Die Alternative politische Bildung
Zweideutigkeit des Begriffs "Alternative politische Bildung"
Wilhelm Filla versteht "Alternative politische Bildung" im doppelten Sinne: Zum einen als Alternative zur überwiegend verwertungsorientierten und vorgeblich unpolitischen Erwachsenenbildung sowie zum anderen als alternativen Inhalt zum "gesellschaftlich affirmativen Mainstream" der aktuellen politischen Bildung. Der Autor meint hier einen anderen Zugang zur politischen Bildung sowie zur Erwachsenenbildung, den er als politisch, gesellschaftskritisch, auf Veränderungen hin orientiert versteht und somit als kontrovers betrachtet.
Adorno, Negt und "politische Erwachsenenbildung"
Die theoretische Basis der Publikation bildet die kritische Theorie mit den Vertretern Theodor W. Adorno und Oskar Negt, auf die Filla sich im Laufe der Publikation immer wieder bezieht. Außerdem verwendet der Autor bewusst den Begriff "politische Erwachsenenbildung", da dieser sich von anderen Bemühungen politischen Lernens abhebt. Denn der Begriff bezieht sich nicht nur vorrangig auf Politik und gesellschaftspolitische Themen - so wie es die politische Bildung tut - sondern greift gesellschaftlich relevante Themen auf, die keinen direkten politischen Bezug, dafür aber eine gesellschaftspolitische Dimension aufweisen (z.B. Vermittlung von Basisbildung, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen). "Politische Erwachsenenbildung" geht somit über den Begriff "Politische Bildung" hinaus bzw. schließt diese mit ein.
Vom Austromarxismus zur politischen Erwachsenenbildung via E-Learning
Das Themenspektrum des Bandes ist breit gefächert. Inhaltlich konzentriert Filla sich vor allem auf institutionalisierte politische Bildung. Er thematisiert unter anderem "politische Partizipation" als Bildungsziel sowie politische Bildung mit Hilfe neuer Medien wie E-Learning und Internet. Weiters widmet sich der Autor der aktuellen Kompetenzdiskussion, wobei er näher auf die acht Teilkompetenzen des "politischen Bereichs" der Gesellschaftskompetenz (z.B. Solidarisch handeln, Gesellschaftliche Systeme und Regelwerke verstehen etc.), deren Deskriptoren sowie auf die digitale Kompetenz eingeht. Hierbei bezieht er sich auf das 2009 veröffentlichte "Weißbuch Programmplanung" der Wiener Volkshochschulen.
Filla bringt auch Beispiele realisierter Modelle politischer Bildung ein und stellt hierzu Exempel aus der österreichischen Volkshochschularbeit vor (z.B. Ansätze historisch-politischer Bildung in der Volkshochschule Hietzing, die schon seit Längerem mit neuen Lernformen experimentiert, z.B. die Verwendung von Youtube). Darüber hinaus setzt er sich auch mit dem Thema Fußball und dem Lernort "Stadion", aber auch mit dem Lernort "Friedhof", um vor allem jüdische Geschichte zu veranschaulichen, auseinander und bringt hier neue Wege für die Bearbeitung dieser Themen ein. Der Autor widmet sich außerdem ausführlich der Tradition österreichischer Volksbildung und gibt historische Rückblicke auf den Austromarxismus.
Der Autor
Wilhelm Filla ist Soziologe, Erwachsenenbildner sowie Universitätsdozent. Er war bis 2012 Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) und Redakteur der Fachzeitschrift "Die Österreichische Volkshochschule - Magazin für Erwachsenenbildung". 1992 bis 2004 war Filla Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung.
Filla, Wilhelm (2013): Die Alternative politische Bildung. Kritische Beiträge zur Bildungswissenschaft, Bd. 7. Hannover: Offizin-Verlag. 181 Seiten, EUR 14,80, ISBN 9783930345977.
Hinweis: Dieser Beitrag beruht auf der Lektüre eines Rezensionsexemplars, das der Redaktion vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
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