Politische Teilhabe von Menschen mit intellektueller Behinderung fördern

Der Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung besagt, dass Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung das Recht haben, uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilzunehmen. Aber noch immer sind Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung bei der Ausübung ihrer politischen Rechte eingeschränkt, so die Entwickler*innen des Projekts myPart. Das wollten sie ändern. Dazu entwickelten die Projektverantwortlichen Workshops zur politischen Bildung für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, ein Handbuch, Videoclips sowie Empfehlungen für die Politik.
Während der gesamten Projektlaufzeit (bis 2021) waren Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung an der Entwicklung aller Produkte beteiligt.
5 Module über Demokratie, Politische Teilhabe und mehr
Für die Workshops gibt es ein Curriculum, das aus fünf Workshop-Modulen besteht: Bürgerrechte, Grundlagen der Demokratie, Europäische Werte, Wahl- und Entscheidungsprozesse und politische Partizipation.
Die Workshops richten sich an Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, die ihre staatsbürgerlichen Kompetenzen erweitern und/oder neu lernen möchten. Die Workshops dauern sechs Stunden pro Modul, also insgesamt 30 Stunden. Die Trainer*innen können die Workshops als Reihe durchführen oder als einzelne Module anbieten.
Zusätzlich zum Curriculum gibt es für die Workshops auch ein Handbuch zum Selbststudium für die Teilnehmer*innen in Leichter Sprache sowie Videoclips über die Workshopthemen.
Übungsbeispiel: Menschenrechte verstehen
Das Curriculum enthält Beispiele für Methoden und Übungen. In einer Übung im Modul 1 zu Menschenrechten geht es zum Beispiel darum, herauszufinden, was es braucht, um glücklich zu sein. Die Teilnehmenden vervollständigen dazu den Satz „Um glücklich zu sein, braucht jeder Mensch...“. Antworten könnten z.B. sein: „genug zu essen“ oder „einen Platz zum Wohnen“.
Die Trainer*innen sammeln die Antworten auf Moderationskarten und fixieren sie für alle gut sichtbar - z.B. auf einer Tafel. Die Trainer*innen gehen nun gemeinsam mit den Teilnehmenden die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in Leichter Sprache durch. Die Teilnehmer*innen versuchen nun, die Rechte aus der Erklärung mit der gesammelten Liste zum Glücklichsein zu verbinden. Die Trainer*innen machen diese Verbindungen auf der Moderationstafel sichtbar.
Empfehlungen: Es braucht Sensibilisierung und Erwachsenenbildung
Im Rahmen des Projekts haben die Projektverantwortlichen auch Empfehlungen für Entscheidungsträger*innen in Politik und Gesellschaft formuliert, um die Teilhabe von Menschen mit intellektueller Behinderung zu fördern.
So empfehlen sie beispielsweise, Sensibilisierungskampagnen über die politischen und bürgerlichen Rechte von Menschen mit intellektuellen Behinderungen durchzuführen. Ebenfalls eine Empfehlung ist, Erwachsenenbildung zu unterstützen, die staatsbürgerliche Kompetenzen, kritisches Denken und Medienkompetenz fördert.
Bei dem Projekt myPart handelt es sich um eine Erasmus+-Projekt unter der Beteiligung der Lebenshilfe Graz.
Nachrichtenserie „Demokratiebildung in der Erwachsenenbildung“
Der Sturm auf das US-Kapitol im Jahr 2021, Angriffe auf deutsche Politiker*innen während des EU-Wahlkampfes und das Erstarken demokratiefeindlicher Bewegungen zeigen, wie tief die Demokratie in der Krise steckt. Wie können wir sie schützen und gestalten? Unsere Nachrichtenserie beleuchtet, welche Rolle Demokratiebildung dabei spielt und informiert über Neuigkeiten, Projekte und Publikationen.

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