ESF 2007-2013 verbesserte den Bildungszugang Benachteiligter

08.10.2015, Text: Sabine Schnepfleitner, Redaktion/CONEDU
IHS-ForscherInnen gelangen zu einem überaus positiven Resümée für ESF-Maßnahmen vergangener Jahre. Sie empfehlen, Lifelong Guidance auszubauen und mehr in die Bildungsmaßnahmen zu integrieren.
Foto: (C) Anna Rauchenberger
ESF-Projekte in der Erwachsenenbildung
Foto: Anna Rauchenberger, CONEDU
Die Ergebnisse der Maßnahmen des Programms "ESF-Beschäftigung im Bereich Erwachsenenbildung" für die Förderperiode 2007-2013 in Österreich sind laut nun vorliegenden Berichten sowohl quantitativ als auch  qualitativ als sehr positiv zu verbuchen. Analysiert hat das Evaluationsteam des Instituts für höhere Studien (IHS) den Bereich der Bildungsberatung und das TeilnehmerInnenmonitoring für Qualifizierungsmaßnahmen für Erwachsene. 

 

Fast 300.000 Beratungskontakte und über 20.000 qualifizierte Personen belegen, dass es sich um ein Förderprogramm mit weitreichenden Wirkungen handelte. Für die neue Förderperiode empfehlen die AutorInnen, die Bildungsberatung noch stärker auf bildungsbenachteiligte Personen auszurichten, sodass diese besser erreicht werden. Zudem schlagen sie - angesichts der ermittelten Bedarfe für die Zukunft - einen Ausbau der Vorbereitungskurse für den Pflichtschulabschluss und der Basisbildungsangebote vor. 

 

Bildung als Möglichkeit des Mittuns

 

Die AutorInnen heben im Synthesebericht vor allem die Umsetzung von Lifelong Guidance als Förderung der Hilfe zur Selbsthilfe hervor. Sie habe wesentlich zu einer verbesserten Situation von TeilnehmerInnen mit Multiproblemlagen beigetragen, den Abbau von Barrieren und die Integration von bildungsbenachteiligten Personen in das Bildungssystem und den Prozess des lebenslangen Lernens unterstützt. 

 

Mit den Maßnahmen ist es in vielen Fällen gelungen, ausgleichend auf gesellschaftliche Benachteiligungen zu wirken. An den Qualifizierungsmaßnahmen haben überdurchschnittlich häufig Personen mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Elternhäusern teilgenommen und davon profitiert. "Für besonders von Exklusion bedrohte Personengruppen wie AsylwerberInnen, subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge stellen die Qualifizierungsangebote im Rahmen des ESF eine der wenigen Möglichkeiten zur Teilhabe an Bildung dar", beschreibt Gabriele Pessl, Mitautorin des Endberichts und IHS-Forscherin, eine Facette von Integration durch das ESF-Programm. "Allerdings sind in diesem Zusammenhang gesetzliche Barrieren wie Beschäftigungsverbote und lange Asylverfahren zum einen sehr belastend, zum anderen erschweren sie die Integration." Im Bericht wird hierzu die kritische Einschätzung einer Zielgruppenexpertin anonym wiedergegeben: "Wenn die Gesellschaft so massiv diskriminieren will, ja, dann hilft aber Bildung nur sehr bedingt".

 

Mehr als 20.000 KursteilnehmerInnen

 

Insgesamt haben 20.658 Personen an Qualifizierungsmaßnahmen während der Programmlaufzeit von sechs Jahren teilgenommen. 60% davon waren Frauen und 40% Männer. Im Laufe der Periode wurden einige dieser Maßnahmen nur mehr national finanziert, wodurch die Zahl der TeilnehmerInnen an den ESF-geförderten Angeboten abgenommen hatte. 

 

Ausgegliedert wurden Basisbildungskurse und Kurse zum Nachholen des Hauptschulabschlusses - sie wurden 2012 in die Initiative Erwachsenenbildung übergeführt - sowie die Kurse zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung. Die meisten TeilnehmerInnen der letzten zwei Jahren der ESF-Periode 2007-2013 zählten dadurch in der Statistik zu den "sonstigen" Bildungsmaßnahmen. Gemeint sind damit integrierte Ansätze von Bildungsberatung und -begleitung, offene Lernformen, Weiterentwicklung von Kursen im Bereich der Grundbildung oder auch Modellprojekte zur Öffnung der Berufsreifeprüfung für sozial- und bildungsbenachteiligte Erwachsene. Einen geringen Anteil der Kursmaßnahmen von 7% nahm zudem noch die Fortbildung von Lehrenden ein.

