Macht lebenslanges Lernen wohl gesund?

26.02.2015, Text: Redaktion/CONEDU
Wenn Gesundheit zur Norm erhoben wird, stoßen wir an die eigenen Grenzen - und die der Verhältnisse, in denen wir leben.
Gesundheit: eine Frage des Verhaltens oder der Verhältnisse?
Foto: (C) Schnepfleitner/CONEDU
Der gesunde Mensch postet gelaufene Kilometer in den Sozialen Medien. Er macht Wellness-Urlaub und hält die Work-Life-Balance. Er isst gesund und ergänzt Vitalstoffe in Tablettenform. Fällt er vor Überlastung vom Fitnessgerät, hat er vermutlich zu wenig für seine Gesundheit getan - könnte man polemisch sagen. Gesundheitsapostel, Fitnesstrainer und Versicherungen suggerieren uns, dass man sich Wohlbefinden erarbeiten und Erkrankungen eigenverantwortlich vermeiden muss. Dabei sind ebenso sehr die Verhältnisse, und nicht nur das Verhalten ausschlaggebend für Gesundheit. Arbeitsbedingungen, Lebensstandard, Bildung u.v.m. geben den Ausschlag. Was getan werden muss, damit Bildung der Gesundheitsnormierung nicht noch mehr Vorschub leistet, ist Thema der Ausgabe "Gesundheit und Bildung" des Magazin erwachsenenbildung.at. Es steht ab sofort kostenlos zum Download bereit.


Gesundheit ist zu einer Pflicht geworden. Die Körperideale und Wohlfühlklischees werden uns im Werbealltag präsentiert, die Anleitungen für das "richtige" und gesunde Leben "kostengünstig" mitgeliefert. Im Zentrum steht der Mensch, der sich ständig selbst warten und optimieren muss, um als Humanressource leistungsfähig zu bleiben. Alles andere wäre unverantwortlich, vermittelt man uns. Vergessen werden die Faktoren, die von außen auf unsere gesunde Lebensweise einwirken. Wesentlichen Einfluss nimmt die Bildung. So zeigt sich, je höher der Bildungsstand desto besser das Gesundheitsverhalten.

Will gesund sein gelernt sein?
Das Gesundheitsverhalten ist, laut der Bildungsforscherin Julia Müllegger, vor allem durch Erbgut, Umwelteinflüsse und den Lebensstil geprägt. Ersteres ist unveränderlich, aber auch Umwelteinflüsse und Lebensstil sind weniger individuell als vielmehr sozial geprägt. Aus Mülleggers Forschungen geht hervor, dass ein niedriger Bildungsabschluss auch meist ein schlechteres Gesundheitsverhalten mit sich bringt. Bildung als positiver Einflussfaktor verspricht ein längeres Leben mit mehr gesunden Lebensjahren.

Gesund ist mehr als das Gegenteil von krank
Aber wie definieren wir Gesundheit? Das Begriffsverständnis hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Die bloße Abwesenheit von Krankheit beschreibt den gesunden Menschen nicht mehr. Gesundheit als "umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden" - so skizziert sie die WHO in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung. 1986 wurde diese Definition verabschiedet und ist bis heute aktuell. Die Definition erhielt nicht nur tosenden Applaus, sondern geriet zugleich ins Kreuzfeuer der Kritik. Der Applaus galt dem erstmaligen Betonen der sozialen Faktoren. Das Kopfschütteln löste die Darstellung eines "Super-Wohlbefindens" aus, das es laut kritischen Stimmen so nicht geben werde. Krankheit und Negativformulierungen würden ausgeklammert.

Vom Körperkult zur Körperlichkeit
Was passiert, wenn der eigene Körper aus dem vorgezeichneten Normbild fällt? Die Auseinandersetzung mit dem Körper und Gesundheit sowie mit darauf bezogenen Normvorstellungen sind zentrale Alltagsthemen für Menschen mit Behinderung, und nicht nur sie. Der Körper wird als Objekt behandelt, beschrieben als das Körper-Haben. Demgegenüber stellt Elisabeth Magdlener das Leib-Sein. Der Körper soll demnach wieder gespürt und gelebt werden. Anhand des Kontakttanzes beschreibt sie eine Möglichkeit für diesen Perspektivenwechsel. Und gibt somit den Impuls zur Reflexion der eigenen Körperlichkeit.

Ein Trauma und der Sinn des gesunden Lebens
Die Mehrdimensionalität von Gesundheitsförderung zeigt sich auch, wenn Sinngebung mit ins Spiel kommt. Seit vielen Jahren arbeitet die Bildungswissenschafterin Renate Schwammer mit traumatisierten Flüchtlingen. Ihre Erfahrung hat sie gelehrt, dass Bildung in schwierigen Zeiten Schutz geben kann. Schwammer beschreibt Erwachsenenbildung als Möglichkeit, die Resilienz zu stärken und somit Menschen, die eine existenzielle Krise erlebten oder sich in einer Phase des Übergangs befinden, Orientierung im Denken und Handeln zu geben.

 

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Im Juni 2015 erscheint die 25. Ausgabe des Magazin erwachsenenbildung.at, die sich der Zukunft der Erwachsenenbildung widmet.

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