Wege zur Anerkennung bei Migration oder Flucht nach Österreich

22.11.2015, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Neue Initiativen und erprobte Tools unterstützen die Anerkennung von Qualifikationen und Kompetenzen von Flüchtlingen und MigrantInnen.
Bild: Creative Commons (flickr.com/spatz_2011)
Nostrifikation, Kompetenzcheck und Portfolio
Bild: Creative Commons (flickr.com/spatz_2011)
Durch den Zustrom von Flüchtlingen und MigrantInnen gewinnt auch die Anerkennung ihrer Qualifikationen und Kompetenzen an Bedeutung. Im Falle von Österreich wird diese Anerkennung wird durch neue Initiativen und erprobte Tools unterstützt.

 

Erleichterungen bei der Anerkennung von Formalqualifikationen

Für MigrantInnen geht es oft zunächst um die Anerkennung von Formalqualifikationen, die außerhalb Österreichs erworben wurden. Ein eigenes Anerkennungsgesetz ist Bestandteil des aktuellen Arbeitsprogramms der österreichischen Bundesregierung und wird 2015 oder 2016 beschlossen.

 

Nicht alle Berufe erfordern in Österreich eine formale Anerkennung in Form der Nostrifikation, Nostrifizierung oder Gleichstellung von Lehrabschlüssen. Dieser Weg ist nur für die Ausübung reglementierter Berufe nötig. Er kann aufwändig sein und schließt mit einem offiziellen Bescheid ab. Die dafür nötigen Dokumente können nach einer Flucht allerdings fehlen. 

 

Eine Alternative ist die sogenannte Bewertung, die ab dem Niveau einer sekundären Berufsausbildung möglich ist. Eine Bewertung entspricht einem Gutachten zum Wert einer auswärts erworbenen Qualifikation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt. Sie kann sinnvoll sein, wenn eine formale Anerkennung nicht möglich, nicht leistbar oder nicht zwingend erforderlich ist.

 

Kompetenzen anerkennen: Validierung für alle

Neben der Anerkennung der Formalqualifikationen ist es selbstverständlich auch für MigrantInnen und Flüchtlinge möglich, ihre Kompetenzen anerkennen zu lassen. Gemeint ist eine Validierung non-formal und informell erworbener Kompetenzen. Diese Form der Kompetenzanerkennung  erlebt in Österreich aktuell einen Fortschritt. Eine Konsultation zur nationalen Validierungsstrategie wurde vom österreichischen Bildungsministerium bis 30.9.2015 durchgeführt;  eine landesweite Validierungspraxis nimmt Gestalt an.

 

Ein frei verfügbares Portfolio für MigrantInnen und Flüchtlinge

Bereits jetzt gibt es Verfahren, die eine Kompetenzerfassung unterstützen. Allen voran ist hier das Sprachen- und Qualifikationsportfolio (SQuP) für MigrantInnen und Flüchtlinge zu nennen, das auf der Website des Vereins Projekt Integrationshaus Wien in neun Sprachen heruntergeladen werden kann.

 

Es handelt sich dabei um ein Instrument zur Erhebung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen durch die Mittel der Reflexion und Selbsteinschätzung. Ein Handbuch für BegleiterInnen steht ebenfalls zum Download bereit. Das SQuP bereitet auf eine beruflicheEntwicklung und Weiterentwicklung und auf den Einstieg am Arbeitsmarkt vor und gibt den BesitzerInnen eine gute Vorstellung davon, wo ihre Stärken liegen. Es kann auch zur Vorbereitung auf arbeits- oder bildungsbezogene Beratungen genutzt werden.

 

Kompetenzcheck des Arbeitsmarktservice für Asylberechtigte

Diese Formen der Anerkennung ändern nichts am Arbeitsmarktstatus. AsylwerberInnen haben zurzeit einen sehr eingeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt.  Erst Asylberechtigte können auch vom Arbeitsmarktservice (AMS) in der Arbeitssuche unterstützt werden. Sie sind in steigender Zahl beim AMS vorgemerkt.

 

Die Stadt Wien bietet seit Ende August einen "Kompetenzcheck zur beruflichen Integration von anerkannten Flüchtlingen" an. Dieser "Kompetenzcheck" wird im Auftrag des AMS in unterschiedlichen Erstsprachen durchgeführt. Er soll den rascheren Einstieg  in den österreichischen Arbeitsmarkt unterstützen. Aktuellen Meldungen des AMS zufolge wird das Angebot 2016 fortgesetzt. 

 

Wie eine Anerkennungskultur gelingen kann

Eine gelingende Anerkennungskultur kommt erst durch ein Zusammenspiel aller Beteiligten zustande: Stakeholder, Unternehmen, Arbeitsmarkt-Einrichtungen Bildungsanbieter, Anerkennungs- und Beratungsstellen und MigrantInnen leisten dabei unterschiedliche Beiträge. "Eine solche Anerkennungskultur  verhindert die Dequalifizierung von MigrantInnen, sichert interessante Fachkräfte und unterstützt ihre gesellschaftliche Teilhabe in Österreich", betont die  Anerkennungsexpertin Edith Zitz. Der Koordination dieses Zusammenspiels widmet sich der Grazer Verein inspire mit dem Projekt "Anerkannt!", das von Zitz geleitet wird.

Weitere Informationen:

 

Quelle:
EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa.

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