Serie: Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung

31.03.2015, Text: Wilfried Hackl (seit 2016: Wilfried Frei), Redaktion/CONEDU
AutorInnen aus ganz Österreich berichten ab sofort über die vielfältigen Dimensionen künstlerischer und kultureller Erwachsenenbildung. (Serie: Kunst und Kultur)
Kalliope (Virgil Solis 15629), bereitgestellt von Wikimedia Commons
Kalliope, eine der 9 olympischen Musen (Virgil Solis 1562)
Foto: Wikimedia Commons, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Musa9-calli
Im Lichte einer Standardisierung und Ökonomisierung der Erwachsenenbildung halten Kunst und Kultur den Blick offen für kulturelle Errungenschaften und demokratische Anliegen: für kreatives Schaffen, für eine Vorstellungskraft, die Einengungen überwindet, für die Fragen nach Identität, Persönlichkeitsentwicklung, kultureller Verständigung, politischer Teilhabe und vielem mehr.

 

Daher haben die Korrespondentinnen und Korrespondenten der österreichischen Erwachsenenbildung gemeinsam entschieden, 2015 das kreative und kulturschaffende Potenzial ihrer Einrichtungen auf erwachsenenbildung.at sichtbar zu machen. In einer Vielzahl von Beiträgen werden sie bis zum Ende des Jahres aufzeigen, wie vielfältig die Angebote, Ansätze und Wirkungen künstlerischer und kultureller Bildung für Erwachsene sind.

Ästhetik und Kreativität überschreiten Grenzen

Mit Beschluss des neuen Pflichtschulabschluss-Prüfungsgesetzes (2012) wurde "Kreativität und Gestaltung" ein Wahlprüfungsfach im Rahmen des erwachsenengerechten Pflichtschulabschlusses und fand Aufnahme in die Curricula jener Institutionen, die unter dem Dach und mit Förderung der Initiative Erwachsenenbildung (IEB) auf ebendiese Prüfung vorbereiten.

Kreativität braucht aber nicht immer ein Fach. Tatsächlich sind Lernen und Bildung ohne eine ästhetische Dimension kaum zu denken. Die kreative Aufbereitung von Lerninhalten, eine geschärfte Wahrnehmung und das aktive Erleben und Empfinden fördern die Aneignung der Welt und deren Mitgestaltung außerordentlich. Vom kreativen Input profitiert die Persönlichkeitsentwicklung gleichermaßen wie auch die kritische Auseinandersetzung mit den Umständen der Zeit. "Kunst und Literatur setzen dort ein, wo Bildung und Wissen keine festschreibbaren Sicherheiten mehr bieten [...] Das Kreative entzieht sich der einfachen pädagogischen Absicht und erlaubt so die Überschreitung objektiver Grenzen" formulierten die HerausgeberInnen Andrea Bramberger und Christian Kloyber in einer Ausgabe des Magazins erwachsenenbildung.at 2012.

Von der Rezeption bis zum (Er-)Schaffen

Kunst zeigt sich in der Erwachsenenbildung nicht nur in der Wahl ansprechender Lernmedien oder in der Auseinandersetzung mit Kunstwerken und Kulturgütern. Das Bedürfnis sich selbst gestalterisch auszudrücken und kreativ schaffend zu betätigen, veranlasst Jahr für Jahr hundertausende Menschen in Österreich zur Weiterbildungsteilnahme. Rund 8 Prozent des Kursangebots und ebensoviele Teilnahmen (in absoluten Zahlen rund 265.000, nach eigener Berechnung) entfielen bei den zur KEBÖ gehörigen Erwachsenenbildungsverbänden im Arbeitsjahr 2013 auf den Fachbereich "Kunst, Kreativität". Unter den 10 Fachbereichen in der Statistik bedeutet dies den 5. Rang, hinter Wirtschaft, Sprachen, Gesundheit/Sport und Gesellschaft/Politik/Wissenschaft.

