ELearning und Recht – Nachlese zu einem MOOC
„Im Bildungsbereich ist bezüglich eLearning und digitalen Ressourcen sehr viel Engagement und Kreativität zu beobachten, und teilweise auch viel technisches Knowhow. Allerding herrscht rechtlich noch immer große Unsicherheit“, so der Urheberrechtsexperte Lanzinger. Zusätzlich befeuert wird die Brisanz des Themas durch die neuen Förderverträge des BMBF im Rahmen der ESF-Förderungen, die jetzt auch die Forderung nach einer freien Lizenzierung von Publikationen und Projektergebnissen beinhalten.
Ein Werk hat viele Gesichter
In Österreich haben grundsätzlich die Urheber/innen das Recht an ihrem geistigen Eigentum. Dabei stellt jegliche Schöpfung ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes dar, sobald sie eine eigenständige Leistung darstellt. Neben Werken der Tonkunst, der Filmkunst und bildenden Künste zählen dazu Werke der Literatur, und hier auch Sprachwerke – de facto also jeglicher Text einschließlich Computerprogramme.
Wer Urheber/in ist, hat das alleinige Recht der Verwertung, Vervielfältigung und Verarbeitung, kann jedoch anderen einzeln die Nutzung des Werkes erlauben oder die Nutzungsrechte bzw. Verwertungsrechte an Dritte übertragen. Das Urheberrecht selbst hingegen kann lediglich vererbt werden.
„Raubkopie“, Urheberrechtsverletzung oder erlaubte Nutzung?
Zwar gibt es juristisch gesehen keine „Raubkopie“ – das wäre quasi ein gewaltsames Entwenden durch Kopieren. Eine Urheberrechtsverletzung droht dennoch, sobald man digitale Ressourcen einfach benutzt oder gar einen Kopierschutz umgeht.
Offene Bildungsressourcen mit ihren standardisierten Creative Commons Lizenzen vereinfachen die Lage deutlich, aber sogar hier sind Urheberrechtsverletzungen möglich, z.B. indem man Urheber/innen nicht nennt.
Die im Urheberrechtsgesetz festgelegte „freie Werknutzung“ hingegen fasst jene Anwendungsfälle zusammen, in denen man Werke ohne Rückfrage nutzen darf. Das ist im Zuge von Verwaltung und Rechtspflege möglich, aber auch für Unterrichtszwecke und zum Privatgebrauch. In der Regel ist hier lediglich der nicht-kommerzielle Gebrauch möglich.
Private Nutzung ist im Rahmen der „Privatkopie“ möglich, jedoch darf hierfür seit der Urheberrechts-Novelle 2015 keine offensichtlich urheberrechtswidrige Quelle mehr herangezogen werden.
Wer darf was mit den Funden im Internet?
Für private Zwecke darf jede/r Dateien aus dem Web herunterladen. Öffentlich verbreiten darf man diese jedoch nicht– es gibt also keinen erlaubten Upload der Privatkopie. Damit werden auch Sharing-Plattformen zum Problem. Nicht einmal das private Weitergeben unter FreundInnen über einen Cloud-Speicher ist urheberrechtlich gestattet.
Die Rechtslage beim Streaming hingegen ist auch in der Urheberrechts-Novelle 2015 nicht klar geregelt worden, sollte aber von der freien Werknutzung umfasst sein.
Mehr Möglichkeiten für Bildungszwecke
Um das Lernen zu unterstützen, ist mehr erlaubt – und zwar jeweils für eine klar begrenzte Lernendengruppe (also z.B. auf Moodle). Seit der Urheberrechtsnovelle 2015 dürfen in Österreich auch Einrichtungen der Erwachsenenbildung Kopien für Lehrzwecke herstellen, und das auch in digitaler Form. Ebenso können Bibliotheken für die Bildungsarbeit Kopien auf verschiedenen Trägermedien erzeugen.
Zudem können Bildungseinrichtungen im Rahmen der freien Werknutzung veröffentlichte Werke einem abgegrenzten Lernendenkreis digital anbieten – solange es keine expliziten Lehrbücher sind. Für solche gibt es manchmal eigene Lizenzverträge.
Kann man eBooks „kaufen“?
Wer ein Lehrbuch als eBook kauft oder ein Learning App erwirbt, schließt keinen echten Kaufvertrag ab, da kein Eigentum übergeben wird: der Anbieter hat das Produkt ja weiterhin. Stattdessen liegt dem Geschäft ein Nutzungsvertrag zugrunde.
