Willkommenskultur in der Bibliothek
Bibliotheken für Flüchtlinge
Was haben Bibliotheken damit zu tun? Was hilft ein Roman, wenn es um die Existenz geht? Natürlich: Bibliotheken sind nicht die ersten Stationen für Menschen auf der Flucht. Für sie geht es zuallererst ums Überleben. Dann um die Basisbedürfnisse. Doch wenn diese einmal gedeckt sind, wenn das Warten eintritt, auf eine Nachricht, einen Bescheid, dann braucht der Mensch mehr als Jeans, Flipflops und Zahnbürste. Wenn Wege zu erledigen sind, Kontakte geknüpft werden wollen, sind Kenntnisse der Landessprache erforderlich. Wenn der Geist beschäftigt werden will, wenn eine Auszeit in einer anderen Welt nötig ist, braucht es das, was wir unter Kultur zusammenfassen. Dann braucht es auch Bibliotheken.
Und Bibliotheken helfen: Sie sammeln Spenden. Sie öffnen ihre Türen, um Flüchtlingen einen Ort zu geben, wo sie sich aufhalten und austauschen können, wo sie Computer und Internet nutzen können, wo sie Medien finden. Sie laden zu Führungen und Konversationsrunden. Manche bieten Deutschkurse an oder stellen Unterrichtsräume zur Verfügung. Wenn die Flüchtlinge nicht zu ihnen finden, bringen sie Medien in ihre Unterkünfte. Sie zeigen ein freundliches Gesicht und sträuben sich gegen Vorurteile. Die Arbeit ist erst am Anfang. Und einfach ist sie nicht: Kontakt aufzunehmen, Kooperationen aufzubauen, sinnvolle Hilfe anzubieten, das erfordert Hartnäckigkeit, Geduld und Sensibilität.
Nicht alle Flüchtlinge, die aktuell ankommen, werden bleiben. Viele werden einen unbestimmten Zeitraum in Österreich sein und dann wird ihre Reise weitergehen, man kann ihnen nur wünschen, mit gutem Ausgang. Andere werden hier ein neues Leben zu beginnen versuchen. Doch unabhängig von der Dauer des Aufenthalts ist es sinnvoll, notwendig und eigentlich selbstverständlich, sich dafür einzusetzen, dass sie in die Gesellschaft aufgenommen werden. Nur wenn ihnen die Sprache, die Werte, die Kultur des Landes vermittelt werden, haben sie die Chance, sich in einer fremden Umgebung einzufinden. Und nur wenn die hier ansässigen Menschen bereit sind, die Neuangekommenen kennenzulernen, sich mit ihrem Hintergrund auseinanderzusetzen, kann eine Kommunikation beginnen. Zum Beispiel mit einem „Willkommen“.
Grenzenlos lesen
Die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift „Büchereiperspektiven“ stellt in Interviews, Praxisbeispielen und Erfahrungsberichten Bibliotheksangebote für Flüchtlinge vor. Der Büchereiverband Österreichs unterstützt BibliothekarInnen bei ihrer Arbeit mit dem Projekt „Grenzenlos lesen“. So wurde ein Willkommensplakat produziert, das in die Bibliothek einlädt. Pakete mit universal verständlichen „Büchern ohne Worte“ wurden zusammengestellt und können von ausgewählten Bibliotheken an Flüchtlingsunterkünfte weitergegeben werden. Didaktische Materialien und Fortbildungsangebote helfen bei der Vermittlung der Thematik.
Einen Beitrag zur Willkommenskultur: Das können Bibliotheken leisten, die oft das Herzstück ihrer Gemeinde sind. Das müssen Öffentliche Bibliotheken leisten, die ihrem Leitbild nach die Aufgabe haben, Zugang zu Information, Bildung, Kultur für alle zu gewährleisten. Und darin können sie nicht zuletzt eine weitere Chance sehen, ihre gesellschaftspolitische Funktion zu legitimieren.
Büchereiperspektiven 3/2015
Willkommenskultur. Bibliotheksangebote für Flüchtlinge
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