Bildung als Instrument, Praxis und Spiegel von Kultur

Wer gern ins Theater geht, Museen besucht, selbst singt oder fotografiert, nimmt wahrscheinlich auch an Erwachsenenbildung teil. Nach einer Analyse des ÖIEB (Erler/Fischer 2012, über die Daten der Adult Education Survey 2007) wirken die Teilnahme an kultureller Praxis und das Teilnahmeverhalten an Angeboten der Erwachsenenbildung zusammen.

Doch was wir mit "Kultur" meinen, geht weit über Kulturkonsum oder Kulturpflege hinaus. Der Begriff ist ebenso schillernd wie reichhaltig - nicht nur im alltäglichen Gebrauch, erst recht in der Erwachsenenbildung. Tradition und Heimatbegriff, Identität und Verwurzelung spielen hier ebenso sehr eine Rolle wie die Auseinandersetzung mit dem Fremden, wie Beschreibungen gesellschaftlicher Subsysteme oder auch die Kritik an Herrschaftssystemen.

Wenn Elternkurse für Facebook angepriesen werden, drückt sich darin der Zeitgeist aus und wird durch Bildungsangebote zum Lernanlaß für Lernwillige. Umgekehrt erzeugt Cyber-Mobbing via Facebook unter derselben Zielgruppe eine Sorge und Nachfrage, die wiederum den Lernanlaß zum Bildungsangebot werden lässt. So oder so, das Verhältnis von Bildung und Kultur ist nahegelegt. Bildung wirkt als Kulturträgerin, als Kulturmittlerin, als Kulturkritikerin und als gestaltendes Element von Kultur. Widerstand oder Anpassung (oder beides) sind unter anderem Fragen, die kulturelle Erwachsenenbildung stellt.


Erhard Schlutz fasst es im Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (2009) so zusammen: Erwachsenenbildung (Weiterbildung) sei Instrument, Praxisform und Spiegel der Kultur. Im Zentrum dieses Lernbereichs stehe die Vermittlung von Wahrnehmungs- und Gestaltungskompetenzen mit dem Ziel, "die Teilhabe an vielfältigen kulturellen Praxen ermöglichen, ohne eine 'Zielkultur' normativ festzulegen."

Themen der Beiträge

Die Serie von Beiträgen aus den verschiedensten Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Österreich wird ab sofort bis Ende des Jahres laufend fortgeführt. Sie folgt keinem strengen inhaltlichen Konzept, vielmehr bildet sie so etwas wie ein großes gemeinsames Gefäß, in das die AutorInnen aus verschiedenen Einrichtungen sich einbringen können. Geplant sind unter anderem Beiträge zu folgenden Themenbereichen:

 

  • Grundsatzbeiträge über Kunst, Kultur und Erwachsenenbildung sowie deren Verhältnis zueinander
  • Berichte über Veranstaltungen, Projekte und konkrete Bildungsarbeit, die Kunst & Kultur zum Thema haben
  • Pädagogische und Didaktische Konzepte im Kontext Ästhetischer Bildung, Kulturvermittlung etc.
  • Kunst als Gegenstand und als Mittel von Bildung
  • Ausbildungen und Tätigkeitsprofile von ErwachsenenbildnerInnen im Feld von Ästhetischer Bildung, Kunstpädagogik und Kulturarbeit
  • Buchrezensionen

 

Serie "Kunst und Kultur in der Erwachsenenbildung"
In einer Serie von Berichten, Interviews, Essays und programmatischen Beiträgen berichten Korrespondentinnen und Korrespondenten aus Verbänden, Netzwerken und Einrichtungen 2015 über die künstlerischen und kulturellen Aspekte von Erwachsenenbildung. In dieser Gemeinschaftsinitiative soll sichtbar werden, wie wichtig kreative Zugänge zur Welt und deren Aneignung sind. Bildung fungiert hier ebenso sehr als Kulturträger wie auch Innovator. Sie eröffnet Freiräume im Denken und Handeln, schafft Verständigung zwischen den Menschen und Kulturen und hilft uns Identität im Wandel zu begreifen und immer neu zu entwickeln.

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