Lerntheorien in Beziehung setzen

02.03.2015, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Hrsg. Peter Faulstich bringt in neuem Sammelband nicht-reduktionistische Lerntheorien miteinander ins Gespräch.
Foto: (C) Anna Rauchenberger
Theorieansätze zu "Lernen" im Diskurs
Foto: (C) Anna Rauchenberger
"Lernen" ist ein für die Bildungspraxis und -wissenschaft zentrales Phänomen. Zahlreiche Theorien versuchen Lernen auf verschiedenste Weise zu beschreiben und zu erklären. Peter Faulstich nimmt sich diesem komplexen Thema durch die Herausgabe eines 2014 im transcript-Verlag erschienenen Sammelbandes an. Er unternimmt darin Versuch, Lerntheorien miteinander ins Gespräch zu bringen und deren Konzepte zueinander in Beziehung zu setzen. Letztlich gelangt er zur Frage, ob es eine übergreifende Diskussion dieser Konzepte untereinander überhaupt noch geben kann.

Was Lernen alles sein kann
Im Vorwort unternimmt Peter Faulstich bereits eine konkrete Definition von Lernen: Lernen ist demzufolge ein Akt der Erkenntnis zwischen Erfahrung und Begreifen. Es gehe beim Lernen darum, durch Erfahrung interne, in sich drehende Kreisläufe des Denkens zu öffnen und das Neue zuzulassen. In den Routinen menschlicher Aktivitäten könnten so Lücken aufbrechen - Faulstich spricht vom Begreifen von Erfahrung -, woraus Widerstände hervordrängen. So könne Neues entstehen. Angestoßen werde Lernen durch Probleme, Irritationen, Diskrepanzen oder Krisen, welche die Reflexion dieser Erfahrungen provozieren und das Denken verändern.

Der Autor beschreibt Lernen in weiterer Folge als kognitiv-emotional-motorische Einheit. Impulse zum Lernen rufen immer auch Emotionen hervor. Lernanlässe ergeben sich so aus der Motivation, Probleme zu lösen, aus dem Wunsch, mehr zu wissen und zu können oder aus Bedürfnissen, die man befriedigen will.

Empirische Näherung
Im ersten Kapitle formuliert Faulstich Untersuchungsfragen, denen sich die AutorInnen des Sammelbandes in ihren Kapiteln in unterschiedlicher Weise empirisch zu nähern. Rosa Bracker und Susanne Umbach etwa machen dies mittels Bildern und Geschichten, die in Lernwerkstätten entstanden sind. Christine Zeuner interpretiert Interviews im Kontext sg. "transformativen Lernens". Michael Göhlich und Jörg Zirfas skizzieren eine "Szenografie" des Lernens am Beispiel der Biographie einer Frau, die mit 19 Monaten aufgrund einer Hirnentzündung taub-blind wurde. Arnd-Michael Nohl beschäftigt sich mit sg. "rekonstruktiver Lernforschung", während sich die AutorInnen von insgesamt vier Beiträgen mit Klaus Holzkamps "subjektwissenschaftliche Lerntheorie" auseinandersetzen. Es sind dies Joachim Ludwig, Tobias Künkler, Anke Grotlüschen und Jürgen Wittpoth.

Fazit: Übergreifende Diskussion von Lerntheorien wissenschaftlich fruchtbar
Eine gemeinsame Diskussion der verschiedenen Theorien ist möglich, aber noch lange nicht abgeschlossen, so das die Conclusio von Peter Faulstich. Die Debatte hält er für wissenschaftlich fruchtbar, sie müsse weitergeführt werden - sowohl hinsichtlich Gemeinsamkeiten als auch unterschiedlicher Positionen der verschiedenen Lerntheorien. Das Buch sei in diesem Zusammenhang als Zwischenergebnis zu sehen.

Faulstich, Peter (2014): Lerndebatten. Phänomenologische, pragmatistische und kritische Lerntheorien in der Diskussion. (= Theorie Bilden, Band 34). Bielefeld: transcript. 284 Seiten, EUR 29,99, ISBN: 978-3-8376-2789-3.
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