Das bedeutet auch, dass man als „Käufer“ nur eingeschränkt über das Produkt verfügen darf. Konkret ist das jeweils in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters definiert. Zumeist jedoch darf man die Kopie nur persönlich nutzen und nicht verkaufen oder vererben.
Die Werknutzung in sozialen Netzwerken
In sozialen Netzwerken gilt jede Person als Urheber (oder Content Provider), die einen eigenen Inhalt zur Verfügung stellt – also alle UserInnen, die etwas hochladen oder schreiben. Die Betreiber des Netzwerks gelten dagegen als Host Provider, haben also nicht von vornherein Rechte an den veröffentlichten Inhalten. Daher schreiben Betreiber/innen von Foren oder Netzwerken meist in ihren Geschäftsbedingungen eine Klausel vor, wonach ihnen die UserInnen die Nutzungsrechte an ihren Inhalten übertragen.
So hat etwa Facebook das weltweite Nutzungsrecht auf die Bilder seiner UserInnen, und Twitter hat das weltweite Nutzungsrecht auf die veröffentlichten Inhalte. Allerdings behalten die UserInnen ihre Pflichten. Dazu gehört es, nur rechtlich unbedenkliche Inhalte hochzuladen.
Nationale Unterschiede: mehr als Details
Ein weltweit oder europaweit gültiges Urheberrecht gibt es nicht, obwohl Ansätze zur europäischen Harmonisierung immer wieder erfolgten. Die Werke von österreichischen StaatsbürgerInnen unterliegen jedenfalls dem österreichischen Gesetz, unabhängig vom Ort ihres Erscheinens. Bei Internet-Veröffentlichungen ist ein Erscheinungsort ohnehin schwer festzumachen.
Dieser Schutz für österreichische Werke gilt fast weltweit, und zwar aufgrund multilateraler Staatsverträge. Umgekehrt sind StaatsbürgerInnen anderer Länder auch in Österreich entsprechend ihrem jeweiligen Recht geschützt. Ganz anders ist das Urheberrecht im angloamerikanischen Raum, wo das Copyright-Law eher dem Markenschutz entspricht und daher nicht automatisch eine Zuordnung eines Werkes zu seinem Urheber erfolgt.
Serie: Digitale Technologien und Ressourcen für die Erwachsenenbildung
In einer Serie von praxisnahen Beiträgen berichtet erwachsenenbildung.at über digitale Möglichkeiten für das Lernen und Lehren von und mit Erwachsenen. Damit sind bislang nicht ausgenützte Chancen verbunden, was Öffnung, Kommunikation und Austausch, aber auch Arbeitserleichterung und Effizienz betrifft. Die Serie soll dazu ermutigen, die technischen Möglichkeiten zu erproben und sich diese letztlich (individuell und als Bildungssektor) zu eigen zu machen. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie finden Sie hier.
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa
Verwandte Artikel
Das Jahr 2050: Zu wenig Green Skills in einem überholten Europa?
Wissenschaftler*innen skizzieren vier mögliche Zukunftsszenarien für Europa und leiten daraus Vorschläge ab, die auch die Erwachsenenbildung betreffen.Digitale Revolution und was sie für die Demokratie bedeutet
Ein neuer MOOC beleuchtet die Auswirkungen der Digitalisierung auf demokratische Strukturen. Diverse Perspektiven ermutigen Teilnehmende zur kritischen Meinungsbildung.Krieg und Frieden in der Erwachsenenbildung: Noch bis 5. Mai einreichen
Die 53. Ausgabe des Magazin erwachsenenbildung.at sucht Beiträge, die sich der Konfliktbearbeitung und Friedensbildung widmen.Kostenlose Restplätze: OER suchen, finden, erstellen
Offene Bildungsressourcen (OER) sorgen für Nachhaltigkeit, sparen Zeit und sind Ausdruck eines Ideals von freier Bildung. Möchten Sie lernen, sie zu finden und selbst zu erstellen? Im gratis Kurzlehrgang sind noch Plätze frei!Umfrage zur Teilnahme an EU-Programmen: Außer Erasmus+ ist wenig bekannt
Zudem fehlt es in der Erwachsenenbildung oft an Zeit und Personal, um sich an EU-Förderprogrammen zu beteiligen. Das ergibt eine Umfrage im Erasmus+ Projekt PATH2EU4AE.Weiterbildung gilt weiterhin als wichtig, an der Umsetzung hapert es
Der Weiterbildungsbarometer des WIFI hat die Sicht von Unternehmen und Beschäftigten auf die berufliche Weiterbildung erhoben.