluss“, die Gründung des Staates Israel und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die StudentInnenbewegung und emanzipatorische Revolte der Jugend sowie die Volksabstimmung und Proteste rund um das Atomkraftwerk Zwentendorf fallen allesamt auf die sogenannten „Achter-Jahre“ des 20. Jahrhunderts. Wie hängen die Ereignisse der „Achter-Jahre“ zusammen, wie wurden sie bisher zelebriert, und was bedeuten sie für die Gegenwart? Wie kann und soll politische Bildung Geschichte greifbar machen und Erinnerungsarbeit gestalten?


 

Projektberatung durch das Team der ÖGPB

Die Entwicklung einer vagen Idee bis zur konkreten Projektkonzeption ist oft langwierig – eine Unterstützung von Seiten der fördernden Stelle kann dabei sehr hilfreich sein.

Der Workshop der ÖGPB „Politische Bildung frei Haus“ am 1. Februar im Wissensturm Linz bietet hierfür ein anregendes Setting. Den Rahmen bildet die Ausschreibung der ÖGPB, wobei Fragen der Projektentwicklung und -abwicklung zu politischer Erwachsenenbildung im Allgemeinen thematisiert werden. Zusätzlich zur Besprechung der aktuellen Schwerpunktthemen der ÖGPB gibt es praktische Hinweise für mögliche Inhalte, Formate und Methoden der politischen Bildungsangebote. Fragen zur Antragsstellung oder den Abrechnungsformalitäten können bei Bedarf geklärt und neue Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet werden.

 
Darüber hinaus können InteressentInnen sich von den MitarbeiterInnen der ÖGPB vor der Projekteinreichung telefonisch oder persönlich beraten lassen.

 
Allgemeine Informationen zur Ausschreibung

Die Antragstellung ist ausschließlich vom 1. Februar bis 30. April 2017 online möglich. Förderfähig sind Einrichtungen, die Projekte der Erwachsenenbildung durchführen und auf kommunaler, regionaler oder Landesebene tätig sind, nicht jedoch bundesweit tätige Zentralorganisationen. Gefördert werden Bildungsmaßnahmen bis zu einem Betrag von max. EUR 4.500,- und zwar in jenen Bundesländern, die Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung sind (derzeit Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg). Die Mittel stellen die Mitgliedsbundesländer und das Bundesministerium für Bildung zu gleichen Teilen für die Projektförderung zur Verfügung. Über die Projektvergabe entscheidet der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung bis spätestens Ende Juli nach eingehender Prüfung der Projektanträge. Detaillierte Informationen zur Ausschreibung sind in der Broschüre „Leitfaden für Projekteinreichungen“ sowie auf der Website der ÖGPB zu finden.

Weitere Informationen:

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