Buch: Lernen mit Big Data als Zukunft der Bildung?
Von Small Data zu Big Data
Die Datensammlung und -auswertung war bis in die Anfangsphase der Digitalisierung hinein eine aufwändige Angelegenheit. So teilte etwa Amazon seine KundInnen anfangs in Gruppen ein, was zu mangelhaften Ergebnissen führte. Heute funktioniert die Datenspeicherung so einfach und günstig, dass Algorithmen aus (teils großen Mengen) vergangener und gegenwärtiger Daten passgenaue Zukunftsprognosen erstellen. Etwa welche Artikel aus einem Onlineshop ein Kunde oder eine Kundin in Zukunft kaufen möchte. Dass dieses Prinzip auch in der Bildung längst Einzug hält, dürfte aber noch wenigen bekannt sein.
Lernen im Wandel
Adaptive Lernsoftware beispielsweise, wie das Mathematik-Programm "Cognitive Tutor", protokolliert laufend Daten über das Nutzungsverhalten individueller TeilnehmerInnen mit. Je nachdem, wie SchülerInnen bestimmte mathematische Probleme lösen, bekommen sie individuelle Aufgaben, mit denen sie gezielt schwächere Bereiche trainieren können. Dabei wird nicht nur gespeichert, ob SchülerInnen eine Aufgabe richtig oder falsch lösen, sondern auch, wieviel Zeit sie dafür benötigen und ob sie vor dem Rechnen noch einmal die Theorie durchlesen. Big Data liefert den Kursleitern und Lehrerinnen somit Informationen, die sie traditionell nur sehr mühsam gewinnen würden. Digitale Lehrformen weisen der Lehrperson andere Aufgaben zu, könnten sie allerdings auch nicht ersetzen, so die Autoren.
Die Datenschutzfrage
Wo Chancen sind, da sind auch Risiken - diese Aussage trifft auch auf digitale Lernformen zu. Die klassische Datenschutzproblematik (wer erhebt und verwaltet welche Daten wie sicher?) erhält dabei im Bildungsbereich eine weitere, nicht zu unterschätzende Dimension. Durch die erhöhte Treffsicherheit der Messungen könnten automatisierte Systeme bald die Zukunft eines Menschen vorherbestimmen, fürchten die Autoren. Zwar gäbe es diese Fremdbestimmung auch schon heute - etwa wenn SchülerInnen der vierten Schulstufe eine Empfehlung für weiterführende Schulen bekommen. Allerdings berge Big Data das Risiko, dass Vorhersagen des Systems als gegeben hingenommen und nicht mehr hinreichend überprüft werden. Die Autoren raten daher dazu, Datenschutzgesetze im Sinne einer verantwortungsvollen Nutzung der Daten zu überarbeiten, sodass etwa personenbezogene Daten nach einer gewissen Frist gelöscht werden müssen.
Aufbau der Publikation
Das 88 Seiten umfassende Taschenbüchlein gliedert sich in fünf Kapitel, die allesamt mit Metaphern übertitelt wurden - Dämmerung, Wandel, Plattformen, Folgen und Morgengrauen. Die Autoren führen in den ersten drei Kapiteln mit aktuellen Entwicklungen ans Thema heran und stellen einige Beispiele, etwa die Khan Academy, im dritten Kapitel näher vor. Das vierte Kapitel widmet sich schließlich den Risiken, die Big Data mit sich bringt, bevor im letzten Kapitel mögliche Lösungswege für Datenschutz- und andere Probleme vorgestellt werden.
Für den ersten Überblick
Die Publikation bietet Interessierten eine grobe Übersicht über aktuelle Entwicklungen an der Schnittstelle zwischen Big Data und Bildung. Einige Praxisbeispiele illustrieren die Anwendungsmöglichkeiten in der Lehre, konkrete Handlungsanleitungen oder Methoden liefert das Buch allerdings nicht. Wie Big Data die Bildung in Zukunft verändern wird, schneiden die Autoren an einigen Stellen an, liefern aber keine detaillierte Prognose. Somit ist das Buch eher für Themenneulinge geeignet, die sich einen ersten Überblick über Big Data in der Bildung verschaffen möchten.
Viktor Mayer-Schönberger und Kenneth Cukier (2014): Lernen mit Big Data. Die Zukunft der Bildung. München: Redline Verlag. 88 S., € 4,99. ISBN 978-3-86881-225-1.
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