 

"Die im Rahmen der Kursteilnahme erzielten Wirkungen sind beachtlich: Zum einen sind Wirkungen breit gefächert und reichen vom Erreichen der Qualifizierungsziele und Abschlüsse bis zu psychosozialen Wirkungen auf der Ebene des Selbstbewusstseins und der Ausweitung von Handlungsspielräumen. Zum anderen gelingt einem hohen Anteil der AbsolventInnen im Anschluss die Integration in (weiterführende) Ausbildung und in Beschäftigung" fasst Gabriele Pessl den Erfolg zusammen.

 

Niederschwellige Bildungsberatung

 

Im Vordergrund der Bildungsberatung im Rahmen der vergangenen ESF-Periode stand das Ziel, eine niederschwellige Bildungsinformation und Bildungsberatungsservices auf- und auszubauen und das in allen Bundesländern. Mehr als 295.000 Beratungen wurden durchgeführt. Umgesetzt wurde dieses Ziel durch Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf sowie mit Angeboten im Sinne von Lifelong Guidance. 

 

Betrachtet man die soziodemographische Struktur zusammenfassend, dann ist der/dem BeraterIn dabei typischerweise eine Frau zwischen 25 und 44 Jahren als zu Beratende gegenüber gestanden. Bundesweit ließen sich nämlich zu 65% Frauen beraten und mit 44% waren die meisten Beratenen zwischen 25 und 44 Jahre alt. 

 

In der bereits angelaufenen Förderperiode sollen die Netzwerke der Bildungsberatung in den Bundesländern noch mehr und vor allem zielgerichteter bildungsbenachteiligte Personen erreichen.

 

Lebenslanges Lernen - Lebensbegleitende Beratung

 

Lebensbegleitende Beratung (Englisch: Lifelong Guidance - LLG) - war und ist nicht nur in der Bildungsberatung ein wichtiges Thema, sondern war auch für den Erfolg der Kursmaßnahmen bedeutend. Angeboten wurden sozialpädagogische Unterstützung, begleitende Bildungs- und Berufsberatung sowie Outplacement-Maßnahmen. Damit ist die Begleitung bei einem Übergang in Bildung und/oder Beruf gemeint. 

 

Nach den Auswertungen des IHS ist LLG vor allem für bildungsbenachteiligte Erwachsene eine Hilfe, die wegen einer Häufung von Problemen in vielfältiger Weise benachteiligt sind. Benannt werden damit Migrationshintergrund, geringe Deutschkenntnisse, Behinderung, es betrifft aber auch regional benachteiligte und einkommensschwache Personen, Personen mit maximal Pflichtschulabschluss, ArbeitnehmerInnen ab 50 Jahren, weiters Personen die eine Schul- oder Lehrausbildung abgebrochen haben oder vor dem Abbruch stehen, sowie Personen mit Betreuungspflichten. 

 

Für die aktuelle Förderperiode empfehlen die AutorInnen des IHS daher, Lifelong Guidance im Rahmen der LLL-Prinzipien noch stärker mitzudenken. Als geeignete Maßnahme nennen sie bspw. die Einbindung der anbieterunabhängigen Bildungsberatungsnetzwerke in die Umsetzung von Bildungsmaßnahmen, wie etwas durch Übernahme von Nachbetreuungsaufgaben.

 

Evaluierung als Begleitung der Maßnahmen

 

Im Auftrag des BMBF hat das Institut für Höhere Studien die Umsetzung der ESF-Maßnahmen begleitet und zusammenfassend in einem Synthesebericht dokumentiert. Durch die Evaluierung wurden Weiterentwicklungen im Programm und bei der Gestaltung der Projekte ermöglicht. Die empirische Grundlage für Synthese- und Endbericht bilden über 100 Interviews, 2.000 ausgefüllte Fragebögen, Sekundär- sowie Monitoringdaten.

Weitere Informationen:

Quelle:

 

 

EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa (red. erg. u. bearb.)

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