Digitales Lernen persönlich begleiten

01.12.2016, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Aufbruchsstimmung kennzeichnete das Treffen der LernbegleiterInnen zum EBmooc 2017 in Graz. (Serie: Digitale Ressourcen und Technologien)
LernbegleiterInnen u. Interessierte am EBmooc beim Meeting in Graz
Foto: CC BY Karin Kulmer/CONEDU
Am 24. November trafen sich 25 LernbegleiterInnen im Verein CONEDU in Graz, um sich in einem gemeinsamen Kickoff auf ihre Tätigkeit einzustimmen. Sie werden mit Präsenzgruppen unterschiedlicher Art den ersten großen offenen Onlinekurs für ErwachsenenbildnerInnen in Österreich begleiten - den EBmooc. Gruppen dieser Art gibt es in ganz Österreich und bei verschiedenen Anbietern. 

 

Beim Treffen in Graz kamen interessierte PionierInnen aus über 20 unterschiedlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung zusammen. Deutlich war eine Aufbruchsstimmung zu spüren. Warum es den EBmooc braucht, stand nicht infrage. Wie er umzusetzen sei, wurde hingegen mit spürbarem Interesse diskutiert. 

 

Begleitgruppen als Antwort auf ein bekanntes Problem von MOOCs

 

Dreieinhalb Monate vor Kursbeginn hat der EBmooc bereits über 430 angemeldete TeilnehmerInnen. Damit ist klar: das Angebot trifft auf einen echten Bedarf und weckt Neugierde. 

 

Bekannt ist aber auch, dass MOOCs traditionell hohe Abbruchquoten haben. Das gilt auch für sehr gute Kurse. Es ist eben deutlich einfacher, sich weg zu klicken als einen vollen Seminarraum zu verlassen. 

 

Hier setzen Begleitgruppen für Onlineangebote an und helfen der Motivation und Selbstverpflichtung auf die Sprünge. Man kann in solchen Gruppen Erfahrungen austauschen und die Anwendung des Gelernten in der Praxis vorbereiten. Sie ersetzen den Onlinekurs nicht, sie vertiefen ihn. Und wer nicht wiederkommt, wird vermisst – was ein Lernmanagement-System nicht tut.

 

Eine an der Technischen Universität Graz durchgeführte Studie zum 2015 mit dem Staatspreis für Erwachsenenbildung ausgezeichneten MOOC „Gratis Online Lernen“ zeigte, dass die Unterstützung durch Begleitgruppen zu einer deutlichen Steigerung der Abschlussquoten führte.

 

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Begleitangebote unterschiedlichen Charakter haben werden. Es gibt frei zugängliche Gruppen ebenso wie solche, die sich an einen geschlossenen Personenkreis richten – in der Regel im Rahmen der Personalentwicklung eines Bildungsanbieters oder eines Lehrgangs. Die Teilnahme ist in den meisten Fällen völlig kostenlos.

 

Blended Learning, einmal umgekehrt 

 

Seit dem Abklingen des ersten Hypes um das eLearning haben nationale und internationale Diskurse immer wieder zum selben Ergebnis geführt: Blended Learning – also Kombinationen von eLearning und Präsenzlernen – sind das Modell der Zukunft. Sie sind sowohl dem reinen online-Lernen als auch den rein analogen Lehr-Lernsettings überlegen. 

 

Menschen mögen es, für sich Dinge zu erarbeiten und auszuprobieren – und Menschen mögen es, sich zu treffen und auszutauschen. Im EBmooc bildet der Onlinekurs den Kern und die Begleitgruppen die – in der Regel darauffolgende – Ergänzung. Was herauskommt, heißt „inverse blended learning“ und deckt beide Bedürfnisse. 

 

Was es bedeutet, LernbegleiterIn zu sein

 

Die LernbegleiterInnen im EBmooc bringen den Onlinekurs zu den Menschen, sind also Bindeglied zwischen digitaler und analoger Welt. Sie moderieren den Austausch und die Erarbeitung von Lösungen, sie motivieren, und sie helfen, Ergebnisse zu sichern. Sie sind keine BesserwisserInnen, haben nicht auf alle Fragen Antworten, sie belehren nicht und nehmen niemandem den Lernprozess ab. Sie machen also Ernst mit dem, was in der Erwachsenenbildung längst gefordert wird.

 

Digitale Themen unterstützen den Abbau von Hierarchien beim Lernen

 

Für den Abbau von Hierarchien sind digitale Inhalte ideal. Sobald man mit digitalen Tools arbeitet oder sie gar zum Gegenstand eines Lernangebots macht, erlebt man als Vortragende/r über kurz oder lang, dass Lernen nur gemeinsam gelingt. Irgendwann tritt der Fall ein, dass jemand aus der Gruppe etwas schneller löst als die oder der „Unterrichtende“. Damit ist die potenzielle Hierarchie zwischen Lehrenden und Lernenden ein Stück weit vom Tisch. 

 

Das kann eine sehr heilsame Erfahrung sein: nichts Schlimmes passiert, alle lernen gemeinsam. Entspannter Umgang mit der Technik und generelle Fehlertoleranz gehören daher zu den Credos des EBmooc. 

 

Der EBmooc: Weiterbildung im Großformat

 

EBmooc ist der Name für ein innovatives, offenes und kostenloses Lernangebot für ErwachsenenbildnerInnen, das ab 6. März 2017 erstmals stattfinden wird. Es handelt sich um einen breiten offener Onlinekurs (auf Englisch "Massive Open Online Course" oder MOOC), der binnen sechs Wochen die wichtigsten digitalen Werkzeuge für die Erwachsenenbildung so vermittelt, dass man sie sich mit Videos, Übungen und Interaktionen selbst aneignen kann. Er wird vom Bildungsministerium gefördert und von CONEDU, TU-Graz und WerdeDigital gemeinsam durchgeführt.

 

Der EBmooc kann als reiner Onlinekurs absolviert werden, wird aber auch durch Diskussionen, in Foren, Webinaren oder Begleitgruppen ergänzt – für alle, die sich mehr Austausch und Motivation durch Kontakt und Zusammenarbeit wünschen. 

 

Serie: Digitale Technologien und Ressourcen für die Erwachsenenbildung
In einer Serie von praxisnahen Beiträgen berichtet erwachsenenbildung.at über digitale Möglichkeiten für das Lernen und Lehren von und mit Erwachsenen. Damit sind bislang nicht ausgenützte Chancen verbunden, was Öffnung, Kommunikation und Austausch, aber auch Arbeitserleichterung und Effizienz betrifft. Die Serie soll dazu ermutigen, die technischen Möglichkeiten zu erproben und sich diese letztlich (individuell und als Bildungssektor) zu eigen zu machen. Alle bisher erschienenen Beiträge zur Serie finden Sie hier.

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