Deutsch als Zweitsprache kritisch erforscht
Erste Projektphase – DaZ im Rahmen kritischer Bildungsarbeit
Das Projekt begann im Oktober 2010 unter dem Titel „DaZ im Rahmen kritischer Bildungsarbeit“ und gliederte sich in zwei Teilprojekte. ExpertInnen evaluierten die Ansprüche und Widersprüche von DaZ in der Erwachsenenbildung anhand soziolinguistischer, sprach- und erziehungswissenschaftlicher Recherchen. Parallel widmete sich eine zweite ForscherInnengruppe der Frage, wie sprachliche Ermächtigung in DaZ-Kursen erreicht werden kann. Dies geschah mittels einer Evaluation von Unterricht mit DaZ-Materialien, die im Rahmen des Projektes erstellt wurden. Die Ergebnisse der ersten Forschungsphase wurden im November 2012 in einem Abschlussworkshop mit den Beteiligten des Forschungsprozesses und interessierten DaZ-Lehrenden diskutiert.
Zweite Projektphase – Reflexive und gesellschaftskritische Zugänge
Die zweite Projektphase – ab Mai 2012 – hatte zum Ziel, das Curriculum für DaZ-Maßnahmen in der Erwachsenenbildung in Österreich weiterzuentwickeln. Dafür analysierten die ExpertInnen die vorliegenden didaktischen Materialien für den DaZ-Bereich, die Weiterbildungscurricula für Lehrende sowie bestehende DaZ-Curricula für die Erwachsenenbildung und deren Entwicklung. Die kritische Auseinandersetzung mit rassistischen Inhalten sowie der reflexive Umgang mit den Materialien stand dabei im Vordergrund.
Abschlusssymposium: Curriculum präsentiert
Am 18. Dezember 2014 fand das Abschlusssymposium des Projekts statt, in dem zugleich das neue Curriculum präsentiert wurde. Die Professorinnen Nora Sternfeld (Aalto University Helsinki) und Karen Schramm (Universität Wien) nahmen in zwei Vorträgen Stellung zum DaZ-Curriculum, das im Projekt entwickelt wurde. Beide Expertinnen betonten den speziellen Charakter des Curriculums, das als Gegenmodell üblicher, outputorientierter Curricula fungiert. So werden Kompetenzbeschreibungen und Handlungsfelder nicht von vornherein festgelegt, sondern im Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden entwickelt. Angaben zu Zielgruppen und Sprachbeherrschungsniveaus sind bewusst nicht im Curriculum enthalten, und es distanziert sich von der Praxis, Sanktionen und Zwang als Instrumente anzuwenden. Stattdessen wird gemeinsam reflektiert und Wissen produziert.
Beispiel: Reflexion von Alltagsproblemen
Wie die gemeinsame Reflexion geschieht, hängt von den Problemen, die die TeilnehmerInnen beschäftigen, ab. Haben diese beispielsweise keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und befinden sich daher in finanziellen Schwierigkeiten, kann im DaZ-Unterricht über mögliche Lösungen wie z.B. Dienstleistungsbörsen und gegenseitige Hilfestellungen reflektiert werden. Berichten die TeilnehmerInnen von Alltagsrassismus und diskriminierenden Äußerungen ihnen gegenüber (beispielsweise berichtet eine Kursteilnehmerin, sie sei mit „Was wollen du“ angesprochen worden), können DaZ-Lehrende dies als Anlass nehmen, die Äußerung zu thematisieren und mögliche Reaktionsmuster zu erarbeiten und zu üben. Ziel ist es, die Lernenden im Spracherwerbsprozess zu ermächtigen und ihre Handlungsfähigkeit im Alltag zu stärken.
Projektgestaltung
Die Forschungsidee wurde von maiz initiiert und innerhalb einer Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck und dem Fachbereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache des Instituts für Germanistik der Universität Wien umgesetzt. Das Gesamtprojekt lief von 2010 bis 2014, die Ergebnisse wurden in einem Abschlusssymposium veröffentlicht. Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Frauen (BMBF), Abteilung Erwachsenenbildung.
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